Sturmflut

Pflichtversicherung gegen Sturmflutschäden? Wie die Ampel auf Daniel Günther reagiert

Pflichtversicherung gegen Sturmflutschäden? Wie die Ampel auf Günther reagiert

Pflichtversicherung? Wie die Ampel auf Günther reagiert

Henning Baethge, SHZ
Flensburg/Kiel
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Will eine bundesweite Pflichtversicherung, die auch Sturmflutschäden abdeckt: Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther. Foto: Michael Staudt

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Schleswig-Holsteins Ministerpräsident fordert nach der Sturmflut an der Ostsee eine bundesweite Elementarschaden-Pflichtversicherung für Gebäude – und liefert der Ampel ein neues Streitthema. Was Habeck, Kubicki und Co. zu dem Vorstoß sagen.

Nach den immensen Gebäudeschäden durch die Jahrhundertsturmflut an der Ostsee hat Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Daniel Günther von der Bundesregierung die Einführung einer bundesweiten Pflichtversicherung für Elementarschäden gefordert – doch in der Berliner Ampelkoalition sind sich die Minister nicht einig. Nicht mal zwischen den schleswig-holsteinischen Bundestagsabgeordneten besteht Konsens. Während SPD und Grüne eine solche Versicherung befürworten, lehnt die FDP sie ab.

Die von Günther vorgeschlagene Versicherung würde alle Hauseigentümer verpflichten, sich gegen schwere Schäden durch Überschwemmungen, Erdrutsche oder Erdbeben abzusichern. Bisher sind in Deutschland nur gut die Hälfte der Gebäude in dieser Form abgesichert, in Schleswig-Holstein sogar nur gut ein Drittel – 38 Prozent.

Zudem will Günther, dass der Schutz einer solchen Pflichtversicherung auch bei Sturmfluten greift, was bisher fast nie der Fall ist. „Man weiß nicht, ob das, was jetzt ein Jahrhundertereignis ist, in den nächsten Jahren immer mal wieder passieren kann – und darauf müssen wir uns definitiv einstellen“, begründet Günther seinen Vorstoß.

Bisher nur „geringes Interesse des Bundes“

Auch hatten der Bundesrat im März und der Landtag im September dieselbe Forderung an die Ampelkoalition gerichtet. Daher haben die Länder inzwischen mit dem Bund und dessen zuständigem Justizminister Marco Buschmann eine Arbeitsgruppe gebildet – doch die hat erst ein einziges Mal getagt. Offenbar bremst FDP-Minister Buschmann: „Bisher konnten aufgrund des geringen Interesses des Bundes keine Ergebnisse erzielt werden“, heißt es aus Günthers Staatskanzlei.

Robert Habeck schließt sich Daniel Günther an

Etwas diplomatischer hört es sich bei Robert Habeck an. Der Bundeswirtschaftsminister ist auch direkt gewählter Abgeordneter des vom Hochwasser betroffenen Wahlkreises Flensburg-Schleswig und schließt sich daher Günthers Forderung an: „Wir müssen in ganz Deutschland mit einer Zunahme von Naturereignissen rechnen. Deshalb unterstütze ich eine Pflichtversicherung für Elementarschäden.“ Zuständig sei aber nun mal der Justizminister, lässt er seinen Sprecher erläutern.

Marco Buschmann lehnt die Forderung aus Kiel ab

Buschmann wiederum lässt eine Sprecherin ausrichten, dass die geforderte Versicherung „das Problem der Gefahr für Schäden an Gebäuden und die damit verbundenen finanziellen Belastungen für die Bürgerinnen und Bürger nicht löst“. Vielmehr wäre sie „für sehr viele Haushalte mit drastischen neuen Belastungen verbunden“. Buschmann plädiert statt dessen für „präventive Maßnahmen – unter anderem im Umwelt-, Wasserhaushalts- und Baurecht“. Die würden auch dafür sorgen, dass Gebäudeversicherungen bezahlbar blieben.

Ähnlich äußern sich die FDP-Abgeordneten Wolfgang Kubicki und Max Mordhorst aus Schleswig-Holstein. „Gut gemeint ist nicht immer gut durchdacht“, sagt FDP-Vizechef Kubicki. Eine Pflichtversicherung würde das Wohnen in Deutschland „zusätzlich verteuern“. Finanzpolitiker Mordhorst gibt zudem zu bedenken, es sei in Risikogebieten „sehr unwahrscheinlich, dass überhaupt eine Versicherung bezahlbare Policen anbieten würde“.

Sönke Rix kündigt „Positionspapier“ der SPD an

Anderer Meinung ist man in der SPD. Schleswig-Holsteins Landesgruppenchef Sönke Rix kündigt ein „Positionspapier“ seiner Fraktion für eine Elementarschadenpflichtversicherung an. Der Eckernförder räumt aber auch ein: „Wir wissen, dass sie nicht im Koalitionsvertrag steht.“

Der Lübecker SPD-Finanzpolitiker Tim Klüssendorf betont, dass eine Versicherung „sozial gerecht“ sein müsse: „Die Belastungen sind hoch genug – da kann keine teure Versicherungsprämie einfach obendrauf kommen.“ Eine bundesweite Einführung sei daher von Vorteil: „Dann wären die Versicherungsprämien niedriger, als wenn ein Bundesland es alleine macht.“

Konstantin von Notz will auch Anreize zur Prävention

Der Möllner Grünen-Fraktionsvize Konstantin von Notz unterstützt die Forderung aus Kiel zwar ebenfalls, gibt aber zu bedenken, dass die Ausgestaltung einer solchen Versicherung „nicht trivial“ sei: „Die Herausforderung besteht darin, dass sie flächendeckend, sozial gerecht und risikoorientiert gestaltet werden und gleichzeitig einen Anreiz zur Prävention schaffen muss.“

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