Gaza-Krieg

Bericht: UNRWA-Mitarbeiter an Entführung beteiligt

Bericht: UNRWA-Mitarbeiter an Entführung beteiligt

Bericht: UNRWA-Mitarbeiter an Entführung beteiligt

dpa
New York
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Vertriebene Palästinenser erhalten Nahrungsmittel vom UN-Hilfswerk für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA). Foto: Mohammed Talatene/dpa

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Ein Schulmitarbeiter als Geiselnehmer und ein Sozialarbeiter, der Munition verteilt. Die «New York Times» veröffentlicht Details zu den Anschuldigungen gegen Mitarbeiter des UN-Palästinenserhilfswerks.

Die «New York Times» hat bislang unbekannte Details zur mutmaßlichen Verwicklung von Mitarbeitern des UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge in den Terroranschlag auf Israel am 7. Oktober berichtet.

Ein UNRWA-Mitarbeiter sei an der Entführung einer Frau aus Israel beteiligt gewesen, ein anderer habe Munition ausgeteilt, ein dritter sei an einem Massaker in einem Kibbuz beteiligt gewesen, bei dem 97 Menschen starben, berichtete die Zeitung unter Verweis auf ein entsprechendes israelisches Dossier, das der US-Regierung vorliege.

Zwölf Beschuldigte

Insgesamt enthalte das Dossier Anschuldigungen gegen zwölf UNRWA-Mitarbeiter. Mehr als die Hälfte von ihnen seien am 7. Oktober als Lehrer oder in anderen Funktionen an Schulen des UN-Hilfswerks tätig gewesen. Von den zwölf Beschuldigten seien zehn Mitglieder der islamistischen Terrororganisation Hamas.

Den Mitarbeitern werde vorgeworfen, der Hamas bei den Angriffen am 7. Oktober geholfen oder sie in den Tagen danach unterstützt zu haben. Eine Bestätigung der Vorwürfe durch die US-Regierung gebe es derzeit nicht, schrieb die «New York Times». Washington stufe sie aber als glaubwürdig ein.

Die schweren Vorwürfe gegen zwölf von insgesamt mehreren Tausend UNRWA-Mitarbeiter hatten weltweit für Empörung gesorgt. Nachdem Israel dem Hilfswerk entsprechende Informationen zukommen ließ, stellten zahlreiche westliche Staaten ihre Zahlungen an das Hilfswerk vorübergehend ein, darunter die USA, Deutschland, Großbritannien und Frankreich.

Bundesregierung verlangt rasche Aufklärung

Die Bundesregierung hat vom UN-Hilfswerk UNRWA eine rasche Aufklärung über die Vorwürfe verlangt. Es sei jetzt an UNWRA, «sehr schnell und rasch die notwendigen Schritte zur Aufklärung zu unternehmen, um diese Situation zu bereinigen», sagte ein Sprecher des Auswärtigen Amts in Berlin. Er nannte es «erschreckend», dass sich einige UNWRA-Mitarbeiter an dem Massaker vom 7. Oktober beteiligt hätten.

Im vergangenen Haushaltsjahr flossen den Angaben des Sprechers zufolge insgesamt 206,5 Millionen Euro von Seiten der Bundesrepublik an UNWRA, davon 130,5 Millionen Euro vom Auswärtigen Amt. Von den Geldern seien 83 Millionen Euro in Gaza umgesetzt worden. Zugleich betonte er, die Bundesregierung werde die palästinensische Zivilbevölkerung nicht im Stich lassen, die humanitäre Hilfe für die Palästinenser gehe weiter.

Informationen des israelischen Geheimdienstes

Laut dem nun von der «New York Times» ausgewerteten Dossier basieren die Anschuldigungen auf Informationen des israelischen Geheimdienstes. Dieser habe unter anderem die Bewegungen von sechs UNRWA-Mitarbeitern am 7. Oktober innerhalb Israels anhand ihrer Telefone nachgezeichnet. Bei anderen wurden Telefongespräche überwacht, in denen sie ihre Beteiligung am Hamas-Angriff besprachen. Einer sei per Textnachricht aufgefordert worden, raketengetriebene Granaten mitzubringen, die in seinem Haus gelagert worden seien.

Bei dem Massaker am 7. Oktober ermordeten Terroristen der Hamas und anderer extremistischer Palästinensergruppen mehr als 1200 Menschen in Israel. Noch immer sollen im Gazastreifen mehr als 130 Geiseln in der Gewalt der Hamas ausharren, darunter auch Kinder und Frauen. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive. Dabei wurden nach Angaben der von der Hamas kontrollierten Gesundheitsbehörde mehr als 26.000 Menschen getötet.

Was ist UNRWA?

Die Vereinten Nationen hatten UNRWA 1949 gegründet, um palästinensischen Flüchtlingen zu helfen. Anspruch auf ihre Dienste haben die Palästinenser, die 1948 flüchteten oder vertrieben wurden, sowie ihre Nachkommen. Mittlerweile sind das nach Angaben der Organisation rund 5,9 Millionen Menschen.

UNRWA hat mehr als 30.000 Mitarbeiter, die meisten davon Palästinenser. Allein im Gazastreifen beschäftigt das Hilfswerk rund 13.000 Mitarbeiter. Es ist unter anderem auch in Jordanien und im Libanon tätig.

Die Organisation bietet palästinensischen Flüchtlingen grundlegende Dienstleistungen wie Bildung und Gesundheitsversorgung. Seit Beginn des Gaza-Kriegs stellte sie auch Unterkünfte für Hunderttausende Binnenflüchtlinge zur Verfügung und leistet humanitäre Hilfe.

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