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SPD-Politiker Stegner: Gott sei Dank ist Scholz kein John Wayne

SPD-Politiker Stegner: Gott sei Dank ist Scholz kein John Wayne

Ralf Stegner: Gott sei Dank ist Scholz kein John Wayne

DN
Apenrade/Kiel
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Ralf Stegner und Siegfried Matlok.
Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner mit Siegfried Matlok in Kiel. Foto: Privat

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Der langjährige SPD-Politiker Ralf Stegner sieht vorläufig kein Ende des schrecklichen russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine, aber er wünscht sich einen größeren diplomatischen Einsatz für den Frieden. In der Fernsehsendung „Dansk-tysk med Matlok” auf DK4 spricht der schleswig-holsteinische Bundestagsabgeordnete auch plattdeutsch über den „Deubel“ – über den Teufel.

Der SPD-Bundestagsabgeordnete Ralf Stegner hat in einem Fernseh-Interview auf DK4 vor dem Glauben gewarnt, man könne Putin militärisch an den Verhandlungstisch zwingen und Russland auf dem Schlachtfeld besiegen. Und er fügte erleichtert hinzu: „Gott sei Dank ist Bundeskanzler Scholz kein John Wayne”.

Der bekannte schleswig-holsteinische Politiker betonte, er habe die Zeitenwende mit dem Sondervermögen von 100 Milliarden Euro für die Bundeswehr als notwendig unterstützt, weil die Bundeswehr vernachlässigt worden war. Die CDU/CSU habe seit 16 Jahren den Verteidigungsminister gestellt, und die Bundeswehr sei nur auf Ausländereinsätze eingestellt gewesen, so Stegner, der im Bundestag Vorsitzender des Afghanistan-Ausschusses ist, der „einen der größten Fehlschläge” des Westens parlamentarisch untersuchen soll.

Nicht nur Merkels Schuld

„Die Landesverteidigung muss besser werden. Und wir haben auch den Fehler gemacht, uns zu abhängig zu machen vom russischen Gas.” In der Sendung „Dansk-tysk med Matlok” antwortete Stegner auf die Frage „War das nur Merkels Schuld?“: „Nein, das war eine gemeinsame Politik – für die es übrigens gute Gründe gab, denn das Erdgas war ja billig, die Industrie hat davon profitiert, und der Trump hat uns gedroht mit Sanktionen und dem umweltschädlichen Fracking-Gas.”

Nach seinen Worten hätte Deutschland auch „mehr mit unseren Nachbarn, mit Polen, reden sollen”, aber er unterstrich: „Was nicht falsch war, das war die Ostpolitik von Willy Brandt, Egon Bahr und Helmut Schmidt, denn die hat dazu beigetragen, dass es heute wieder Demokratie in Mitteleuropa gibt, dass die Mauer und der eiserne Vorhang gefallen sind. Daraus muss man Konsequenzen ziehen, mit anderen Worten Putins Angriffskrieg nicht hinnehmen, er darf nicht gewinnen. Grenzen dürfen nicht mit Gewalt verschoben werden, denn wo soll das hinführen? Die Prognosen aller Militärexperten sind in die Hose gegangen, der Krieg dauert noch immer und der nächste Kriegswinter folgt. Dem Putin sind die Leben seiner Soldaten auch egal, und deshalb muss ich feststellen: es muss mehr Anstrengungen geben auf dem diplomatischen Feld.”

„Kriegstüchtig” nicht meine Wortwahl

Stegner: „Ich bin für Waffenlieferungen an die Ukraine, eher mit Luftabwehr, damit sie Kinder, Schulen und Infrastruktur besser schützen können. Ein schrecklicher Krieg, aber ich bin nicht dafür, zu glauben, dass man militärisch Putin an den Verhandlungstisch zwingen kann. Es ist klüger, wie Olaf Scholz mit Chinesen und Afrikanern, mit den Brasilianern und Indern zu reden, mit Leuten, die vielleicht mehr Einfluss haben auf Russland als wir.”

Die Äußerung von Verteidigungsminister Pistorius, Deutschland müsse „kriegstüchtig” werden, lehnte Stegner ab: „Das ist nicht meine Wortwahl, und ich glaube nicht, dass wir das tun sollen nicht.” Bei Fragen von Krieg und Frieden lautet die Stegnersche Reihenfolge: erst denken, dann reden und dann handeln. „Von dem Spruch der kalten Krieger, wer den Frieden will, muss sich auf den Krieg vorbereiten, halte ich nichts. Das war nie meine Meinung, und in der Welt von nuklearer Abschreckung ist das auch Wahnsinn.”

Deutschland hat heute einen guten Ruf

Als einer der außenpolitischen Experten der SPD-Bundestagsfraktion sei er oft auf Reisen und habe dabei folgendes festgestellt: Es sei zwar „außenpolitisch schwieriger geworden, aber uns wird sehr viel zugetraut”. „Deutschland hat einen guten Ruf. Es wird von uns auch mehr erwartet, aber nicht, dass wir mit Ellenbogen eigene Interessen vertreten. Scholz ist ein kluger Kanzler, in diesen Fragen eher zurückhaltend, weil er stets die Gemeinsamkeiten mit den Verbündeten betont.”

Finnland und Schweden gehören zur Familie

Stegner begrüßte – wie er es auch ausdrücklich vom Rednerpult des Bundestags getan hatte – die Nato-Mitgliedschaft von Finnland und Schweden. Sie werden die Sicherheit auch in der Ostsee mit ihren Armeen stärken. Für ihn ist die Nato aber kein Offensiv-Akteur, sondern ein Verteidigungsbündnis, und Finnland und Schweden sind zwei zivile Völker, die zur Familie gehören. Europa müsse sich auch selbst behaupten – und nach Norden blicken, denn vieles wird im Norden gut gelöst. „Und wir brauchen ein Europa, das einiger ist als heute”, erklärte der frühere schleswig-holsteinische Minister.


Das Interview finden Sie auf DK4 unter
https://youtu.be/0USLlhqFKec

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