Kritik

In der Sprachenpolitik zäumt Dänemark das Pferd von hinten auf

In der Sprachenpolitik zäumt Dänemark das Pferd von hinten auf

In der Sprachenpolitik zäumt Dänemark das Pferd von hinten auf

DN
Kopenhagen
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Per Øhrgaard (l.) im DK-Interview mit Siegfried Matlok. Foto: DK4

Kritik von Professor Per Øhrgaard im DK4-Interview: Deutschland-Strategie und Sprachenpolitk passen nicht zusammen.

Kritik von Professor Per Øhrgaard im DK4-Interview: Deutschland-Strategie und Sprachenpolitk passen nicht zusammen.

Professor Per Øhrgaard – eine der größten dänisch-deutschen Kulturpersönlichkeiten im Lande – hat scharfe Kritik an der dänischen Sprachenpolitik geübt. In einem Fernsehinterview mit dem Sender DK4 sagte der auch international anerkannte Germanist, angesprochen auf die Frage, warum angesichts der wachsenden politischen und wirtschaftlichen Wichtigkeit Deutschlands die sprachlich-kulturelle Bindung immer mehr an Bedeutung verliere: „Wir sind komplett amerikanisiert worden.“

Seltsamerweise habe dieser Prozess nicht in den Jahren nach der deutschen Besatzungszeit in Dänemark eingesetzt, sondern sei eine Folge von Satelliten-Fernsehen, von sozialen Medien, Internet – alles englischsprachig, wobei jedoch darauf hingewiesen werden muss, dass ja für die deutsche Sprache auch in Deutschland dieselbe Entwicklung stattgefunden hat – wenn auch nicht in gleichem Maße.  Als Deutschlehrer in Dänemark habe ich erlebt, dass man von deutscher Seite nicht besonders viel Unterstützung in sprachpolitischer Hinsicht bekommen hat. Deutschland hat die eigene Sprache nicht so gefördert, wie es zum Beispiel die Franzosen getan haben. Natürlich aus historischen Gründen, aber letztlich hat diese Entwicklung damit zu tun, dass wir uns in Dänemark daran gewöhnt haben, dass es nur eine Sprache gibt – nämlich die englische.“ Man könne allerdings auch manchmal Vorbehalte gegen das Deutsche feststellen: Nach seiner Ansicht ist es „peinlich, dass man in den nordschleswigschen Städten nicht bereit ist, deutsche Straßenschilder aufzustellen“.

Dass man gleichzeitig mit der Vorlage einer sogenannten Deutschland-Strategie der Regierung die deutsche Sprache nicht fördert, sondern zum Beispiel an der CBS mit der Schließung von deutschsprachigen Lehrfächern abbaut, „passt überhaupt nicht zusammen“, so Øhrgaard, der sowohl an der Kopenhagener Universität als auch an der CBS deutsche Sprache und Kultur unterrichtet hat. „Das hängt damit zusammen, dass wir in Dänemark überhaupt keine Sprachenpolitik haben.  Es besteht ein völliges Unverständnis dafür, was Sprachen bedeuten. Ein Beispiel sind Ingenieure: Die beherrschen zwar die Technik, aber die werden im Ausland ja nicht an irgendeiner Drehbank stehen, sondern sie müssen sich auch sprachlich-kulturell verständigen können. Ohne Kultur und Bildung kommt man auch im Wirtschaftsleben nicht sehr weit. Es ist aber leider sehr schwierig, mit solchen Gesichtspunkten durchzudringen, denn viele haben die falsche Auffassung, dass es bei Sprachen nur um die Beugung von Verben geht, aber es muss ganz anders gehandelt werden, wenn man ernsthaft mit anderen Menschen sprechen will.“

Dem Hinweis, dass die Regierung ja an einer Sprachenstrategie arbeitet, begegnet Professor Dr. Øhrgaard mit den Worten: „Ja, aber einer der Fehler besteht darin, dass man alles völlig ökonomisch angeht.  Man fragt nicht, welche Sprachen für das Land wichtig sind, stattdessen fragt man nur danach, ob diese Ausbildung überhaupt   rentabel ist. Das ist auch beim CBS der Fall, und das geschieht leider nicht nur zulasten der deutschen Sprache.  Darunter haben alle Fremdsprachen zu leiden  – mit Ausnahme von Englisch, aber selbst die englische Sprache wird ja eher als Instrument  gesehen. Man hat da sozusagen das Pferd von hinten aufgezäumt. Man fängt mit der Frage an: Was lohnt sich, statt zu fragen, was ist für unser Land wichtig, um dann  zu entscheiden, was mit unserem zur Verfügung stehenden Geld in diesem Bereich machbar ist“, betonte Øhrgaard im DK4-Interview mit Siegfried Matlok.

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