Klimawandel

CO2-Pipelines durch Deutschland – eine führt nach Schleswig-Holstein

CO2-Pipelines durch Deutschland – eine führt nach Schleswig-Holstein

CO2-Pipeline nach Schleswig-Holstein

Henning Baethge/shz
Kiel
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Auch in Schleswig-Holstein soll eine CO2-Pipelien verlegt werden. Foto: IMAGO/Dorit Kerlekin

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Gasfernleitungsbetreiber OGE will einen Milliardenbetrag für den Bau eines Kohlendioxid-Netzes investieren – und auch einen Strang nach Schleswig-Holstein legen. Warum Landesumweltminister Tobias Goldschmidt das begrüßt.

Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck will klimaschädliche Kohlendioxid-Abgase der Industrie künftig auffangen und weiterverwenden oder unterirdisch speichern lassen – und die dazu nötigen CO2-Transportleitungen plant schon jetzt der private Gasnetzbetreiber Open Grid Europe, kurz OGE. Das Essener Unternehmen will zunächst ein „Startnetz“ von fast tausend Kilometern Pipelines zum Durchleiten von abgeschiedenem CO2 bauen. Später soll ein gut doppelt so langes Ausbaunetz hinzukommen. Ein Strang soll dann auch ins schleswig-holsteinische Brunsbüttel führen.

Mit den Pipelines will OGE die industriellen Verursacher von CO2 wie etwa Zementwerke mit potenziellen Abnehmern wie etwa Chemiefabriken verbinden, die das Gas brauchen und verwerten können. Zudem sollen die Leitungen zu Standorten künftiger CO2-Exportterminals wie etwa Wilhelmshaven führen. Von dort könnte abgeschiedenes CO2 über eine gesonderte Pipeline nach Norwegen zur Verpressung unter der dortigen Nordsee geleitet werden. Das jedenfalls will Habeck künftig erlauben. Allerdings bremst seine grüne Parteifreundin und Umweltministerin Steffi Lemke ihn dabei noch.

Während OGE die Gasleitung zum neuen schwimmenden Flüssiggas-Terminal in Wilhelmshaven bereits gebaut hat, stehen die Pläne für die CO2-Pipelines durch Deutschland noch am Anfang. „Wir befinden uns derzeit kurz vor dem Abschluss einer internen Machbarkeitsstudie“, sagt ein Firmensprecher gegenüber shz.de auf. Auch wolle man warten, bis Minister Habeck seine angekündigte Strategie zum Speichern von abgeschiedenem Kohlendioxid, kurz CCS, und zum Wiederverwenden, kurz CCU, vorgelegt hat.

Das Startnetz kostet mindestens zwei Milliarden

Bei einer positiven Entscheidung zum Bau der Pipelines könnten „erste Teile frühestens 2028 in Betrieb gehen“, erklärt der Sprecher. Die Kosten für das Startnetz beziffert er auf „mindestens zwei Milliarden Euro“. Fast 19 Millionen Tonnen CO2 soll es jährlich transportieren können – rund 2,5 Prozent von Deutschlands jährlichem Ausstoß.

In Schleswig-Holstein begrüßt Energieminister Tobias Goldschmidt die Pläne. „Neue Ideen auf dem Weg hin zu null Emissionen sind hier im Norden immer willkommen“, sagt er. Die vom Bund bis 2045 angestrebte Klimaneutralität sei nur erreichbar, wenn CO2-Abgase „auf das unvermeidliche Maß reduziert“ würden und „verbleibende Mengen in eine CO2-Kreislaufwirtschaft kommen“, sagt Goldschmidt. Dafür seien „die Pipelines wichtig“.

Minister Goldschmidt begrüßt Pläne für Brunsbüttel

Auch die geplante Anbindung von Brunsbüttel sei sinnvoll: „Im dortigen Industriegebiet, dem Chemcoast Park, sind viele Unternehmen der Chemie- und Energiewirtschaft, die sowohl CO2 abscheiden und ins Netz einspeisen könnten als auch CO2 für ihre Prozesse benötigen und abnehmen könnten.“

Der Chef der Brunsbütteler Häfen und Sprecher der Werkleiterrunde des Chemcoast Parks, Frank Schnabel, will zudem auch aus Brunsbüttel CO2 ins Ausland befördern. „Grundsätzlich halte ich eine Pipeline nach Brunsbüttel für eine sinnvolle Option, um CO2 über unsere Häfen zur Speicherung oder Weiterverarbeitung zu exportieren“, sagt er.

Umweltschützer üben Kritik an den Pipeline-Plänen

Dagegen üben Umweltschützer deutliche Kritik an den Pipeline-Plänen. „Ich halte davon gar nichts“, wettert Reinhard Knof, Sprecher der schleswig-holsteinischen Bürgerinitiative gegen CO2-Endlager. Er argwöhnt, dass der Bau der Pipelines zu Häfen wie Brunsbüttel oder Wilhelmshaven vor allem dem Aufbau einer fossilen, „blauen“ Wasserstoffwirtschaft in Deutschland dienen soll.

Dabei würde verflüssigtes Erdgas, kurz LNG, das über die neuen LNG-Terminals in den Häfen angelandet wird, in Wasserstoff umgewandelt – und das dabei entstehende CO2 über die Pipelines abtransportiert. „Es geht in Wirklichkeit um eine langfristige Zementierung fossiler Energieträger als Grundlage unserer Industrie und Energieversorgung“, kritisiert Knof.

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