Thronjubiläum in Dänemark

So viel Einfluss hat die Queen auf Königin Margrethe

So viel Einfluss hat die Queen auf Königin Margrethe

So viel Einfluss hat die Queen auf Königin Margrethe

Frank Jung/shz.de
Kopenhagen
Zuletzt aktualisiert um:
Staatsoberhäupter und Ikonen: Queen Elizabeth (auf den zwei Bildern vorn) und Dänemarks Königin Margrethe (auf den Bildern an der Wand), 1987 verewigt vom amerikanischen Popart-Künstler Andy Warhol. Das Foto zeigt die Motive im Londoner Auktionshaus Christie‘s im März 2021. Foto: PICTURE ALLIANCE / PHOTOSHOT

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Der Tod von Elizabeth II. hat Folgen für das Goldene Thronjubiläum ihrer Amtskollegin Margrethe II. Die dänische Monarchin hat ihre Feierlichkeiten an diesem Wochenende aus Respekt vor der Verstorbenen massiv ausgedünnt. Elizabeth war eine Cousine dritten Grades der Dänin - und für diese ein großes Vorbild beim Berufseinstieg.

„Deine Mutter ist für mich und meine Familie sehr wichtig gewesen. Sie war eine überragende Figur unter den europäischen Monarchen und eine große Inspiration für uns alle. Wir werden sie schrecklich vermissen.“

Diese Worte sind ganz besondere im kaum überschaubaren Reigen der Beileidsschreiben, die den neuen britischen König Charles anlässlich des Tods seiner Mutter erreichen. Enthalten sie doch ein Urteil von Kollegin zu Kollegin: Mit diesen Zeilen hat Dänemarks Königin Margrethe II. kondoliert.

Die dienstälteste Monarchin residiert nun in Kopenhagen

Für das Staatsoberhaupt von Schleswig-Holsteins Nachbarland hat das Ende des Elizabethanischen Zeitalters ganz direkte Konsequenzen: Mit 50 Jahren auf dem Thron ist nun die dänische Königin das am längsten regierende monarchische Staatsoberhaupt der Welt.

Jubiläumsfeiern waren ohnehin schon verschoben

Auf die Übernahme dieses Rekordtitels hätte Margrethe II. gerade in diesen Tagen gern verzichtet: Wegen des prominenten Todesfalls kann die dänische Königin nämlich ihr eigenes Thronjubiläum nicht so begehen wie geplant: Ausgerechnet für dieses Wochenende - 10. und 11. September - sind die Feierlichkeiten angesetzt. Ohnehin schon verlegt vom eigentlichen Stichtag im Januar. Da stand die Pandemie Massenveranstaltungen im Wege.

Mit nur einem Tag Vorlauf disponierte der dänische Hof nun erneut um: Jubelszenen mit Volksfestcharakter für die eine Königin, während auf der anderen Seite der Nordsee der Leichnam einer anderen im Mittelpunkt steht, gelten als Nogo. „Auf Wunsch“ der dänischen Majestät, so eine Mitteilung des Palastes, wurde das Programm „angepasst“.

Keine Balkonszene fürs Volk auf Schloss Amalienborg

Gecancelt wurde eine Zeremonie mit der königlichen Leibgarde auf dem Schlossplatz von Amalienborg. Dabei hätte sich Dänemarks königliche Familie winkend auf dem Balkon gezeigt. Stattdessen wurden dort auf allen vier Palais die Flaggen zu Ehren von Elizabeth auf Halbmast gesetzt. Die Fahrt in der offenen Kutsche durch die Straßen Kopenhagens hat Margrethe für diesen Samstag ebenso absagen lassen wie einen Festakt im Rathaus.

Die Feierlichkeiten beschränken sich am Samstag auf eine abendliche Gala-Vorstellung im Königlichen Theater. Am Sonntag gibt es nach einem Festgottesdienst mittags einen Empfang für die royalen Kollegen aus Schweden und Norwegen an Bord der königlichen Yacht und abends ein Festessen mit Spitzenvertretern der dänischen Gesellschaft auf Schloss Christiansborg.

So half die Queen der dänischen Kollegin ins Amt

Wenn Margrethe die Queen jetzt als „große Inspiration“ bezeichnet, ist das nicht einfach nur so anlässlich des Todesfalls dahin gesagt. Die Art, wie sich die Queen ihren Pflichten gewidmet, wie sie ihr Leben ohne zu zögern in den Dienst einer höheren Sache gestellt habe: Das hat sich die 14 Jahre jüngere Kollegin aus Dänemark bei Amtsantritt 1972 tatsächlich zum Vorbild genommen. So sagte sie es in einem Interview mit dem britischen Fernsehsender ITV im Frühjahr. Anlass dazu war das Platin-Jubiläum der Queen.

