Literatur

Andrea Paluch: „Ich benötige diese Aufmerksamkeit nach wie vor“

Andrea Paluch: „Ich benötige diese Aufmerksamkeit nach wie vor“

Paluch: „Ich benötige diese Aufmerksamkeit nach wie vor“

Flensburg
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Die Familie von Andrea Paluch zog es in das Flensburger Umland. Foto: Karin Riggelsen

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In Dänemark entstand ihr erster gemeinsamer Roman. Nun ist „Hauke Haiens Tod“ von Andrea Paluch und Robert Habeck – Vizekanzler und Bundeswirtschaftsminister – auf Dänisch erschienen. Im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“ erzählt sie, warum das Schreiben zu zweit so besonders ist und gibt einen Einblick in die Dänemark-Verbundenheit ihrer Familie.

In Svendborg auf Fünen entstand ihr erster gemeinsamer Roman. Nun wurde „Hauke Haiens Tod“ ins Dänische übersetzt. Die Dänemark-Liebe von Andrea Paluch und ihrem Ehemann Robert Habeck entbrannte, als es das Paar gemeinsam für einen Erasmus-Aufenthalt von ihrer Studienstadt Freiburg nach Roskilde zog. Die Verbundenheit zu dem Land zwischen den Meeren begleitet das Paar seit jeher.

Andrea, du und dein Mann Robert seid nach eurem Erasmus in Roskilde in Großenwiehe heimisch, und eure Söhne sind Teil der dänischen Minderheit geworden. Was hat euch aufs Land gezogen?

„Das kam ein wenig zufällig. Nach dem Studium war uns klar, dass wir beide als Schriftsteller arbeiten wollen. Daher waren wir also an keinen Ort gebunden, und uns blieb die große Wahl, wohin es gehen soll. Und das kann echt ganz schön schwer sein, wenn man so gar keinen Anhaltspunkt hat. Wir haben dann schließlich ein schönes Haus in Großenwiehe gefunden. 

Obwohl wir ursprünglich eigentlich davon geträumt haben, nach Dänemark zu ziehen. Das hat nur leider nicht geklappt. Wir dachten dann: Okay, das soll nicht sein. Nach dem Umzug haben wir dann gemerkt, dass dort durch die dänische Minderheit auch viel auf Dänisch ist. Das war wie ein Sechser im Lotto – richtig schön.“

Die vier Söhne von Andrea Paluch und Robert Habeck sind als Teil der dänischen Minderheit aufgewachsen. Foto: Karin Riggelsen

Woher kam dieser Traum, nach Dänemark zu ziehen? 

„Angefangen hat unsere Dänemark-Liebe mit einem Erasmus-Studium in Roskilde, wo wir gemeinsam hin sind. „Hauke Haiens Tod“ haben wir Jahre später im Brecht-Haus in Svendborg geschrieben. Für uns ist das noch immer ein mythischer Ort – dort hat alles angefangen. 

Und dabei haben wir uns so in die Gegend verliebt, dass wir uns dachten: Hier bleiben wir. Natürlich ergibt das ökonomisch gesehen kaum Sinn, in Dänemark zu leben und in Deutschland zu arbeiten. Das war uns aber egal – wir wollten das trotzdem machen. Es hat dann allerdings nicht geklappt, und so sind wir in Großenwiehe gelandet und haben dort dank der dänischen Minderheit ja trotzdem einen Bezug zu unserem Sehnsuchtsland gehabt.“

Euer Roman „Hauke Haiens Tod“ erschien im März auf Dänisch. Wie kam es dazu?

„Wir haben in unserer Familie alle dieses Dänemark-Faible, und da habe ich den Verlag gefragt, ob sie nicht jemanden finden könnten, der das Buch auf Dänisch übersetzen möchte, und das ist geglückt.“

Andrea Paluch im Podcast „Mojn Nordschleswig“:




Was macht das Schreiben zu zweit so besonders?

„Zusammen waren wir die Potenz von zwei und nicht nur die Summe. Und außerdem macht es viel mehr Spaß, zu zweit zu arbeiten. Ich bin generell eher ein Teamplayer – rede und lache, habe Spaß und inspiriere und motiviere mich lieber gegenseitig, als einsam und alleine im stillen Kämmerlein zu sitzen. Was auch geht, aber das ist natürlich lange nicht so unterhaltsam. Zu zweit schaukelt man sich gegenseitig hoch und wird immer besser und ist außerdem etwas kritischer. Es ist insgesamt eine ganz andere Art zu arbeiten.“

Und was sind demgegenüber die Vorteile dabei, alleine zu schreiben?

„Ich glaube, die habe ich noch gar nicht gefunden. Am Anfang habe ich gedacht, es ist ganz schön, dass ich jetzt machen kann, was ich will, aber ich glaube, so ein Korrektiv zu haben, ist auch total gut. Freudvoller ist es auf jeden Fall zu zweit.“

Wird es noch einmal ein Projekt von euch beiden geben?

