Herbsttreffen

Die SP diskutiert ihre Zukunft: Zwischen Status quo und Emanzipation

Die SP diskutiert ihre Zukunft: Zwischen Status quo und Emanzipation

Die Zukunft der SP: Zwischen Status quo und Emanzipation

Knivsberg /Knivsbjerg  
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Zahlreiche SP-Mitglieder waren gekommen, um sich an der Diskussion zu beteiligen. Foto: Karin Riggelsen

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Bei ihrem Herbsttreffen hat die Schleswigsche Partei kontrovers über ihre Zukunft und ihre Verflechtung mit dem Bund Deutscher Nordschleswiger diskutiert. Bis zum kommenden Frühjahr soll eine Entscheidung getroffen werden, ob man mehr Eigenständigkeit anstreben möchte.

„Es ist immer wieder schön, hier auf dem Berg zu sein“, sagt Lasse Tästensen. Der ehemalige Leiter des Deutschen Jugendverbandes für Nordschleswig (DJN) ist an diesem Donnerstagabend im Theatersaal der Bildungsstätte Knivsberg zum Moderator auserkoren. Zum Moderator für eine Diskussion, bei der es um nichts Geringeres als die Zukunft der Schleswigschen Partei geht.

Nachdem die Mitglieder wenige Minuten zuvor bei ihrer außerordentlichen Hauptversammlung Rainer Naujeck zu ihrem Vorsitzenden und Christian Andresen sowie Arno Köpfli zu dessen Stellvertretern gewählt haben, stehen nun beim Herbsttreffen drei Modelle über die Koppelung der Schleswigschen Partei und des Bundes Deutscher Nordschleswiger zur Diskussion.

Ergebnisse der AG Zukunft

Ausgangspunkt sind die erarbeiteten Ergebnisse der AG Zukunft, auf dessen Grundlage der Bund Deutscher Nordschleswiger (BDN) aktuell über eine Neustrukturierung der BDN-Mitgliedschaft diskutiert. Während eine sogenannte „Zwangsmitgliedschaft“ für unter anderem alle Nutzerinnen und Nutzer von deutschen Kindergärten und Schulen in Nordschleswig aus rechtlichen Gründen vom Tisch ist, steht die Möglichkeit, dass Mitglieder in deutschen Vereinen gleichzeitig zu BDN-Mitgliedern werden und eine Mitgliedschaft aktiv abgewählt werden muss, weiter zur Diskussion.

Rainer Naujeck (links) wurde vor der Diskussion zum Vorsitzenden gewählt. Foto: Karin Riggelsen

Der Knackpunkt an der Sache: Bislang ist die Schleswigsche Partei kein eigenständiger Parteiverein, sondern dem BDN eingegliedert, was bedeutet, dass alle BDN-Mitglieder automatisch auch der Schleswigschen Partei zugehörig sind. In einer vom BDN erstellten Diskussionsvorlage, heißt es mit Blick auf eine mögliche Basismitgliedschaft: „Eine eigenständige SP-Mitgliedschaft würde die Vorgehensweise erleichtern.“

Die drei Modelle

Daraus folgend stehen an diesem Donnerstagabend drei Zukunftsmodelle für die anwesenden SP-Mitglieder zur Diskussion:

Modell 1: Der Status quo bleibt erhalten. Die Schleswigsche Partei bleibt organisatorisch Teil des Verbandes BDN, wodurch die jetzige Organisation der Partei – strukturell und personell – sowie die Finanzierung wie bisher bestehen bleibt.

Modell 2: Die SP verbleibt organisatorisch Teil des Verbandes BDN, aber mit getrennten Mitgliedschaften. Dabei bleibt die Organisation der SP wie unter Modell 1 bestehen, allerdings müssten Formen für die Mitgliedschaft bei BDN und SP, die jetzt noch miteinander verknüpft sind, aufgestellt werden, sodass formal zwei Mitgliedschaften und zwei Mitgliederverzeichnisse entstehen.

Modell 3: Die SP organisiert sich als eigenständiger Verband unter der Dachorganisation des BDN. Damit bekommt die SP eine Organisationsform entsprechend aller anderen Verbände der deutschen Minderheit unter dem Dach des BDN und wäre mit anderen Verbänden gleichgestellt. Das bedeutet, die SP bekommt eine eigene Satzung, einen eigenen Haushaltsposten, eine eigene Abteilungsleitung und kann eigene Mitglieder aufnehmen.

Totschlagargument Finanzierung

Bevor die Diskussion beginnt, bittet Lasse Tästensen darum, auf das Totschlagargument der Finanzierungsfrage zu verzichten. Diese sei natürlich wichtig, allerdings behindere sie einen freien Austausch über das Thema, so der Moderator.

Im Anschluss entwickelt sich eine kontrovers geführte Diskussion.