Das Interview im Original

Parallelen in der Biografie

Parallelen in den Anfangsjahren sind unübersehbar. Elizabeth war erst 26, als ihren Vater das Zeitliche segnete. Margrethe war beim Erbfall mit 31 Jahren auch nicht so wahnsinnig viel älter. Die Britin vor Augen, habe sie vorher gehofft, nicht so jung zu sein, wenn ihr Vater sterben würde, erzählt Margrethe in dem ITV-Interview. Dass Elizabeth es trotz des jungen Alters hinbekam, hat der anfangs schüchternen Margrethe dann selbst geholfen: „Das (Beispiel Elizabeths, Anm. d. Red.) hat enormen Eindruck auf mich gemacht. Ich verstand, was das bedeutet - das hier ist für das ganze Leben, das ist der ganze Sinn meines Lebens.“

Da ist es konsequent, dass die Dänin ebenso wie die Britin einen Amtsverzicht aus Altersgründen ausschließt. Bis zum letzten Atemzug, so hat sie mehrfach bekräftigt, will sie Königin sein - anders als etwa die pensionierte Kollegin Beatrix aus den Niederlanden.

Die Bewunderung der Stimme

Margrethe hat stets den Klang von Elizabeths Stimme „bewundert“, verrät Margrethe vor der Fernsehkamera. „Sie ist sehr klar und anziehend in meinen Ohren. Und man merkt den Humor, der darin liegt“.

Das sind die beiden Spitznamen der Monarchinnen

Dass die Queen den besaß, weiß die dänische Monarchin auch persönlich. Amtspflichten oder royale Jubiläumsfeierlichkeiten haben die beiden zwar kaum je zusammengeführt. Ohnehin nahm die Queen sehr selten an Feiern oder Begräbnissen anderer Königshäuser teil, sondern schickte eins ihrer Kinder. Aber bei mehreren privaten London-Trips ist Margrethe von Elizabeth zum Lunch gebeten worden. Dort habe man sich gegenseitig mit den Spitznamen „Lilibeth“ und „Daisy“ angesprochen.

Wurzel der Verwandtschaft hat mit Schleswig-Holstein zu tun

Immerhin waren beide Kusinen dritten Grades. Der Ursprung der Verwandtschaft liegt im Stammvater der heutigen dänischen Königsfamilie, dem ab 1863 amtierenden Christian IX. aus dem Haus Schleswig-Holstein-Sonderburg-Glücksburg. Eine seiner Töchter hat den späteren britischen König Edward VII geheiratet.

Dass es diese Interview-Äußerungen der dänischen über die britische Regentin gibt, zeigt aber auch, wie verschieden beide ihr Amt ausgefüllt haben beziehungsweise es noch tun. Trotz der Ermunterung beim Berufseinstieg hat Margrethe zu einem ganz eigenen Weg gefunden.

Im Lauf der Zeit wurde die Amtsführung sehr verschieden

Während sich die Queen nie direkt Fragen von Journalisten gestellt hat, gibt sich Margrethe da vergleichsweise offen. Vor und bei Besuchen im Ausland gibt es Pressekonferenzen. Dabei können unmittelbar Fragen an die Königin gestellt werden, und sie muss spontan reagieren. Auch hat Margrethe ihre Familiengeschichte in mehreren Folgen selbst vor TV-Kameras erzählt. Die Verfilmung der Geschichte der Windsors blieb der Netflix-Serie „The Crown“ überlassen.

Doppelte Charakter-Unterschiede prägen die Regentschaft

Das ist nur ein Beispiel dafür, wie Charakterunterschiede auf die Amtsführung durchschlagen - sowohl im Charakter des Landes als auch der Personen. Dänemark ist kein bisschen steif, Großbritannien in weiten Teilen; Dänemark ist egalitär, Großbritannien elitär.

Anders als ihr Gegenüber hat sich Margrethe - bei allem Pflichtbewusstsein - nie komplett in der offiziellen Rolle aufgelöst. Mit politischen Meinungen hält auch sie sich strikt zurück; aber das persönliche Profil ist ungleich stärker. Etwa, indem die Königin auch als bildende Künstlerin und Kunsthandwerkerin und generell intellektuell in Erscheinung tritt.

Vergleichbar wiederum ist eine Schattenseite: Aus beiden Familien gibt es Klagen der Thronfolger, die Mütter seien ihnen gegenüber zu wenig präsent und die Väter zu kalt gewesen.

Auch mit der Urangst von Königshäusern, gescheiterten Ehen, mussten beide Königinnen umgehen. Die dänische indes eine Stufe milder, weil es anders als Charles nur den Zweitgeborenen Joachim betraf und sie selbst die Ehe nicht mitarrangiert hatte.

Richtung Zukunft zeichnet sich in London wie in Kopenhagen eine gleichlautende Überzeugung ab: Eine Voraussetzung für die weitere Akzeptanz der Monarchie wird sein, dass die Steuerzahler weniger Royals ein Luxusleben finanzieren als bisher. Beide Königinnen haben die Weichen so gestellt, dass weniger Familienmitglieder repräsentieren und alimentiert werden müssen als heute: In Dänemark nur Kronprinz Frederiks erstgeborener Sohn Prinz Christian und in Großbritannien nur Charles‘ Ältester Prinz William und dessen Nachkommen. Ein gemeinsamer Nachhall eines Königinnen-Zeitalters mit ähnlichem Beginn.

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