Bildung

Ein Jahr ChatGPT – Schulen suchen Ausweg aus Dilemma

Ein Jahr ChatGPT – Schulen suchen Ausweg aus Dilemma

Ein Jahr ChatGPT – Schulen suchen Ausweg aus Dilemma

Ritzau/hm
Kopenhagen
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ChatGPT feiert seinen ersten Geburtstag. Der Textroboter wirft in Bildungseinrichtungen aber auch Fragen auf. Foto: Marco Bertorello/AFP/Ritzau Scanpix

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Wovon vermutlich Millionen ehemaliger Schülerinnen und Schüler träumten, ist nun Wirklichkeit: Hausaufgaben in Sekundenschnelle erledigen. Abschreiben oder kopieren heißt aber nicht verstehen. Schulen suchen nach Auswegen.

Vor genau einem Jahr hat der von künstlicher Intelligenz (KI) angetriebene Textgenerator ChatGPT das Licht der Welt erblickt. Wer sich anmeldet, gibt eine Frage ein und erhält eine Antwort, die nicht immer ricjtig, aber oft vernünftig ist. Das hat dazu geführt, dass Schülerinnen und Schüler ihre Hausaufgaben jetzt innerhalb von Sekunden erledigen können, wovon Generationen von Heranwachsenden geträumt haben.

Für Lehrerinnen und Lehrer ist es jetzt nahezu unmöglich geworden zu durchschauen, wer die Antwort gegeben hat, die KI oder das Kind. Somit ist auch nicht klar, ob letzteres wirklich etwas gelernt hat oder nicht.

Das hat die True North Nachschule in Snaptun in der Nähe von Horsens dazu bewogen, seit dem laufenden Schuljahr im Großen und Ganzen auf schriftliche Aufgaben zu verzichten.

Deren Abteilungsleiter Michael Sørensen sagt: „Wie haben akzeptiert, dass dieses Werkzeug leicht zugänglich und ein Teil des Alltags geworden ist. Wir müssen sehen, wie wir mit ChatGPT arbeiten und nicht dagegen kämpfen.“

Mehr mündliches Abfragen

Seiner Aussage nach ist die Schule dazu übergegangen, Lösungen zu Aufgaben im Rahmen einer mündlichen Präsentation abzufragen. So zeige sich, ob die Schülerinnen und Schüler die Lösung im Kopf haben. Zudem mache es deutlich, dass die Schülerinnen und Schüler selbst zeigen müssen, was sie können, so Sørensen. Dem Lehrer zufolge kommt das auch bei den Kindern gut an.

Am 30. November 2022 machte die Firma OpenAI ChatGPT öffentlich, mittlerweile von 180 Millionen Menschen genutzt – auch von Schülerinnen und Schülern an dänischen Schulen. In Prüfungen ist die Nutzung untersagt.

Expertengruppe will Vorschläge unterbreiten

Tomas Kepler, Vorsitzender des Vereins der Lehrenden an Gymnasien, zeigt sich gegenüber der Nachrichtenagentur „Ritzau“ wenig begeistert vom Antwort-Roboter. „Wir machen uns große Sorgen darüber, was das Werkzeug für die Glaubwürdigkeit für schriftliche Aufgaben bedeutet – bei Hausaufgaben und in Prüfungen. Man sieht das wirkliche Können des Einzelnen, oder das von ChatGPT“.

Im Laufe des Dezembers werden Vorschläge einer Gruppe aus Expertinnen und Experten erwartet, die seit dem Frühjahr untersucht hat, inwieweit ChatGPT zum Schummeln in Prüfungen verwendet wird. Jens Mittag, Rektor am Deutschen Gymnasium für Nordschleswig, weiß um die Expertengruppe. Welche Empfehlungen es auch geben wird, er ist überzeugt: „ChatGPT können wir nicht verbannen. Das Schulsystem wird sich ändern müssen.“ Er weist auf die Vorteile des Textgenerators hin. Er erleichtert seinen Worten nach das Leben und spare Zeit, die für wichtigere Dinge genutzt werden könne. Er weiß aber auch: Blind kann man ChatGPT nicht vertrauen, jeder oder jede Einzelne müsse die Antworten kritisch hinterfragen. Die Schule muss seiner Ansicht nach jedoch zu einem neuen Leistungsbewertungssystem finden. Seinen Worten nach gibt es auch schon Ansätze, etwa mündliche und schriftliche Prüfungen zu verbinden.

Lehrer-Vereinsvorsitzener Tomas Kepler verlangt auch eine tiefgreifende Änderung der Examensprüfungen. „Im Grunde genommen ist das hier der Todesstoß für die vielen Wege, wie wir das Wissen der Schülerinnen und Schüler testen.“

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