Regenerative Energiegewinnung

Energiepark Pattburg: Interesse mischte sich mit Skepsis

Energiepark Pattburg: Interesse mischte sich mit Skepsis

Energiepark Pattburg: Interesse mischte sich mit Skepsis

Krusau/Kruså
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Rund 300 Bürgerinnen und Bürger ließen sich in der Krusauer Grenzhalle über das Großprojekt „Energipark Padborg“ informieren. Foto: kjt

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Viele wollten sich bei einer Inforveranstaltung in Krusau über das große regenerative Energieprojekt „Padborg Energipark“ unter Federführung des Unternehmens „European Energy“ informieren. Mit skeptischen Stimmen zu den geplanten Solar- und Windkraftarealen hielten die Teilnehmende nicht hinter dem Berg.

Die rund 300 Teilnehmenden konnten sich Dienstagabend in der Krusauer Grenzhalle erst einmal Kaffee, Getränke und Sandwiches schmecken lassen. Kurz darauf waren Repräsentantinnen und Repräsentanten des Unternehmens „European Energy“ bemüht, den Gästen der Informationsveranstaltung den Energiepark Pattburg (Padborg Energipark) schmackhaft zu machen.

Verlockend

Die lukrativen Zahlen zum Milliarden-Projekt: 60 Millionen Kronen kommen zur Ausschüttung an die Ortschaften in den kommunalen grünen Topf (grøn ordning), und hierzu gibt es in den kommenden 30 Jahren zusätzlich eine Million Kronen pro Jahr obendrauf.

Anrainerinnen und Anrainer sowie andere Bürgerinnen und Bürger der Kommune haben Vorkaufsrecht für 50 Prozent der Energiepark-Anteile – 100 Anteile sind einem Einzugsgebiet von 5,5 Kilometern vorbehalten, 50 weitere können von anderen gekauft werden.

Schulterblick bei der Infoveranstaltung in Krusau Foto: kjt

Vor der Mitteltribüne der Halle wurden etliche andere Fakten zum Großprojekt aufgetischt, das aus zwei Fotovoltaikflächen bei Westerbek (Vesterbæk) und Böhlau (Bølå), zum Teil mit Windkraft, und aus einer PtX-Anlage zur Produktion von grünem Kraftstoff bei Pattburg (Padborg) besteht. 

Staatlich gefördert

Die PtX-Anlage ist Teil staatlich priorisierter Energieprojekte, und „European Energy“ hat zusammen mit der bereits bestehenden Zweitanlage in Kassö (Kassø) eine Milliarde Kronen von einer Gesamtfördersumme von 1,25 Milliarden Kronen zugesprochen bekommen. 

Die Kommune Apenrade erhofft sich bei der grünen Umstellung und der Produktion von alternativen Kraftstoffen eine Vorreiterrolle einzunehmen und ein Aushängeschild zu werden. 

Dafür müssen die Kommunalpolitiker, die nahezu geschlossen bei der Infoveranstaltung anwesend waren, entscheiden, ob die Teilprojekte von European Energy sowie andere Fotovoltaik- und Windkraftgebiete das Okay bekommen. 

Zwei zentrale Gebiete

Beim Energiepark Pattburg sind rund 400 Hektar Solarfläche östlich der Eggebeker Plantage vom Padborg Park am Tøndervej bis kurz hinter Rothenbek (Rødebæk) angedacht. Ein ebenso großes Solargebiet soll in Behlau (Bølå) entstehen, wo zudem 14 neue Windkraftanlagen vorgesehen sind, die sieben bestehende ablösen sollen. 

Eine Mitarbeiterin von „European Energy" erläuterte den Betrieb der PtX-Anlage, die bei Pattburg liegen soll. Foto: kjt

Um die Strommenge von 1.000 MW für die PtX-Anlage liefern zu können, die laut Entwurf auf 60 Hektar Fläche nördlich vom Pattburger Transportcenter angesiedelt wird und etwa dreimal so groß wie die Anlage in Kassö ist, würde „European Energy“ auch im Eggebeker Abschnitt gerne Windräder aufstellen.  Das ist aber noch Zukunftsmusik und nicht Teil des aktuellen Projekts, wie bei der Infoveranstaltung deutlich gemacht wurde.

Bei der Errichtung der Solaranlagen sollen gemäß Vorgaben der Kommune natürlicher Sichtschutz und Naturflächen für Mensch und Tier geschaffen werden. 

Bei der Produktion von jährlich mehreren Millionen Tonnen des grünen Kraftstoffs Ethanol wird die dabei entstehende Wärme ins Fernwärmenetz eingespeist. Laut des Unternehmens können 11.000 Haushalte versorgt werden.

