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Obama in Dänemark: Algorithmen sind eine große Gefahr

Obama in Dänemark: Algorithmen sind eine große Gefahr

Obama in Dänemark: Algorithmen sind eine große Gefahr

dodo/Ritzau
Næstved
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Der ehemalige US-Präsident Barack Obama besuchte für einen Vortrag am Freitag Dänemark. Foto: Thomas Vilhelm/Free

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Für Barack Obama ist die maßgeschneiderte Nachrichtenversorgung der sozialen Medien eine der größten Bedrohungen für die Demokratie. Der ehemalige US-Präsident war am Freitag in Næstved zu Besuch.

Wenn man durch soziale Medien wie Facebook, Twitter und TikTok scrollt, bekommt man die Informationen, von denen die Algorithmen wissen, dass man sie gerne hätte, und nicht unbedingt das, was man wissen muss.

Und genau das ist eines der großen Probleme für die moderne Demokratie, glaubt der ehemalige Präsident der USA, Barack Obama, der am Freitagabend in Næstved zu Besuch war und vor 3.800 Gästen über die großen Herausforderungen der Welt sprach.

„Ich weiß, dass ich graue Haare habe, aber ich bin nicht so alt. Als ich in den USA aufwuchs, hatten wir drei große Fernsehsender und ein paar Radiosender. Grundsätzlich bezog jeder seine Nachrichten aus denselben Quellen. Es war kein perfektes System. Aber wir hatten eine gemeinsame Geschichte und ein gemeinsames Verständnis von Fakten. Wir konnten über Dinge wie den Vietnamkrieg debattieren, aber niemand bezweifelte, dass wir im Krieg in Vietnam waren“, sagte Obama.

Fakten sind keine Fakten mehr

Er wies darauf hin, dass Fakten heute zunehmend infrage gestellt werden und es keine einzig wahre Realität gibt. Es werde an offensichtlichen Dingen gezweifelt.

„Jetzt gibt es im Grunde eine unendliche Anzahl von Quellen, von denen Menschen Informationen erhalten können. Man kann nicht nur auswählen, welche Informationen und Geschichten man haben möchte, sondern ein Algorithmus ist auch darauf ausgelegt, einem glauben zu lassen, dass das, was man denkt, richtig ist.“

Dazu kommt, dass künstliche Intelligenz immer weiter voranschreitet, was den ehemaligen Präsidenten ziemlich besorgt.

„Wir müssen einen Weg finden, wie wir unsere Bevölkerung dazu erziehen können, zwischen Wahrheit und Lüge zu unterscheiden“, sagt Obama.

Wirtschaftliche Ungleichheit

Neben Fehlinformationen und einem verzerrten Zugang zu Nachrichten trägt nach Obamas Meinung auch die wirtschaftliche Ungleichheit und die wachsende Anzahl von Bürgerinnen und Bürgern mit Migrationshintergrund dazu bei, einen Widerstand gegen die Demokratie indirekt zu fördern.

„Ein Teil der Schwäche unserer Demokratien entstand, weil unsere wirtschaftliche Ordnung hauptsächlich denen an der Spitze zugutekam“, so der ehemalige US-Präsident.

Positivbeispiel Skandinavien

Er erwähnt amerikanische Fabrikarbeiter als Beispiel. Menschen, die vielleicht ihren Job verloren haben, weil ihre Produktionsbetriebe aus ihren Heimatstädten oder sogar aus dem Land verlagert wurden.

„Sie hatten nicht das Gefühl, dass das Wirtschaftssystem genug getan hat, um ihnen eine Chance zu geben. Wir müssen darüber nachdenken, wie der Kapitalismus funktionieren kann, um inklusiver zu sein“, sagte er und verweist auf Dänemark und den Rest Skandinaviens.

Hier habe man es laut Obama geschafft, sowohl hohe Produktivität zu schaffen als auch in öffentliche Güter zu investieren, die allen nutzen können.

„Und es gibt ein Sicherheitsnetz, durch das die Menschen nicht fallen“, so Obama.

Keine direkten Worte zu Trump

Der frühere republikanische Präsident und zukünftige Präsidentschaftskandidat Donald Trump hat gerade die Unterstützung der amerikanischen Arbeiterschaft gesucht und erhalten – einschließlich derjenigen, die sich vom System im Stich gelassen fühlten.

Obama zog keine direkte Linie zwischen Trump und der Bedrohung der Demokratie, macht aber keinen Hehl daraus, dass das beste Ergebnis für die USA seiner Meinung nach offensichtlich sein würde, wenn Trump die bevorstehende Präsidentschaftswahl nicht gewinnen würde.

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