Ihre Geschichte ging um die Welt: Selbst die Corona-Pandemie und eine geschlossene Grenze hielten Karsten Tüchsen Hansen (90) aus Nordfriesland und Inga Rasmussen (86) aus Gallehuus in Süddänemark nicht davon ab, einander täglich zu treffen.

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März 2020: Just im 100. Jahr der deutsch-dänischen Grenzziehung werden die Übergänge auf beiden Seiten geschlossen, um die wachsende Corona-Übertragung einzugrenzen. Erst stellt Dänemark Barrikaden auf, dann zieht auch Deutschland nach.

Liebe findet einen Weg

Wer keinen triftigen Grund hat, darf nicht ins Nachbarland einreisen. Besuche werden verboten, deutsch-dänische Familien und Liebende getrennt – auch Inga Rasmussen und Karsten Tüchsen Hansen. Aber die beiden Senioren finden einen Weg, einander trotzdem zu sehen.

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„Wir sitzen am Grenzübergang am Aventoft, jeden Tag, bei Wind und Wetter, sie auf der dänischen Seite, ich auf der deutschen“: Als Karsten Tüchsen Hansen das der sh:z-Reporterin am Telefon erzählt, traut sie ihren Ohren kaum. Doch es stimmt. Ein hochbetagtes Liebespaar kann und will allen Corona-Restriktionen zum Trotz nicht darauf verzichten, Zeit miteinander zu verbringen.

Klappstuhl trifft Kaffeepunsch

Täglich um 15 Uhr kommen beide auf ihrer Seite der geschlossenen Grenze angefahren – Inga Rasmussen in Dänemark mit ihrem Auto, Karsten Tüchsen Hansen mit dem Fahrrad oder mit einem überdachten Elektroscooter.

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Inga (im Grenzland und in Dänemark ist das Du an der Tagesordnung) holt erst zwei Stühle aus Kofferraum, dann eine Thermoskanne und zwei Becher. Karsten nimmt Klappstuhl auf seiner Seite der Barrikade entgegen. Dann heißt es: hinsetzen, schnacken und Kaffeepunsch mit Köm trinken.

Küssen über die Grenzblockade läuft aber corona-bedingt nicht: „Wegen der Ansteckungsgefahr“, sagt Karsten Tüchsen Hansen.

Eine ganz eigene Corona-Geschichte

Ob mit Küsschen oder ohne: Die beiden schreiben auf ihre Art Corona-Geschichte. Nachdem shz.de darüber berichtet, greifen viele andere Medien die Geschichte auf, von Tagesschau.de bis New York Times. Sogar russische Journalisten hätten sie an ihrem Grenzposten für die Liebe besucht, berichtet Karsten Tüchsen Hansen.

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Auch Thomas Gottschalk outete sich bereits als Fan der Grenzland-Liebe. „Karsten, du bist ein guter Typ. Du bist jetzt mein neues Idol“, sagt das Moderatoren-Urgestein in der TV-Show „2020: Gottschalk holt's nach“, in der nicht nur die Geschichte von Karsten und Inga erzählt, sondern ihnen auch ein Gala-Dinner von Starkoch Johann Lafer kredenzt wurde.

Nach acht Wochen endlich Lockerungen

Zurück zum geschlossenen Grenzübergang: Acht Wochen treffen sie sich dort täglich – dann kommen endlich Lockerungen. Lebenspartner dürfen einander wieder besuchen. Und das sind Karsten Hansen und Inga Rasmussen, auch wenn sie nach wie vor jeder ihre eigene Wohnung haben.

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Kennengelernt haben sich die beiden übrigens ganz zufällig beim Einkaufen in Süderlügum auf einem Supermarkt-Parkplatz. Wie beginnen große Lieben? Mit Musik und tiefen Blicken? Mit zärtlichen Worten? Im Fall dieses Paares war es etwas anderes: ein lauter Fluch.

Zufällig einen Blumenstrauß im Auto

„Ich hörte plötzlich ein lautes ,Sch****‘ hinter mir, und zwar auf Deutsch“, berichtet der Hansen, der in Aventoft aufgewachsen ist und inzwischen in Süderlügum lebt. Die beiden kamen ins Gespräch, stellten Gemeinsamkeiten fest. Inga spricht hervorragend Deutsch, war in Dänemark auf einer deutschen Schule, und auch Karsten Tüchsen Hansen beherrscht Deutsch und Dänisch.

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Der Zufall wollte es zudem, dass Hansen laut eigener Aussage damals einen Blumenstrauß im Auto hatte – eigentlich für ein Rendezvous mit einer anderen Dame. Jedoch: Nordfriesen gelten nicht umsonst als pragmatisch, Karsten Tüchsen Hansen nutzte lieber den Moment und überreichte die Blumen spontan an Inga Rasmussen.

Worauf warten?

„Ich habe gesagt: Worauf sollen wir warten?“, erzählt der 90-Jährige. Beide seien zu dem Zeitpunkt bereits seit mehreren Jahren verwitwet gewesen.

„Wir haben viel erlebt“, sagt Karsten Tüchsen Hansen im Rückblick. Er sieht seine Inga weiterhin täglich. „Ich bin so froh, dass wir uns haben“, fügt er an und wird ungewohnt ernst. Zwei Jahre Corona-Pandemie mit Restriktionen, Kontaktbeschränkungen und weniger Begegnungsmöglichkeiten – das bedeute vor für allem viele ältere Menschen Einsamkeit, gibt er zu bedenken.

Trotzdem oder gerade deshalb bleibt der Wahlspruch des 90-Jährigen: „Genieße das Leben ständig, denn du bist länger tot als lebendig.“ Und die besondere Liebesgeschichte von Inga Rasmussen und Karsten Tüchsen Hansen hat nicht nur offenbar auch in Krisenzeit und über scheinbar unüberwindbare Grenzen hinweg Bestand, sondern berührt auch nach wie vor Menschen weit über die Grenzregion hinaus.