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Studie: Spitzensteuersenkungen sorgen für Ungleichheit in der Gesellschaft

Studie: Spitzensteuersenkungen sorgen für Ungleichheit in der Gesellschaft

Studie: Spitzensteuersenkungen sorgen für Ungleichheit

dodo/Ritzau
Kopenhagen
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Die Steuern für die Reichsten der Gesellschaft sind in den vergangenen 50 Jahren in vielen Ländern stark gesunken. Foto: Adobe Stock

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Eine neue Studie erhebt den Anspruch, den sogenannten „Trickle-down-Effekt“ zu widerlegen. Zwei dänische Ökonomen sind skeptisch, stimmen dem Ergebnis der Studie aber in weiten Teilen zu.

Die Steuern für die Reichsten der Gesellschaft sind in den vergangenen 50 Jahren stark gesunken, ein Trend, der in der überwiegenden Mehrheit der Länder zu beobachten ist.

Doch die Spitzensteuersenkungen sorgen auch für eine größere Ungleichheit in der Gesellschaft.

Zu diesem Schluss kommen britische Forscher in einer neuen Studie, in der sie laut „Videnskab.dk“ die Auswirkungen von Steuererleichterungen auf die Reichsten der Gesellschaft in 18 Ländern – einschließlich Dänemark – über einen Zeitraum von 50 Jahren untersucht haben.

„Wir stellen allgemein fest, dass die Steuererleichterungen für die Reichsten sowohl kurz- als auch langfristig zu einer größeren Einkommensungleichheit führen“, fassen die Forscher in der Studie zusammen.

Dänische Professoren nicht überrascht

Die Schlussfolgerung überrascht Jakob Egholt Søgaard, Assistenzprofessor für Wirtschaftswissenschaften an der Universität Kopenhagen, nicht: „Wenn man die Steuern der Reichsten senkt, wird die Ungleichheit zunehmen. Das wird von einem Meer an Forschungsstudien untermauert. Das ist unumstritten“, so Søgaard. Zustimmung erhält er vom Wirtschaftsprofessor Bo Sandemann Rasmussen von der Universität Aarhus.

Typischerweise wird für Spitzensteuersenkungen das Argument hervorgebracht, dass sie der Gesellschaft als Ganzes zugutekommen – zum Beispiel, dass die Steuersenkungen mehr Arbeitsplätze schaffen oder sie das Einkommen in allen Gesellschaftsschichten erhöhen.

Der Ansatz basiert auf der Idee, dass, wenn die Reichen reicher werden, der Wohlstand schließlich durch die Gesellschaft nach unten sickert und den weniger Wohlhabenden zugutekommen wird. Dies wird auch als „Trickle-down-Effekt“ bezeichnet.

Kritikpunkte

Allerdings sind weder Jakob Egholt Søgaard noch Bo Sandemann Rasmussen davon überzeugt, dass die fragliche Studie diesen Effekt widerlegt.

Über den Trickle-down-Effekt lasse sich diskutieren, aber die neue Studie sei nicht, wie behauptet, ein „starker Beweis“ dagegen, betonen beide.

Sie haben mehrere Kritikpunkte an der Studie. Darin untersuchten die Forscher, wie sich die unterschiedlichen wirtschaftlichen Bedingungen in der Gesellschaft entwickelt haben, nachdem die Reichsten in 18 Ländern auf die eine oder andere Weise Steuererleichterungen erhalten haben.

Aber mit ihrer Studie über Steuersenkungen in 18 Ländern über 50 Jahre umfassen die Forscher so viele verschiedene Länder über einen so langen Zeitraum, dass es schwierig sei, überzeugende Schlussfolgerungen zu ziehen, so der erste Kritikpunkt der beiden Dänen.

Zweitens: Es gibt viele Möglichkeiten, sich steuerlich zu entlasten – man kann die Einkommensteuer, das Vermögen, die Firmensteuer und so weiter senken.

Nicht genau genug

In der Studie gruppieren die Forscher sieben Arten von Steuererleichterungen zu einer großen Steuervariable zusammen. So könne man aus Sicht von Søgaard und Rasmussen nicht erkennen, ob es die eine oder andere Steuererleichterung ist, die zu dem einen oder anderen gesellschaftlichen Effekt geführt habe – oder eben nicht.

Trotz der Kritik betonen die Ökonomen, dass die Schlussfolgerung der Studie zutrifft, dass Spitzensteuersenkungen zu erhöhter Ungleichheit führen.

„Das Ergebnis ist nicht ganz aus der Luft gegriffen, da es auch von mehreren anderen Studien gestützt wird“, so Bo Sandemann Rasmussen.

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