Landwirtschaft

Dänemarks Nerzzucht nach Corona: 99 Prozent der Betriebe geben auf

Dänemarks Nerzzucht nach Corona: 99 Prozent der Betriebe geben auf

Dänemarks Nerzzucht nach Corona: 99 Prozent geben auf

cvt/Ritzau
Kopenhagen
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Der Vorsitzende des dänischen Nerzzüchterverbandes, Tage Pedersen, in einer seiner Stallungen. Millionen von Minks haben bis 2020 in Tausender solcher Hallen in ganz Dänemark auf engsten Raum gelebt (Archivfoto). Foto: Brian Karmark/Ritzau Scanpix

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Am Montag wird ein lange erwarteter Bericht vorgelegt: Darf die Minkzucht in Dänemark wieder aufgenommen werden – oder ist das Gesundheitsrisiko zu hoch? Dessen ungeachtet holen sich fast alle Betroffenen lieber die Entschädigung ab, als einen Neustart zu wagen.

Am Montag soll die dänische Behörde für Infektionskrankheiten und nicht übertragbare Krankheiten (SSI), ihren Bericht zum gesundheitlichen Risiko durch die Nerzzucht in Dänemark vorlegen.

Doch egal, wie dieser ausfällt: Die Branche ist anderthalb Jahre, nachdem die Massentötung der Tiere in Dänemark durch die Weltpresse gegangen war, so gut wie weggefegt.

1.246 geben auf – 13 erwägen, weiterzumachen

Tage Pedersen, Vorsitzender des Branchenverbandes Danske Minkavlere (Minks sind die in Dänemark gezüchtete Nerzart), hofft zwar weiterhin darauf, dass der Bericht zu dem Schluss kommt, dass die Nerzfarmen wieder zugelassen werden können.

Doch Zahlen der Nahrungsmittelbehörde zeigen, dass 1.246 Nerzfarmen, das entspricht 99 Prozent der Betriebe in Dänemark, Entschädigung für die Keulung ihrer Nerzbestände beantragt haben, weil sie ihren Betrieb schließen wollen.

Nur 13 Nerzfarmen sollen demnach bis 2023 pausieren – und dann möglicherweise den Betrieb wieder aufnehmen. Ob sie dies auch tun werden, ist alles andere als sicher.

In Dänemark wurden zwischen 15 und 17 Millionen Nerze im Zuge der Coronakrise getötet (Archivfoto). Foto: Mette Mørk/Jysk Fynske Medier/Ritzau Scanpix

Die Nerzkrise in Dänemark

  • 4. November 2020: Regierungschefin Mette Frederiksen (Soz.) teilt mit, dass sämtliche Zuchtnerze in Dänemark getötet werden. Der Grund: Die Volksgesundheit sei durch die Übertragung von Covid-19 durch die Tiere gefährdet.
     
  • Das Folketing beschließt einige Monate später, dass die Nerzzucht in Dänemark vorübergehend verboten wird.
     
  • Das Parlament beschließt zudem, dass Nerzfarmen und Folgegewerbe Entschädigung beantragen können, wenn sie sich dazu entschließen, den Betrieb endgültig zu schließen.
     
  • Das Verbot gilt vorläufig bis 2023, kann jedoch von einer Mehrheit im Parlament verlängert werden.
     
  • Wer sich entschließt, 2023 oder später den Betrieb wieder aufzunehmen, bekommt Ausgleichszahlungen für Fixkosten.
     
  • Wegen des Verbots der Haltung von Nerzen als Pelztiere in Deutschland gab es dort keine vergleichbaren Maßnahmen. Auch in den Niederlanden und in den USA und Spanien wurden, allerdings in weit geringerem Umfang, Nerze wegen der Corona-Pandemie getötet.
     
  • Die dänische Regierung ist wegen der Anordnung, sämtliche Zuchtnerze in Dänemark zu töten, kritisiert worden, da es dafür zum Zeitpunkt der Entscheidung keine rechtliche Grundlage gab. Nahrungsmittel- und Landwirtschaftsminister Mogens Jensen (Soz.) trat im Zuge der Nerzkrise zurück.

Hunderttausende Tonnen Futter aus dem Kreislauf verschwunden

In Dänemark ist es vorübergehend verboten, Nerze zu züchten. Das Verbot gilt, seit Millionen der Tiere ab dem Herbst 2020 aus Furcht vor neuen Coronavirus-Varianten getötet wurden.

Bis dahin galt Dänemark als „Weltmeister“ unter den Nerzzucht-Nationen, wie der Haustier-Wissenschaftler Henrik Steen Møller von der Uni Aarhus es bezeichnet. Die gesamte Infrastruktur sei nun zerschlagen. „Es gab zehn Futterzentralen, die 650.000 Tonnen Futter jährlich machten, und die sind alle geschlossen“, berichtet er.

Zudem sei es schwer, gesunde Zuchttiere zu finden. Am ehesten sei dies noch in Ländern möglich, in die Dänemark früher Tiere exportiert hat, wie Island zum Beispiel, sagt er.

Professor warnt vor Experimenten

Hans Jørn Kolmos, Mikrobiologe an der Süddänischen Universität, rät jedoch davon ab. Der Professor meint, dass die Coronavirus-Varianten, die noch im Umlauf sind, „vermutlich auch die Minks anstecken“ könnten. „Und solange das der Fall ist, ist es keine sonderlich gute Idee, den Bestand zu erhöhen“, sagt er.

Die Nerzzucht sei „in keiner Weise“ ein systemrelevanter Wirtschaftszweig in Dänemark, weshalb es nicht angebracht sei, jetzt damit zu experimentieren – ungeachtet der Tatsache, dass es Impfstoffe für die Tiere gibt. Schließlich könnten Tiere das Virus wahrscheinlich auch trotz Impfung verbreiten.

Minister: Branche hat eine Zukunft

Anfang April hatte Nahrungsmittel- und Landwirtschaftsminister Rasmus Prehn (Soz.) noch gesagt, dass die Nerzzucht in Dänemark eine Zukunft habe.

„Wenn es volksgesundheitlich wieder verantwortbar ist, werden einige wieder beginnen. Sie werden Spezialprodukte anbieten, für die es wahrscheinlich noch immer Nachfrage geben wird“, so der Minister.

Für Tage Petersen und seine Branche ist das kein Trost. „Es war von Anfang an eine unschöne Geschichte“, sagt er über die in Dänemark umstrittenen Maßnahmen.

 

 

 

 

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Cornelius von Tiedemann
Cornelius von Tiedemann Stellv. Chefredakteur
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