MEDIZINFORSCHUNG

Pharmafirma arbeitet an Urintest zur Krebsfrüherkennung

Pharmafirma arbeitet an Urintest zur Krebsfrüherkennung

Pharmafirma arbeitet an Urintest zur Krebsfrüherkennung

René Erdbrügger,shz.de
Pinneberg
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Photonamic-Geschäftsführer Ulrich Kosciessa hat das Molekül der 5-Aminolävulinsäure (5- ALA) entwickelt – es kommt bei der Behandlung von Gehirntumoren zum Einsatz. Foto: René Erdbrügger

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Die Methode soll laut Angaben von Photonamic eine Genauigkeit von mehr als 90 Prozent erreichen.

Mag Corona derzeit das Gesundheitsystem ganz fest im Griff haben, Krebs ist nach Herz- Kreislauferkrankungen immerhin die zweithäufigste Todesursache in Deutschland. Zwar können Voruntersuchungen helfen, Tumore zu finden, doch unter anderem Hirn- oder Lungentumore werden häufig erst entdeckt, wenn es schon zu spät ist. Nun gibt es Neuigkeiten von der Pinneberger Pharmafirma Photonamic, die in der Parkstadt ansässig ist. 

Münchener Unternehmen Ferro Sens liefert Know-how 

„Wir arbeiten an einem Urintest zur Krebsfrüherkennung“, sagt Geschäftsführer Ulrich Kosciessa. Läuft alles gut und planmäßig, kann sich Kosciessa vorstellen, dass der Krebsfrüherkennungs-Urintest innerhalb der nächsten sieben Jahre zur Marktreife gebracht werden könnte. Dafür hat die SBI Holding Inc. mit Sitz in Japan, zu der auch Photonamic gehört, die Mehrheitsbeteiligung an dem Münchener Unternehmen Ferro Sens GmbH erworben. Denn ohne das Know-how der Ferro Sens GmbH ist die Entwicklung des Urin-Krebsvorsorgetests nicht möglich.

 

Mittels einer spektroskopischen Untersuchung an der Unterlippe wird gemessen, ob ein Eisenmangel vorliegt. Photonamic will die Methode für die Krebsfrüherkennung weiter entwickeln. Foto: Photonamic

„Diese Firma ist eine Ausgründung des Universitätsklinikums München“, sagt Kosciessa. Das Unternehmen wurde im Juli 2017 mit Hauptsitz in München gegründet, um ein sehr kostengünstiges, tragbares und zuverlässiges Instrument zur Messung des Eisenparameters Zink-Protoporphyrin zu entwickeln. Dabei wird auf eine nicht-invasive Messtechnik zurückgegriffen.

Es wird kein Blut abgenommen, sondern mittels einer spektroskopischen Untersuchung an der Unterlippe gemessen, ob ein Eisenmangel vorliegt.

Dr. Ulrich Kosciessa, Geschäftsführer des Unternehmens Photonamic in Pinneberg

 

Das heißt: „Es wird kein Blut abgenommen, sondern mittels einer spektroskopischen Untersuchung an der Unterlippe gemessen, ob ein Eisenmangel vorliegt“, erläutert Kosciessa. Es werde die Unterlippe genommen, weil dort die Haut nicht vollpigmentiert sei und somit der Test auch für People of Color geeignet sei. Ferro Sens hat dafür den sogenannten FID screen entwickelt –- eine Art Spektroskop.

Eisenmangel gehört auf der Welt zu den häufigsten Mangelerscheinungen. 500 Millionen Kinder leiden weltweit an Eisenmangel. Ein Eisenmangel im Kindesalter beeinträchtigt die kognitive Entwicklung und führt zu einem niedrigen IQ, auch das Immunsystem wird geschwächt. Darum ist es umso wichtiger, in Entwicklungsländern auf schnelle Art und Weise einen Eisenmangel festzustellen. 

Nach mehreren Jahren intensiver Forschung und Entwicklung haben klinische Studien mit knapp 1000 Teilnehmern die hohe Zuverlässigkeit und Genauigkeit der neu entwickelten Messtechnik von Ferro Sens gezeigt.

Dr. Ulrich Kosciessa, Geschäftsführer des Unternehmens Photonamic in Pinneberg

 

„Nach mehreren Jahren intensiver Forschung und Entwicklung haben klinische Studien mit knapp 1000 Teilnehmern die hohe Zuverlässigkeit und Genauigkeit der neu entwickelten Messtechnik von Ferro Sens gezeigt“, berichtet Kosciessa. 

Molekül der 5-Aminolävulinsäure (5-ALA) wieder im Einsatz 

Doch Kosciessa will zweigleisig fahren: Bei der Weiterentwicklung dieser spektroskopischen Untersuchung im Zuge des Krebsfrüherkennungs-Urintests kommt nun das Molekül der 5-Aminolävulinsäure (5- ALA) ins Spiel. Photonamic hat es vor mehreren Jahren entwickelt. Derzeit wird im Wesentlichen eine 5-Aminolävulinsäurehaltige Flüssigkeit bei Patienten, die einen Hirntumor haben, vor der Operation angewandt, sodass der Chirurg den Tumor in vollem Umfang sehen kann. 

Test zeigt erhöhte Konzentration an Protoporphyrin-Strukturen 

Kosciessa und sein Team wollen nun ein auf dem 5-ALA-Molekül basierendes Tumor-Screening entwickeln. „Die Kombination der Möglichkeiten von 5-ALA als Vorboten von Protoporphyrin in Verbindung mit dieser Technologie wird uns in die Lage versetzen, innovative Lösungen zum Vorteil von Patienten und Medizinern, insbesondere im Bereich der Onkologie, anzubieten“, sagt er. Bei einer Tumorerkrankung würde der Test eine erhöhte Konzentration an Protoporphyrin-Strukturen im Stoffwechsel des Patienten feststellen. 

Test soll Genauigkeit von mehr als 90 Prozent erreichen 

Tumormarker, die zumeist im Blut (mittels Blutbild) gemessen werden, haben bisweilen eine eingeschränkte Genauigkeit von maximal 75 bis 80 Prozent. Die Methode, die Photonamic entwickeln wird, hat den Anspruch eine Genauigkeit von mehr als 90 Prozent zu erreichen, betont Kosciessa.

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