Sprachkenntnisse

Kajs Kanal: 78-Jähriger bringt Kindern auf Youtube Deutsch bei

Kajs Kanal: 78-Jähriger bringt Kindern auf Youtube Deutsch bei

78-Jähriger bringt Kindern auf Youtube Deutsch bei

Apenrade/Tåstrup
Zuletzt aktualisiert um:
Kaj Borchert will den Deutschunterricht aufpeppen (Bildschirmfoto). Foto: Kajs Kanal

Diesen Artikel vorlesen lassen.

Unregelmäßige Verben, Possessivpronomen, Adverbien: Mit Plakaten und bunten Stiften erklärt der ehemalige Lehrer und Schulleiter in seinen Videos die deutsche Grammatik. Aber auch andere Themen finden darin. Dabei verbindet Kaj Borchert einen Lernansatz aus alten Zeiten mit seinem persönlichen Stil.

„Wenn man Erwachsene fragt, was ihr Horrorfach in der Schule war, sagen viele Deutsch. Das ist nicht gut. Das möchte ich ändern“, verrät Kaj Borchert gegenüber dem „Nordschleswiger“.

Vor vier Jahren startete der 78-Jährige seine Youtube-Karriere. Allerdings nicht ganz freiwillig. Kurz nach seiner Pensionierung wurde der ehemalige Lehrer und Schulleiter gefragt, ob er sich vorstellen könne, in seinem Ruhestand ein paar Deutschstunden zu geben. Er willigte ein.

Seid ihr verrückt? In meinem Alter kann man kein Youtuber mehr sein.

Kaj Borchert, ehemaliger Schulrektor

Im Lehrerzimmer in Dragør in der Hauptstadtregion kamen dann drei junge Kolleginnen auf den damals 74-Jährigen zu und fragten ihn: „Kaj, warum machst du nicht einen Youtube-Kanal?“ „Seid ihr verrückt? In meinem Alter kann man kein Youtuber mehr sein“, lautete seine Antwort.

Wenige Zeit später stellten ihn seine Kolleginnen jedoch vor vollendete Tatsachen. „Sie haben einfach einen Kanal für mich erstellt“, berichtet der ehemalige Deutschlehrer. „Und ich habe mir gedacht, warum sollte ich nicht allen Schülerinnen und Schülern in diesem Land helfen, die Deutsch lernen wollen?“, erzählt der Mann aus Tåstrup.

Alte Lernmethoden, moderne Themen

Seine Kollegin Bettina Marup-Dalsten steht hinter der Kamera, wenn Kaj Bochert mithilfe von Plakaten und bunten Stiften die Endung unregelmäßiger Verben erklärt, den Gebrauch von Possessivpronomen mit Beispielsätzen veranschaulicht oder Adverbien in eine Zeitleiste einfügt. „Meine Art zu unterrichten hat sich seit 1968 nicht verändert. Dafür habe ich von den Eltern positive Rückmeldung bekommen. Sie empfinden es als gut, dass ich noch mit meiner Handschrift arbeite und nicht nur mit dem Computer“, erzählt der Youtuber.

 

Das beliebteste Video auf Kajs Kanal hat über 25.500 Aufrufe. Darin geht es um die Endung regelmäßiger und unregelmäßiger Verben. Doch der 78-Jährige gibt in seinen bisher 165 Videos nicht nur Grammatiktipps. „In den alten Deutschbüchern geht es oft um altmodische Themen. Ich spreche auch über Jungsein, Liebe, Schönheit, Mode oder Einsamkeit. Diese Videos können Lehrkräfte zum Beispiel als Einstieg für ihren Unterricht benutzen“, erzählt der Tåstruper, der auch auf Wunsch Videos zu bestimmten Themen dreht.

Auf der Straße erkannt worden

„Mit den modernen Themen und dem alten Lernansatz versuche ich, eine Beziehung zu den Schülerinnen und Schülern aufzubauen.“ Das scheint ihm zu gelingen. Zu Beginn seines Youtube-Kanals hat der ehemalige Lehrer große mediale Aufmerksamkeit bekommen. Seinen eigenen Angaben nach ist Kaj Borchert von Kindern auf der Straße angesprochen und nach Selfies gefragt worden. Neben seinen Videos besucht er seine „Fans“ auch in der Schule und gibt dort auf Anfrage eine Unterrichtsstunde.

 

„Ich möchte den Kindern Spaß am Lernen vermitteln. Deutschland ist die Lokomotive in Europa, und es ist immer noch wichtig, Deutsch zu lernen“, findet der 78-Jährige, der einen deutschen Vater und eine dänische Mutter hat. Als Kind verbrachte er seine Sommerferien in Hannover. Wenn er heute nach Deutschland fährt, dann am liebsten nach Berlin. Auch für den Tourismus auf beiden Seiten der Grenze hält Kaj Borchert es für wichtig, Deutsch zu verstehen.

Auch in Zukunft Videos drehen

In seinen Videos spricht der ehemalige Lehrer sowohl Deutsch als auch Dänisch. „Ich habe das Gefühl, dass ich auch Dänisch sprechen muss, um etwas zu erklären, sonst wird es für die Kinder zu schwierig“, sagt er. Es ist ihm wichtig zu vermitteln, dass es in Ordnung ist, Fehler zu machen.

Kaj Borchert hofft, dass auch in zehn Jahren noch Kinder seine Videos anschauen und er ihnen damit helfen kann. „Wenn es geht, will ich auch mit 80 Jahren noch Youtube-Videos drehen und Schulen besuchen“, so der 78-Jährige. „Ich bin froh, dass meine Kolleginnen mich damals dazu überredet haben.“

Mehr lesen

Diese Woche In Kopenhagen

Walter Turnowsky ist unser Korrespondent in Kopenhagen
Walter Turnowsky Korrespondent in Kopenhagen
„Die unaufgeregte Diskussion über den historischen Beschluss zur Abtreibung“