An Infoständen konnten die Teilnehmenden zusätzliche Informationen einholen und Fragen stellen. Foto: kjt
Bei so manchem Gast bestand Gesprächsbedarf. Foto: kjt

Neue Arbeitsplätze und Synergie 

Etwa 50 Arbeitsplätze werden laut „European Energy“ mit dem Energiepark geschaffen. Es gibt zudem viel Synergie bei der Kooperation mit dem Pattburg Transport- und Gewerbegebiet, und man werde bemüht sein, einen konstruktiven Dialog mit Anrainerinnen und Anrainern zu führen, die Beeinträchtigungen und einen Wertverlust ihrer Immobilie fürchten, so die Pro-Argumente der Vertreterinnen und Vertreter des Unternehmens.

So weit, so gut. 

Skepsis bei den Zuhörenden konnte der Werbevorstoß, wenn überhaupt, nur bedingt ausräumen. 

Zum Abschluss des Infotreffens konnten Fragen gestellt und Anmerkungen gemacht werden. Das wurde genutzt. 

Ortsgemeinschaften im Blick haben

Peder M. Jensen vom Bürgerverein im Raum Kollund und Mitglied des Landdistriktausschusses der Kommune nahm die Projektmacherinnen und -macher in die Pflicht: Er mahnte dazu, die Ortsgemeinschaften sowie Anrainerinnen und Anrainer noch mehr als angekündigt einzubeziehen und vom Vorhaben profitieren zu lassen.

Lokalmatador Peder Jensen (Mitte) vom Kollunder Bürgerverein und Mitglied des Landdistriktausschusses forderte „European Energy" dazu auf, die Ortsgemeinschaften und Nachbarinnen und Nachbarn im Blick zu haben. Foto: kjt

Heinrich Lüllau aus Bülderup (Bylderup) merkte an, dass die in Aussicht gestellten Gelder für die Ortsgemeinschaften – gemessen am Gesamtvolumen des Mega-Projekts – bei unter einem Prozent liegt und damit schwindend gering sei. Hier sollte nachgebessert werden, so seine Botschaft.

Paul Werner Dall, ebenfalls aus dem westlichen Gebiet der Kommune stammend, warf eine 100-prozentige Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in den Raum. Die Repräsentanten ließen den Ansatz im selbigen stehen.

Geplagtes Böhlau

Besorgnis kam von Bürgerinnen und Bürgern aus der Gegend von Böhlau, die seit Jahren nicht nur mit Windrädern auf dänischer, sondern auch auf deutscher Seite kämpfen. 

Wenn neben den dort geplanten Solarfelder auch noch neue Windräder aufgestellt werden, gehe die Lebensqualität gen Null, so ein Böhlauer. Entschädigungs- und Ausgleichszahlungen für den Wertverlust der Immobilien können da kaum reichen. 

Mit solchen zusätzlichen Energieanlagen sind die Häuser gar nicht mehr verkäuflich, warf Gertrud Buch aus Jündewatt (Jyndevad) ein. Obwohl sie vier Kilometer von Böhlau entfernt wohnt, seien Geräusche von den Windrädern permanent zu vernehmen.

Einziger Ausweg aus der Misere scheint zu sein, dass die Hausbesitzer im Umkreis der Anlagen einen Marktwert ohne Abzüge für ihre Immobilie erhalten, was seitens des Unternehmens nicht von der Hand gewiesen wurde. Man werde mit Betroffenen Gespräche führen und nach einer Lösung suchen, so die Rückmeldung.

Woher das Wasser nehmen

In Anlehnung an die vielen Daten und Fakten mimte Olaf Schmidt Meyer aus Renz (Rens) den Spielverderber. Man könne das alles vergessen. Es werde daraus nichts, da die Wassermenge, die die PtX-Anlage für die Umwandlung in Kraftstoff benötigt, gewaltig sei. 

Die verkündete Jahresmenge, die zum großen Teil aus Ab- und Oberflächenwasser bestehen soll,  „entspricht 34 Kubikmeter Wasser in der Stunde. Wo soll das alles herkommen? Landwirte versuchen schon seit Jahren vergeblich, die Genehmigung fürs Bewässern zu bekommen, und manche können nicht einmal eine kleine Beregnungsanlage nutzen. Da scheint es ein Ungleichgewicht zu geben“, so der Renzer mit einem schlemischen Unterton.

Auch mit dieser harten Nuss müssen sich die Kommunalpolitikerinnen und -politiker im Entscheidungsprozess auseinandersetzen.

Projektentwurf zum Solarfeld entlang des Tøndervej Foto: „European Energy"/Broschüre
Projektentwurf zum Areal in Böhlau Foto: „European Energy"/Broschüre
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