Kultur
H.C.-Andersen-Preis: Russin soll Jury vorstehen – Empörung in der dänischen Heimat des Märchenkönigs
Umstrittene Russin soll H.C.-Andersen-Preis vergeben – Empörung in Dänemark
Empörung: Russin soll Jury bei H.C.-Andersen-Preis vorstehen

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Kinderbücher, Kriegspropaganda und das Königshaus: Eine renommierte Auszeichnung steht im Kreuzfeuer der Kritik. Der internationale Preis trägt einen dänischen Namen –und Odenses Bürgermeister fordert schnell Klarheit.
Odenses Bürgermeister will verhindern, dass eine russische Professorin Vorsitzende der Jury des nach H.C. Andersen benannten internationalen Kinder- und Jugendbuchpreises wird. Das berichtet „Danmarks Radio“.
Deshalb hat die Kommune Odense nun eine Beschwerde beim Internationalen Kuratorium für das Jugendbuch (Ibby) in Basel eingereicht, das den Preis jährlich vergibt.
Der Preis, der den Namen des wohl berühmtesten Sohnes Odenses trägt, soll kommendes Jahr erneut vergeben werden. Der internationalen Jury vorstehen soll die russische Zeichnerin und Kunstprofessorin Anastasia Archipowa.
Russin ist Vorstandsmitglied in Verein, der Kriegspropaganda betreibt
Stein des Anstoßes: Archipowa ist zugleich Vorstandsmitglied beim Moskauer Verband für Künstlerinnen und Künstler, MOCX, der unter anderem durch einen Plakat-Wettbewerb aktiv Propaganda für den russischen Angriff auf die Ukraine betreibt.
Der Preis dürfe nicht „auf diese Weise durch Kriegspropaganda besudelt werden“, heißt es in der Beschwerde aus Odense laut „DR“.

Odenses Bürgermeister sieht Andersens Namen „besudelt“
„Wir sind der Meinung, dass das Verhalten, das die Juryvorsitzende dadurch an den Tag gelegt hat, ein Teil des Vorstandes der Moskauer Künstlerinnen- und Künstlervereinigung zu sein, mit den Wertegrundlagen vereinbar ist, für die H.C. Andersen und unsere Sicht auf ihn stehen“, sagt Peter Rahbæk Juel, sozialdemokratischer Bürgermeister in Odense.
Odense hat kein Mitspracherecht bei Ibby, dem Verband, der hinter der Preisvergabe steht. Doch der Bürgermeister meint, dass es wichtig sei, als mit dem Schriftsteller „unlöslich verbundene Stadt“ für dessen Werte einzustehen.
Archipowa hatte bereits zuvor zurückgewiesen, mit der Kriegspropaganda durch MOCX etwas zu tun zu haben. Sie wurde im September 2022 als Juryvorsitzende gewählt, doch mehrere nationale Mitgliedsverbände haben sich bereits dafür ausgesprochen, dass sie ihre Rolle aufgibt.

Königin Margrethe hat Ibby den Rücken gekehrt
Dänemarks Königin Margrethe II. war lange Schirmherrin des Preises. Diese Rolle hat sie jedoch aufgegeben, wie das Königshaus erst kürzlich mitteilte. „Der Grund ist, dass es derzeit in der Organisation einen Konflikt gibt, an dem sich die Königin natürlich nicht beteiligen kann“, heißt es in einer Pressemitteilung vom Mittwoch.
Die schwedische Ibby-Präsidentin Margaretha Ullström hat „DR“ unterdessen mitgeteilt, dass es eine außerordentliche Vorstandssitzung des Weltverbandes am Dienstag geben werde.
Die Preisträgerinnen und Preisträger sollen bereits am 6. März 2023 auf der Kinder- und Jugendbuchmesse in Bologna bekannt gegeben werden.