Diese Woche in Kopenhagen

„Die Einheitsliste kann sich zu neuen Erfolgen rotieren“

Die Einheitsliste kann sich zu neuen Erfolgen rotieren

Die Einheitsliste kann sich zu neuen Erfolgen rotieren

Kopenhagen
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Das Rotationsprinzip hat sich von einer Achillesferse zu einem Erfolgsrezept entwickelt, lautet die Einschätzung von Walter Turnowsky. Die Einheitsliste dürfte an Einfluss gewinnen.

Die Fragen an die neu ernannte Fraktionssprecherin der Einheitsliste, Mai Villadsen, konnte man schon vorhersagen: Hast du nicht zu wenig Erfahrung? Geht nicht wichtiges Wissen durch das Rotationsprinzip verloren?

Doch irgendwie fehlte den Fragen der Kollegen der Biss, und so konnten Villadsen und ihre Vorgängerin Pernille Skipper sie ohne große Anstrengung abwehren. Denn eben die Fragen hatte auch Skipper selbst vor fünf Jahren bekommen. Wenn Johanne Schmidt-Nielsen verschwindet, würde es sich zu einem Problem für die Partei entwickeln, hieß es damals.

Die linke Partei hat mittlerweile bewiesen, dass sie die Machtwechsel nicht nur gut übersteht, sondern nach den Wechseln sogar an Stimmen und Einfluss gewonnen hat. Das Rotationsprinzip hat sich längst als Erfolgsrezept entpuppt. Die Einheitsliste hat sich von einer linken Sekte zu einer Partei mittlerer Größe entwickelt. 

Das Rotationsprinzip wurde aus ideellen Gründen eingeführt. Man will damit verhindern, dass die Partei ausschließlich von Berufspolitikern vertreten wird, die von der Welt außerhalb von Christiansborg wenig Ahnung haben. Diese Begründung haben auch Villadsen und Skipper auf der Pressekonferenz am Mittwoch wiederholt betont. Demnach kann ein Folketingsmitglied nach sieben Jahren nicht erneut als Kandidat oder Kandidatin aufgestellt werden.

Fast vollständig synchron haben Mai Villadsen (links) und Pernille Skipper bei der Pressekonferenz am Mittwoch die Masken abgesetzt. Foto: Martin Sylvest/Ritzau Scanpix

Das Berufspolitikertum verhindert das Prinzip nicht unbedingt. Das zeigt sich schon daran, dass Villadsen Gegenkandidat für den Sprecherposten Søren Søndergaard war, ein Gründungsmitglied der Partei. Er ist eben immer wieder hineinrotiert.

Doch das Rotationsprinzip hat einen anderen Effekt. Es macht nämlich regelmäßig nicht nur den Weg frei für neue Talente, sondern zwingt die Partei regelrecht dazu, diese aufzubauen. So gibt nun zum vierten Mal in Folge eine Jüngere den Kurs der Partei an (vor Schmidt-Nielsen war es die heutige sozialdemokratische Unterrichtsministerin Pernille Rosenkrantz-Theil). Auch dies hat mit Sicherheit zum Erfolg der Partei beigetragen. 

Die anderen Parteien dürften neidisch auf die immer wieder neuen Profile blicken, die die Einheitsliste hervorbringt. 

Selbstverständlich muss Mai Villadsen nun beweisen, dass sie tatsächlich die Aufgabe meistert. Aber das ist bei einem Führungswechsel in Parteien ohne Rotationsprinzip nicht anders. Da braucht man lediglich einmal bei Venstre oder den Radikalen nachzufragen. 

Doch fest steht, dass die 29-jährige Villadsen vom Profil her zu diesem Zeitpunkt nahezu eine Idealbesetzung für eine rot-grüne Partei ist. Als ausgewiesene Klima- und Umweltpolitikerin spricht sie die heutige Wählerschaft der Partei sehr präzise an. Vermutlich besser als ihre beiden Vorgängerinnen, deren Stärken eher in der Sozial- und Rechtspolitik liegen. 

Mit einem deutlichen Klimaprofil kann es ihr auch gelingen, neue Wählerschichten anzusprechen, denn nicht zuletzt mit dem Niedergang der Alternativen sind so einige Wählerinnen und Wähler heimatlos geworden. 

Dass Villadsen vom Alter her näher an den Aktivistinnen ist, die die jüngste Wahl zu einer Klimawahl gemacht haben, dürfte ihr auch nicht unbedingt schaden.

Ob es einem nun passt oder nicht – man sollte sich darauf einstellen, dass die Einheitsliste noch stärkeren Einfluss auf die dänische Politik gewinnen wird. 

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