Konflikt in Nahost

13-Jähriger verübt weiteren Angriff in Ost-Jerusalem

13-Jähriger verübt weiteren Angriff in Ost-Jerusalem

13-Jähriger verübt weiteren Angriff in Ost-Jerusalem

dpa
Jerusalem
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Palästinenser versammelten sich in den Straßen von Gaza-Stadt nach dem Bekanntwerden von Schüssen in der Nähe einer Synagoge im Osten Jerusalems. Foto: Mohammed Talatene/dpa

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Die Lage in Israel und den palästinensischen Gebieten ist seit Tagen extrem angespannt. Nun erlebte Israel einen der schwersten Anschläge seit Jahren - und bereitet sich auf weitere Eskalation vor.

Nach dem tödlichen Terroranschlag nahe einer Synagoge in Ost-Jerusalem hat ein 13-Jähriger laut Polizei einen weiteren Angriff in der Stadt verübt. Der Junge habe zwei Menschen im Stadtteil Silwan durch Schüsse verletzt, hieß es. Es bestehe Terror-Verdacht. Bewaffnete Passanten hätten auf den Jungen geschossen, so die Polizei. Medien berichteten, er sei Palästinenser.

Die beiden schwer verletzten Männer wurden zur Behandlung ins Krankenhaus gebracht, wie der Rettungsdienst Magen David Adom meldete. Der Polizei zufolge handelt es sich um Vater und Sohn. Auch der junge Angreifer wurde Medien zufolge medizinisch behandelt.

Nach einem Anschlag am Freitagabend auf Besucher einer Synagoge in Ost-Jerusalem mit sieben Toten hat Israel ein konsequentes Vorgehen angekündigt. Die Sicherheitskräfte würden «entschlossen und energisch gegen den Terror handeln und jeden Beteiligten an dem Anschlag erreichen», teilte der israelische Verteidigungsminister Joav Galant mit. Sicherheitskräfte in Jerusalem und im Westjordanland seien bereits verstärkt worden.

Dutzende Festnahmen nach Anschlag

Nach dem Terroranschlag hat die israelische Polizei mindestens 42 Verdächtige festgenommen. Dabei handelte es sich um Verwandte und Nachbarn des Attentäters, wie die Polizei am Samstag mitteilte. Ob den Festgenommenen zur Last gelegt wird, selbst an dem Anschlag oder dessen Vorbereitung beteiligt gewesen zu sein, blieb offen.

Ein Angreifer hatte am Abend des internationalen Holocaust-Gedenktags das Feuer auf Menschen eröffnet, die nach dem Schabbat-Gebet gerade eine Synagoge verließen. Sieben Menschen starben bei dem Vorfall in der israelischen Siedlung Neve Yaakov, drei weitere wurden verletzt. Ihr Zustand ist nach Krankenhausangaben stabil.

Polizei erschießt Attentäter

Der Attentäter wurde bei seiner versuchten Flucht erschossen, wie die Polizei mitteilte. Nach ersten Erkenntnissen handelte es sich um einen 21-Jährigen aus Ost-Jerusalem. Demnach habe er allein gehandelt. Die Ermittlungen dauerten jedoch an, hieß es in der Nacht.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu rief am Abend vor Ort die Bevölkerung dazu auf, das Gesetz nicht in die eigenen Hände zu nehmen. «Dafür haben wir eine Armee und eine Polizei, die vom Kabinett Anweisungen erhalten». Das Sicherheitskabinett sei demnach für Samstagabend einberufen worden. «Wir werden entschlossen und ruhig handeln.» Israels rechtsextremer Polizeiminister Itamar Ben-Gvir forderte derweil, Bürger «besser zu bewaffnen, um solche Anschläge zu vermeiden».

Jerusalem war in den vergangenen Jahrzehnten immer wieder Schauplatz schwerer Anschläge gewesen - insbesondere während des zweiten Palästinenseraufstandes Intifada zwischen 2000 und 2005. Im vergangenen November waren bei Bombenanschlägen an zwei Bushaltestellen ein Jugendlicher getötet und mindestens 18 weitere Menschen verletzt worden.

Bestürzung weltweit

International sorgte die Tat für Entsetzen. Das Auswärtige Amt hat besorgt über eine mögliche weitere Eskalation des Konflikts gezeigt. «Die Spirale der Gewalt, die in diesem Jahr bereits zu viele Opfer auf beiden Seiten gefordert hat, darf sich nicht weiterdrehen», sagte eine Sprecherin laut einer Mitteilung in Berlin. «Mehr denn je bedarf es der Zusammenarbeit und des Dialogs zwischen Israel und den palästinensischen Behörden, um dem Terror den Boden zu entziehen.» Das Auswärtige Amt verurteilte den Angriff nach den Worten der Sprecherin aufs Schärfste.

Die US-Regierung sei «schockiert und traurig» über den Verlust der Menschenleben, hieß es in einer Mitteilung des Weißen Hauses. «Unsere Gedanken sind nach der Terrorattacke in Jerusalem bei den Menschen in Israel», schrieb US-Außenminister Antony Blinken bei Twitter.

UN-Generalsekretär António Guterres verurteilte den Anschlag nach Angaben seines Sprechers scharf. Guterres sei «zutiefst besorgt über die derzeitige Eskalation der Gewalt in Israel und im besetzten Palästinensergebiet.»

Der Angriff auf Zivilisten zur Zeit des Gebets und am Tag des internationalen Gedenkens an die Opfer des Holocaust sei besonders verabscheuungswürdig, teilte das französische Außenministerium mit. Der britische Außenminister James Cleverly sagte Israel Beistand zu. «Am Holocaust-Gedenktag Gläubige vor einer Synagoge anzugreifen, und das während des Schabbat, ist furchtbar», schrieb er am Freitagabend bei Twitter. «Wir stehen unseren israelischen Freunden bei.»

Am 27. Januar 1945 hatten Soldaten der Roten Armee die Überlebenden des deutschen Konzentrations- und Vernichtungslagers Auschwitz im besetzten Polen befreit. Die Nazis hatten dort mehr als eine Million Menschen ermordet.

Hamas spricht von «Vergeltung»

Palästinenser im Gazastreifen und im Westjordanland reagierten mit Freudenfeiern auf den Terroranschlag. Augenzeugen berichteten, wie Militante gestern Abend in die Luft schossen und auf die Straßen strömten. Ein Sprecher der im Gazastreifen herrschenden radikalislamischen Hamas erklärte, bei dem Anschlag handele es sich um «eine Vergeltung für den Überfall der israelischen Armee auf das Flüchtlingslager Dschenin».

Am Tag zuvor war es an mehreren Orten im Westjordanland zu gewaltsamen Zusammenstößen gekommen. Auslöser war eine Razzia in Dschenin, bei der sich israelische Soldaten mit militanten Palästinensern ein Feuergefecht lieferten. Neun Menschen wurden dabei getötet, darunter mehrere Mitglieder der militanten Palästinenserorganisation Islamischer Dschihad.

Israel hatte 1967 das Westjordanland und Ost-Jerusalem erobert. Dort leben heute mehr als 600.000 israelische Siedler. Die Palästinenser beanspruchen die Gebiete für einen unabhängigen Staat Palästina mit dem arabisch geprägten Ostteil Jerusalems als Hauptstadt.

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