„Ich kann mir das auf jeden Fall vorstellen.“

Inzwischen ist dein Mann der deutsche Wirtschaftsminister und Vizekanzler. Inspiriert dich die Arbeit oder Position deines Mannes vielleicht auch zu einer Buch-Idee?

„Ich beobachte sehr viele Dinge. Und man könnte sicher viele Bücher schreiben, aber momentan reizt mich gar nichts – was insgesamt so vor sich geht, turnt mich eher ab. Aber Roberts Beruf bringt auch einiges Interessantes für mich mit. Ich lerne tolle Leute kennen und bin nun viel in Berlin, und das ist aus kultureller Sicht ein reines Schlaraffenland. Das genieße ich.“

Der im Original 2001 veröffentlichte Roman erschien im März 2024 auf Dänisch. Foto: Karin Riggelsen

Wie entstand die Idee zu „Hauke Haiens Tod“?

„Das Buch (Anmerkung der Redaktion: die deutsche Fassung) ist ja schon etwas älter. Es war unser erstes Roman-Projekt, und wir brauchten damals zunächst einmal einen Ansatzpunkt. Da ich Anglistik studiert habe, kam bald die Idee auf, einen intertextuellen Roman zu schreiben. Das sind Werke, die sich auf einen Klassiker beziehen, den eigentlich alle kennen. Und so etwas gab es zu dem Zeitpunkt in Deutschland fast nicht. Wir haben uns also die alten Klassiker hervorgenommen und sind beim Schimmelreiter hängengeblieben. Hier werden ganz viele Sachen anerzählt und nicht zu Ende geführt. Es gibt also ganz viele lose Enden, die uns gereizt haben. Insbesondere eine Handlung ist uns ein Rätsel geblieben, das wir unbedingt lösen wollten.“

Und welches Rätsel ist das?

„Im Schimmelreiter nimmt die Mutter das Kind mit in eine lebensgefährliche Situation. Dabei kommen die beiden letztlich ums Leben. Und als junge Eltern fanden wir das sehr eigenartig. Man setzt sein Kind doch nicht solcher Gefahr aus. Was kann so dringend sein? 

In unserem Buch lässt die Mutter das Kind zu Hause. So überlebt es und kommt als junge Frau zurück an den betreffenden Ort und will herausfinden, was passiert ist, wer sie ist, wer ihre Eltern sind.“

Neben den positiven Kritiken gab es zu Anfang auch andere Stimmen zu dem Buch. Was war da los?

„Die Storm-Gesellschaft Nordfriesland empfand unser Buch als ein Sakrileg; unmöglich. Das hat uns total überrascht – unser Spiel mit dem Original war natürlich als Wertschätzung gemeint; wir verehren Storm.“

Den deutschen Roman „Hauke Haiens Tod“ schrieb das Schriftstellerpaar in Svendborg. Foto: Karin Riggelsen

Als dein Ehemann in der Politik aufstieg, mangelte es nicht an Aufmerksamkeit in eure Richtung. Hast du genug davon?

„Als wir Schriftsteller waren, brauchten wir die Öffentlichkeit. Da waren wir froh über jeden Bericht, jedes Interview. Und mittlerweile … Ich benötige diese Aufmerksamkeit nach wie vor. Ich bekomme sie allerdings nur selten für meinen Beruf, sondern meistens für meinen ehemaligen Schreibkollegen. Und da muss ich halt immer eine Gratwanderung suchen und mich gleichzeitig verstecken.“

Wie sieht diese Gratwanderung aus?

„Ich mag die sozialen Medien sowieso nicht, deswegen fällt es mir nicht schwer, dort nicht zu sein. Aber ein weiterer Grund ist, dass ich versuche, mich so unsichtbar wie möglich zu machen und trotzdem so viel Aufmerksamkeit zu bekommen, wie ich brauche.“

Wie gehst du mit der vielen Aufmerksamkeit für deinen Mann um?

„Ich habe gemerkt, dass dieses Zeitunglesen mir Energie raubt. Und ich habe mich dann dazu entschieden, einfach nichts wahrzunehmen von dem Ganzen. Alles, was medial mit Robert zu tun hat, nehme ich nicht wahr, und das ist gut für mich.“

Was ist deine größte Angst?

„Es ist schon die Zukunftsangst. Ich kann mir schlimme Szenarien vorstellen – aber das will ich nicht. Es gibt einen wissenschaftlichen Zweig, der heißt Zukunftsforschung, und da heißt es, dass die Zukunft so wird, wie man sie sich vorstellt, und deshalb stell’ ich mir sie eben nicht so vor. Ich denke, dass eigentlich alles Wissen da und alle Technik vorhanden ist, um ein paradiesisches Leben für alle zu ermöglichen, und so stelle ich mir das vor.“

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