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„Schau ihr in die Augen, Kleiner!“

Schau ihr in die Augen, Kleiner!

Schau ihr in die Augen, Kleiner!

Kopenhagen
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Das Frauenhaus „Danner“ hat mit einem Marsch an die 118.000 Frauen in Dänemark erinnert, die jährlich psychischer und physischer Partnergewalt ausgesetzt sind. Foto: Walter Turnowsky

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Gewalt gegenüber der Partnerin oder dem Partner ist ein schweres Verbrechen, das nicht als häusliche Unruhe abgetan werden darf, meint Walter Turnowsky. Denn er weiß aus seiner Erfahrung, dass die Wunden nur schwer verheilen.

Sie mag fröhlich erscheinen, selbstbewusst und offen, doch ihre Augen sprechen, wenn man genau hinschaut, eine andere Sprache. Sie erzählen von einem Schmerz, der so tief ist, dass Außenstehende ihn nur schwer begreifen können. Denn ihr Partner hat ihr – häufig über Jahre hinweg – psychische wie physische Gewalt angetan.

Mir sind im Zuge meiner Arbeit Frauen, die diesem Verbrechen ausgesetzt waren, begegnet. Ein paar kenne ich privat. Und um diesen Einwand gleich vorwegzunehmen: Ja, auch Männer sind Partnerschaftsgewalt ausgesetzt, doch in der überwiegenden Mehrheit der Fälle sind es Frauen.

Albträume

Auf den ersten Blick sieht man ihnen den Schmerz häufig nicht an. In den Jahren der Gewalt haben sie gelernt zu verbergen, wie es ihnen in Wirklichkeit geht. Da wäre zum Beispiel die Ministerin, die in der Öffentlichkeit als eine Frau mit viel Power wahrgenommen wurde. Doch auf ihrem Arm hat sie sich die Worte „Don't hurt me“ tätowieren lassen, als Mahnung und Erinnerung an den ehemaligen Partner, der ihr die Rippen gebrochen hat.

Aus privaten Gesprächen weiß ich, dass das Lächeln im Gesicht über die Dämonen hinwegtäuscht, die viele der Gewaltopfer in der Nacht heimsuchen. Über die Selbstzweifel und Eigenvorwürfe, die sie quälen. Die Tränen fließen hinter verschlossener Tür.

Verniedlichung eines Verbrechens

Häufig, viel zu häufig, wird dieses Verbrechen heruntergespielt. Auf Dänisch verwendet die Polizei immer noch den verharmlosenden Begriff „husspektakler“ (häusliche Unruhe) und auf Deutsch begegnet man „Beziehungsdrama“. Beide Begriffe unterschlagen, dass es einen Täter und ein Opfer gibt. Und während der Täter – und auch das in nur einer Minderheit der Fälle – mit einer kurzen Haftstrafe davonkommt, gibt es für das Opfer, wie beschrieben, häufig keine Bewährung.

Daher war es auch notwendig, dass das Frauenhaus „Danner“ am Mittwoch, dem Internationalen Frauentag, mit einem Marsch an die Schwere dieser Gewalttaten erinnerte. Auch heute noch wird Frauen in der öffentlichen Debatte eine Teilschuld zugeschoben, nach Entschuldigungen für die Gewalt des Täters gesucht.

Geplante Gewalt

Damit sind wir an dem Punkt angelangt, an dem mit ein paar Vorurteilen aufgeräumt werden muss. Partnergewalt geschieht nicht aus einem spontanen Wutanfall heraus. Wenn dem so wäre, soll man mir bitte schön erklären, warum dieser Wutanfall so gut wie nie in der Öffentlichkeit stattfindet.

In den meisten Fällen schlagen die Täter nicht ins Gesicht, sondern so, dass die blauen Flecken unter der Kleidung verborgen bleiben. Die Spuren der Würgegriffe am Hals lassen sich mit einem Halstuch verstecken. Das ist bewusst und geplant, keine spontane Raserei. Die betroffenen Frauen können häufig am Morgen schon ablesen, dass er am Abend wieder zuschlagen wird.

Falsche Schuldzuweisung

„Wahrscheinlich hat sie ihn provoziert, war aggressiv und widerspenstig“, lautet eine nicht seltene Schuldzuweisung – „Er ist eben nicht so redegewandt wie sie“, eine Entschuldigung für die Taten des Mannes. 

Ein wenig subtiler verbirgt sich die Schuldzuweisung in der Frage „Warum verlässt sie ihn nicht?“. Dafür gibt es eine Reihe von Gründen. Häufig wird die physische Gewalt durch eine lange Periode von Erniedrigung und psychischer Gewalt vorbereitet. Der Täter nimmt der Frau Schritt für Schritt das Selbstwertgefühl, weist ihr die Schuld zu, kontrolliert ihr Tun, isoliert sie.

Kinder und finanzielle Abhängigkeit können auch eine Rolle spielen. Hinzu kommt, und das ist alles andere als unwesentlich, dass es lebensgefährlich sein kann, ihn zu verlassen. Gerade in der Situation wird der Gewalttäter immer wieder zum Mörder, lässt beim Würgen nicht mehr rechtzeitig los oder greift zu tödlichen Waffen. Eine andere Variante ist, dass er mit Selbstmord droht.

Doch eigentlich sind diese Gründe für die Unterstellung, sie sei ein wenig selbst schuld, die sich in der Frage verbirgt, egal. Denn wie kann die Tatsache, dass sie ihn nicht verlässt, ihn dazu berechtigen, ein weiteres Mal zuzuschlagen? Die Schuld liegt beim Täter und bei ihm allein. 

Schweres Verbrechen

Selbstverständlich müssen wir uns mit den Ursachen für Partnergewalt beschäftigen, um sie zu bekämpfen. Doch erste Voraussetzung dafür ist, dass wir sie als das benennen und wahrnehmen, was sie ist: nämlich ein schweres Verbrechen mit ernsten Folgen für die Opfer. Wer so eines begeht, ist kein armer, missverstandener Mann, sondern ein Täter.

Willst du dich davon überzeugen, dann schau einer Frau, die diesem Verbrechen ausgesetzt war, in die Augen und entdecke den abgrundtiefen Schmerz, der sich dort verbirgt.

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