Auch von den Jungen SPitzen waren Vertreterinnen vor Ort. Foto: Karin Riggelsen

Aus Sicht von Kurt Andresen gehören BDN und SP unweigerlich zusammen. Er stellt in Zweifel, dass eine Trennung von beidem dazu führen würde, dass der BDN „den erhofften Zustrom an Mitgliedern bekommt“. Es müsse klarer getrennt sein, welche politischen Aufgaben der BDN und welche die SP wahrnehmen, da dies bisher nicht immer klar getrennt gewesen sei, so Andresen.

Auch Nis-Edwin List-Petersen hält das dritte Modell für eine fragwürdige Option. „Ich würde eine Entflechtung nicht machen, ohne dass es dafür schwerwiegende Gründe gibt“, sagt er und berichtet von früheren Diskussionen zum selben Thema, die der SP aus seiner Sicht nur geschadet hätten. „Ich sehe nicht, welchen Vorteil Modell 3 für die Schleswigsche Partei haben sollte“, so List-Petersen, der Tästensens Bitte zum Trotz anmerkt, dass er bezweifle, dass die Bundesregierung eine Partei im Ausland finanziere.

Auch der neue stellvertretende Vorsitzende der Partei, Arno Knöpfli, kündigt an, sich für Modell 1 und damit das Beibehalten des Status quo einsetzen zu wollen. „In unserem Richtlinienprogramm steht klar und deutlich, dass wir Teil der deutschen Minderheit sind, und es eine der obersten Aufgaben der SP ist, die Belange der deutschen Minderheit politisch zu vertreten. So steht es heute in den Richtlinien und deshalb stehen wir auch dazu.“

Toft kritisiert BDN-Vorgehen

Gösta Toft wundert sich, dass diese Diskussion bei der SP überhaupt geführt wird. „Der BDN musste seine vorgeschlagene Zwangsmitgliedschaft verwerfen und jetzt sollen wir als SP ein anderes Modell finden. Das ist ein bisschen schwer verständlich. Aus meiner Sicht ist das eine Mogelpackung. Der BDN schiebt es zur SP und dann sollen wir das lösen“, so Toft, der sich eine größere Unabhängigkeit und eine eigene Mitgliedschaft der SP wünscht. „Ich habe nie verstanden, warum man, wenn man sich für ein Theaterabo in Flensburg interessiert, auch Anteilseigner einer Partei sein muss“.

Eine Ansicht, die unter anderem auch von Justus Jessen geteilt wird, der sich durch mehr Eigenständigkeit mehr Akzeptanz bei den Wählerinnen und Wählern aus der Mehrheitsbevölkerung erhofft. Jessen bringt zudem auch noch die Generationenfrage mit ein. „Ich bin immer nervös, wenn ich sehe, dass der Großteil der Delegierten hier über 60 ist. Wir brauchen die Ideen der zweiten Generation, wir müssen die Jüngeren fragen, was sie gerne hätten“, so Jessen.

Arno Knöpfli kündigte an, sich für Modell 1 einsetzen zu wollen. Foto: Karin Riggelsen

SP-Vorsitzender Rainer Naujeck pflichtet Jessen bei und fordert die Jungen Spitzen, von denen zwei Vertreterinnen vor Ort sind, dazu auf, das Thema intern ebenfalls zu diskutieren.

Gerhard Mammen spricht sich wie viele andere ebenfalls dafür aus, an Modell 1 festzuhalten. „Wir können Wahlen gewinnen mit dem jetzigen Modell, also warum sollten wir etwas ändern“, fragt Mammen.

Nach knapp zwei Stunden Diskussion mit Argumenten für alle Seiten beendet Lasse Tästensen trotz weiterer zahlreicher Meldung die Diskussion.

Parteisekretärin ist zufrieden

Ruth Candussi, die Parteisekretärin der SP, freut sich über den Verlauf der Veranstaltung: „Ich bin sehr zufrieden. Viele sind gekommen und haben sich an der Diskussion beteiligt. Das ist das, was wir uns erhofft hatten“, so Candussi.

Sie zieht ein Fazit des Abends: „Am Ende des Tages war es doch ein Bekenntnis zum BDN und zur Minderheit. Es hat sich gezeigt, dass wir uns nicht vom BDN und der Minderheit wegbewegen. Aber es hat sich auch gezeigt, dass wir noch einiges verbessern müssen. Sowohl der BDN als auch die SP sind politisch. Es muss besser abgesprochen sein, wer etwas wann macht. Wir müssen unsere Dialog- und Kommunikationsstrukturen überprüfen und verbessern und daran arbeiten, unser Profil zu schärfen, damit Außenstehende klar wissen, wer was macht“ so die Parteisekretärin.

Bis zum 17. April 2024 hat die Schleswigsche Partei nun noch Zeit, über das Thema und die Modelle weiter zu diskutieren. Dann will sie bei einer Hauptversammlung zu einem Ergebnis kommen, das der BDN-Delegiertenversammlung, die die endgültige Entscheidung trifft, empfohlen wird.

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