Wiederöffnung

Deutsche Schule Sonderburg: Unterricht am Stadtstrand

Deutsche Schule Sonderburg: Unterricht am Stadtstrand

Deutsche Schule Sonderburg: Unterricht am Stadtstrand

Sonderburg/Sønderborg
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Tyra, Kamilla und Helena am Strand: Dänisch-Unterricht mal anders Foto: Sara Wasmund

Die erste Schulwoche nach der Corona-Auszeit liegt hinter der Deutschen Schule Sonderburg. Wie das Miteinander auf Abstand läuft, und wie für die Schüler der Mittelstufe der Online-Unterricht funktioniert – die Schulleitung zieht eine erste Bilanz.

Die Sonne scheint, das Meer glitzert, und durchs Schulheft rieseln Sandkörner.

„Was könnt ihr am Strand alles erleben? Schreibt es auf Dänisch auf.“ So lautete die Aufgabe, der die Zweitklässler der Deutschen Schule Sonderburg (DSS) am Freitagvormittag gerne nachkamen. Und zwar direkt vor Ort. Am Strand.

Dänisch lernen am Strand

Mit Sitzkissen und Schreib-Utensilien ausgestattet, fand der Dänischunterricht zwei Stunden lang unter freiem Himmel statt.

Mäppchen und Sitzkissen: Helena hatte am Freitag Unterricht am Strand. Foto: Sara Wasmund

Die erste Schulwoche nach der Corona-Auszeit liegt hinter Schülern und Lehrern der DSS. Die besondere Gestaltung des Unterrichts ist eine von vielen außergewöhnlichen Maßnahmen, durch die eine Ansteckungsgefahr verringert werden soll.

Kinder sind gut vorbereitet worden

Wie ist die erste Woche abgelaufen? Schulleiter Jan Wachtberg Schmidt zieht eine erste Bilanz.

„Alles in allem lief es ziemlich reibungslos. Am ersten Schultag gab es viele Fragen zu beantworten, aber ich finde, die Kinder verhalten sich sehr ruhig und diszipliniert, und sie sind auch von ihren Eltern sehr gut vorbereitet worden.“

Die Deutsche Schule Sonderburg hat eine neue Schulleiterin. Foto: Sara Wasmund

Die Klassen beginnen zeitlich versetzt und werden auf dem Schulhof von ihren Lehrern abgeholt, Händewaschen und Desinfizieren ist ein fester Bestandteil des Alltags.

Bis auf eine Klasse mit ohnehin viel Raum sind alle Klassen geteilt worden, um den Sicherheitsabstand im Raum zu gewährleisten. So gut wie alle Kinder der Klassen 0 bis 5 sind zum Unterricht erschienen.

Schulleiter Jan Wachtberg Schmidt hat in diesen Wochen doppelt zu tun: Die Planungen für das neue Schuljahr laufen, außerdem muss der außergewöhnliche Schulalltag organisiert werden. Foto: Sara Wasmund

Die Klassen 6 bis 9 werden online unterrichtet. Mirko Poppe ist stellvertretender Schulleiter und Lehrer an der Schule – und hatte am Freitag erneut Videokonferenzen mit seinen Neuntklässlern.

Wie läuft der Fernunterricht? „Jeden Morgen begrüßen wir uns um 8 Uhr online im Chat, damit alle an Bord sind. Um 9 Uhr beginnt dann unsere Videokonferenz. Mit Smalltalk, Austausch, Aufgabenbesprechung und fachlichen Details“, berichtet Poppe.

Die Schüler vermissen ihre Schule

Wie sehr die Schüler ihre Schule und Lehrer vermissen, zeigte sich am Freitag einmal mehr. „Die Schüler haben mich gebeten, mit der Laptop-Kamera durch die Schule zu gehen, sodass sie sie mal wieder sehen konnten“, erzählt der Lehrer.

Die Schüler machen insgesamt gut mit, und man kann sogar beobachten, dass die Schüler, die sonst eher nicht so aufmerksam sind, jetzt sehr präsent und fleißig sind.

Mirko Poppe, Lehrer

Im Laufe des Tages steht der Lehrer den Schülern für Fragen zur Verfügung, um 13 Uhr endet der Chat. „Einige Kollegen machen bei Bedarf auch eine zweite Videokonferenz“, berichtet Poppe.

„Die Schüler machen insgesamt gut mit, und man kann sogar beobachten, dass die Schüler, die sonst eher nicht so aufmerksam sind, jetzt sehr präsent und fleißig sind.“

Abschlussprüfungen sind abgesagt

Hausaufgaben und Referate werden von den Lehrern online über das Worddokument korrigiert.

