Folkemøde auf Bornholm

Was die Politpromis vom Nachwuchs lernen können

Was die Politpromis vom Nachwuchs lernen können

Was die Politpromis vom Nachwuchs lernen können

Allinge
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Jakob Bonde Nielsen (im schwarzen T-Shirt) und Simon Fendinge Olsen leisten sich einen Schlagabtausch. Foto: Walter Turnowsky

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Auf der Folkemøde auf Bornholm werden jedes Jahr die dänischen Meisterschaften im Debattieren unter den politischen Jugendorganisationen ausgetragen. Und auch dieses Mal war das Niveau der Debatten hoch.

Der Platz vor der Bühne von „Politiken“ war gerammelt voll. Kaum eine Veranstaltung beim Folkemøde auf Bornholm hat so viele Menschen angezogen, wie das Finale der dänischen Meisterschaften (DM) im Debattieren.

Sicherlich hängt es auch damit zusammen, dass die politischen Jugendorganisationen ihre Leute mobilisiert hatten. Sie waren in diesem Jahr wieder mit vielen Mitgliedern vertreten.

In den Vorrunden waren 32 Vertreterinnen und Vertreter von Jugendorganisationen unter dem Dachverband DUF angetreten. Von ihnen durften acht zum Semifinale nach Bornholm anreisen

Jeder Fehler wird bestraft

In der Runde konnten sich am Freitag Jakob Bonde Nielsen von der Sozialdemokratischen Jugend (DSU), Maria Ladegaard von Venstres Jugend (VU), Carl Emil Lind Christensen von der Jugend der Metall-Gewerkschaft und Simon Fendinge Olsen von der Jugend der Liberalen Allianz (LAU) durchsetzen.

Das weitgehend junge Publikum stand dicht gepackt. Foto: Folkemødet

Zwei Punktrichterinnen und ein Punktrichter sollten entscheiden, wer sich dänischer Meister im Debattieren nennen darf.

„Im Finale könnt ihr euch keinen einzigen Fehler mehr erlauben“, so die Ermahnung von Jurorin Gry Inger Reiter, Debattenredakteurin bei „Information.“

Fair aber hart

Sie würden darauf achten, ob auf die Argumente des anderen eingegangen werde, ob die Teilnehmer authentisch auftreten würden, aber auch die Ausstrahlung spiele eine Rolle.

„Ihr müsst das stärkste Argument des anderen zerstören“, lautete der Hinweis der anderen Jurorin, der  Kommunikationsberaterin Camilla Schwalbe. Der Anthroploge und Autor Dennis Nørmark war der Dritte im Bunde.

Doch bei allem Engagement soll es fair zugehen. Sämtliche Teilnehmerinnen und Teilnehmer haben ein „Debattier-Gelübde“ abgelegt und haben unterschrieben, respektvoll und konstruktiv miteinander umzugehen, zuzuhören und einander Platz einzuräumen.

Von Organspenden bis Zahnpflege

Um die Hürde noch höher zu hängen, sollten die Jungpolitiker nicht eigene vorbereitete Standpunkte vertreten, sondern für und gegen reale Bürgervorschläge argumentieren, für die sie eintreten oder eben nicht. Diese Bürgervorschläge müssen vom Folketing beraten werden, wenn es genug Unterschriften für sie gibt.

Und so kamen unter anderem Themen wie Organspenden, freie Wahle des Gymnasiums, obligatorische Radhelme, Forschung in Atomkraft und Zirkumzision dran.

Im ersten Duell trafen Maria Ladegaard und Carl Emil Christensen aufeinander. Engagiert ging es zur Sache, die Pointen pfiffen dem Publikum nur so um die Ohren. Die selbstauferlegte Fairness hielten sie, doch das verhinderten nicht, dass gehöriger Pfeffer in der Debatte war. Die Ermahnung der Preisrichter hatten sie sich zu Herzen genommen. Sie reagierten mit großem Geschick auf die Argumente des anderen. Das Ergebnis wurde eng.

Entscheidende Runde über Burkas

Jeder mussten gegen jeden antreten, und bei jeder Debatte wurde deutlich: Auch gewiefte Politikerinnen und Politiker würden sich bei diesen vier Jugendlichen schwertun. Die harte Auseinandersetzung mit den Argumenten, nicht mit der Person, haben sie eindeutig gelernt.

Wie Moderator Lars Trier Mogensen feststellte: „Ihr habt das Niveau dieses Folkemøde“ angehoben. 

Nach sechs Runden stand dann fest, dass Jakob Bonde und Simon Fendinge Olsen die Meisterschaft in einer letzten entscheidende Diskussion unter sich ausmachen würden. Sozialdemokratie gegen Liberale Allianz. Das Thema: Soll das Vermummungsverbot (Burkaverbot) aufgehoben werden oder nicht.

Am Ende konnte der liberale Simon Fending Olsen (in weiß) den Sieg gegen den Sozialdemokraten Jakob Bonde Nielsen einfahren. Foto: Walter Turnowsky

Simon ist dafür, Jakob dagegen. Der Liberale meint, es würde mehr Schaden anrichten als Gutes tun. Der Sozialdemokrat sagt, es sei gegen seine Werte, das Frauen ihr Gesicht bedecken müssen.

Mit Selbstironie punkten 

Am Ende ließen sich die Juroren von Fendinge Olsens Auftritt überzeugen. Er hatte bei sämtlichen Debatten Engagement gezeigt, dass teilweise drohte überzuschäumen. Gewürzt hat er es mit viel Humor, beispielsweise als er in der letzten Debatte über die Kleidung sagte: „Ich verstehe auch nicht, warum jemand ein Brøndby-Shirt anzieht, aber here we are.“

Meistens war sein Humor selbstironisch, etwa als er in einer früheren Debatte sagte: „Weder Windmühlen noch Atomkraftwerke sind unbedingt schön, aber wenn das ein Kriterium wäre, dürfte auch ich hier nicht stehen.“

Simon Fendinge Olsen kann sich jetzt dänischer Meister im Debattieren nennen. Die Jugend der Liberalen Allianz hat einmal zuvor den Titel gewonnen. Der damalige Teilnehmer heiß Alex Vanopslagh und ist heute Vorsitzender der Liberalen Allianz.

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Siegfried Matlok
Siegfried Matlok Senior-Korrespondent
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