Die Abschlussprüfungen der Neuntklässler wurden landesweit abgesagt. Wie haben die Schüler der DSS darauf reagiert? „Von begeistert, weil man jetzt nicht extra lernen muss, bis enttäuscht, weil man in den vergangenen Jahren alles gegeben hat und sich jetzt noch mal verbessern wollte“, so der Lehrer.

Alle Schüler haben eines gemeinsam: Sie vermissen die Schule. „Das hören wir alle immer wieder, ihnen fehlt der Kontakt zur Schule und ihren Lehrern“, sagt Poppe.

Die Ein- und Ausgänge sind beschriftet und regeln den Strom an Schülern. Foto: Sara Wasmund

Wann die Mittelstufe wieder unterrichtet werden kann, ist derzeit völlig offen. „Wir warten auf weitere Entscheidungen der Regierung, derzeit ist es überhaupt nicht absehbar, wie es weitergeht“, sagt Schulleiter Wachtberg Schmidt.

Für alle Klassen ist mit Abstand kein Platz

„Vom Platz her könnten wir nicht alle Klassen auf einmal unterrichten, wenn wir die Abstandsregeln einhalten sollen. Wir hätten derzeit nach den jetzigen Standards vielleicht noch Platz für ein oder zwei Klassen.“

Dänischunterricht am Strand: Lehrer Mikkel Siebenkäß und Pädagogin Manuela Borsinski mit der 2. Klasse beim Unterricht im Freien Foto: Sara Wasmund

Wie sieht er die gesellschaftspolitische Diskussion zur Öffnung von Grundschulen und Kindergärten? „Ich erlebe eine große Freude bei den Kindern, wieder in die Schule zu dürfen. Und ebenfalls Erleichterung bei den Eltern“, sagt Jan Wachtberg Schmidt.

„Ich habe selbst eine Tochter in der zweiten Klasse, und ich sehe ja, wie sehr sie sich freut, wieder in die Schule zu dürfen. Kinder wollen ihre Freunde sehen und brauchen neue Reize. Von daher ist es gut, dass die Schule wieder läuft.“

„Das ist eine große Herausforderung“

Auf der anderen Seite ist der Alltag herausfordernd. „Unsere Verantwortung ist enorm groß, und es ist nicht einfach, alle Regeln einzuhalten. Wir müssen uns immer wieder bewusst machen, dass die Regeln vor Unterricht gehen“, so Wachtberg Schmidt.

„Das ist eine große Herausforderung, und wir müssen uns immer wieder selbst ermahnen, an alles zu denken. Man muss sich erst mal daran gewöhnen, zu Kollegen zu gehen und zu sagen: Haltet bitte mehr Abstand. Auch zu den Kindern müssen wir das immer wieder sagen.“

Der Schulhof der Deutschen Schule Sonderburg Foto: Sara Wasmund

Einmal in der Woche tauscht er sich mit anderen Schulleitern von deutschen Schulen im Deutschen Schul- und Sprachverein für Nordschlewig  (DSSV) aus.

„Das ist eine große Hilfe, so kann man sich gegenseitig auf dem Laufenden halten. Die Regeln verändern sich ja immer wieder, und es ist gar nicht so einfach, immer auf dem neuesten Stand zu sein. Der DSSV ist da auch eine große Hilfe“, sagt Wachtberg Schmidt.

Auch die Abstimmung mit dem Hausmeister ist eng wie nie zuvor. „Wir machen auch mindestens einmal am Tag eine Konferenz, um die Dinge zu besprechen, das macht man sonst ja auch nicht unbedingt.“

Entlassungsfeier ist noch ungewiss

Was die nächsten Wochen bringen – auch an der DSS heißt es abwarten. „Was wird aus den Entlassungsfeiern Ende Juni? Das weiß im Moment niemand. Im Moment kann man einfach nur Woche für Woche planen – und nebenbei das kommende Schuljahr ganz normal vorbereiten.“

So geht der Alltag an der DSS weiter: zwischen Ausnahmezustand und Aufgaben, Planung und Improvisation, zwischen Desinfektionsmittel, Strandunterricht und „Vorfahrtsregeln“ auf dem Schulflur. Und dem ein oder anderen Sandkorn im Schulheft.


 

Erst die Arbeit, dann das Vergnügen: Der Dänischunterricht ist zu Ende. Zeit für einen kurzen Spurt am Strand, bevor es zurück zur Schule geht. Foto: Sara Wasmund
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