Handball

Holger Glandorf und Boy Meesenburg, wie geht‘s der SG Flensburg-Handewitt?

Wie geht‘s der SG Flensburg-Handewitt?

Wie geht‘s der SG Flensburg-Handewitt?

Jannik Schappert
Flensburg
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Geschäftsführer Holger Glandorf (li.) und der Beiratsvorsitzende Boy Meesenburg von der SG Flensburg-Handewitt. Foto: Michael Staudt

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Im Interview erklären der Beiratsvorsitzende Boy Meesenburg und Geschäftsführer Holger Glandorf die Neuausrichtung des Handball-Bundesligisten. Sie ordnen die Personalien Maik Machulla und Lars Christiansen ein und beantworten die Frage: Woher kommt die finanzielle Power der SG Flensburg-Handewitt?

Mit etwas Abstand zum Saisonende beziehen Boy Meesenburg, Beiratsvorsitzender des Handball-Bundesligisten SG Flensburg-Handewitt, und Geschäftsführer Holger Glandorf Stellung zu den Unruhen im Verein und zum Kurs der Zukunft.

Hinter der SG Flensburg-Handewitt liegen ungewöhnlich turbulente Monate. Disharmonie drang nach außen. Wie bewerten Sie das mit etwas Abstand zum Saisonende?

Boy Meesenburg: Einiges wurde höher gekocht, als es war. Wir hätten uns gewünscht, dass manches, das gesagt wurde, ohne die Folgen zu bedenken, nicht gesagt worden wäre. Aber niemand hatte das Ziel, dem Verein zu schaden.

Hat die Unruhe der SG nachhaltig geschadet?

Meesenburg: Das denke ich nicht. Die Sommerpause wird uns gut tun, damit sich jeder wieder auf das besinnt, was wirklich wichtig ist: die SG. Die eigentliche Unruhe im Verein entstand ohnehin durch die sportlichen Darbietungen, die vom Umfeld und den Medien hinterfragt wurden.

Und von den Verantwortlichen, die im April die Entlassung von Maik Machulla beschlossen haben. Hätte ein Trainerwechsel nach der Saison nicht mehr Sinn ergeben?

Meesenburg: Dass der Trainerwechsel in der aktuellen Saison sportlich nicht mehr viel bewegen würde, war uns klar. Aber wir haben den Neuanfang für notwendig befunden. Nur mit klarer Kante konnten wir diesen Neuanfang offensiv organisieren und mussten die Trainersuche nicht hinter dem Rücken von Maik Machulla beginnen. Daher fanden wir den Zeitpunkt richtig.

In der Handball-Szene wurde die Entscheidung kritisch gesehen.

Meesenburg: Unterschiedliche Sichtweisen gehören dazu. Uns wurde ja vorgeworfen, dass es Maik gegenüber unfair abgelaufen ist. Das finde ich schade. Wir haben ihm die Hintergründe intern dargelegt und denken, dass wir in der Personalie alles richtig gemacht haben. Die SG hat Maik viel zu verdanken.

Auch die Tatsache, dass Ljubomir Vranjes und nicht Lars Christiansen Sportlicher Leiter wird, verursachte Nebengeräusche.

Holger Glandorf: Es gab einen normalen Auswahlprozess. Wir haben diese Position geschaffen, weil wir gesehen haben, dass wir uns breiter aufstellen müssen. Es wurde eine Stellenbeschreibung erstellt, verschiedene Kandidaten haben sich und ihre Ideen präsentiert. Das hat Ljubomir Vranjes am besten gemacht, seine Vorstellungen passen zu unseren. Ich kann aber nachvollziehen, dass Lars persönlich enttäuscht ist.

Dass er den Job nicht bekommt, erfuhr Lars Christiansen über Dritte. Wie konnte das passieren?

Glandorf: In diesem Fall gab es einen bestimmten Ablauf in den Gesprächen mit den beteiligten Personen. Erst wurde der Wunschkandidat informiert, dann der neue Trainer, dann Lars. Dass er es vor unserem persönlichen Gespräch erfahren hat, war auch für mich überraschend.

Meesenburg: So wie es gelaufen ist, hat es mich sehr betroffen gemacht. So wie Lars das empfunden hat, möchten wir das nicht. Wir wissen alle, was er für die SG geleistet hat. Dass er allerdings direkt den Weg in die Öffentlichkeit gewählt hat, finden wir ebenfalls unglücklich. Ich möchte noch einmal klarstellen, dass wir Lars nicht vom Hof gejagt haben. Er hatte einen auslaufenden Vertrag. Natürlich hatte er den Wunsch, langfristig hier zu arbeiten. Seine Arbeit haben wir auch sehr geschätzt. Doch wir wollten uns für andere Perspektiven öffnen.

Was für Perspektiven?

Meesenburg: Wir wollen nicht nur dänische Spieler, sondern eine nordeuropäisch geprägte Mannschaft. Wir wollen auch wieder junge deutsche Handballer integrieren oder mal einen Spieler einer Nationalität, die es bei der SG noch nicht oder nur selten gab.

Vranjes kommt, Christiansen geht. Was bedeutet das für das Netzwerk?

Meesenburg: Mit Ljubo haben wir einen kosmopolitischen Sportlichen Leiter, mit Holger einen deutschen Geschäftsführer, mit Nicolej Krickau einen dänischen Trainer. Über unsere ehemaligen Spieler wie Tobias Karlsson oder Glenn Solberg halten wir zum Beispiel Kontakte nach Schweden und Norwegen. Wir sind gut aufgestellt. Es hat ja nicht nur Lars Christiansen Spieler geholt. Das war eine Gemeinschaftsaufgabe und soll es auch bleiben.

Wie hat Nicolej Krickau den Beirat überzeugt?

Meesenburg: Er hat die Themen adressiert, die uns wichtig waren. Er hat uns damit überzeugt, wie er spielen will, wie die SG aus seiner Sicht sein muss. Er hat nichts gefordert, sondern will aus den vorhandenen Spielern mehr rausholen. Wir hatten das Gefühl, dass einige nicht mehr das gebracht haben, was sie können.

Krickau hat in Mark Bult einen Assistenten, der auch gerne Chef geworden wäre, und in Vranjes einen Sportlichen Leiter, der schon früher Trainer und nun ein Kandidat war. Kann sich Krickau da behaupten?

Glandorf: Hundertprozentig wird er das managen. Er ist sehr kommunikativ, will jeden mitnehmen und er ist sehr klar. Man spürt seine Freude, bei der SG arbeiten zu dürfen. Nicolej scharrt wirklich mit den Hufen.

Haben Sie gar keine Bedenken, dass es ein Kompetenzgerangel geben könnte? 

Glandorf: Nicolej ist der Trainer. Er gibt die sportlichen Dinge vor. Da muss und wird Ljubo sich zurückhalten. Er kann unterstützen, wenn Nicolej das möchte. Mit Ljubo hat er einen idealen Sparringspartner. Ljubo will jeden Tag vor Ort sein. Diese Präsenz und Verzahnung wollen wir.

Meesenburg: Es war eine Bedingung von Nicolej, dass er sich zu 100 Prozent auf die Mannschaft konzentrieren kann. Er wollte jemanden an seiner Seite, der ihm den Rücken freihält.

Wie ist Ihr Eindruck von Vranjes sechs Jahre nach seinem Abschied?

Meesenburg: Er hat eine Reise hinter sich und würde gewisse Dinge nicht wiederholen. Ich sehe es als große Chance, wenn sich jemand noch einmal so intensiv für die SG einsetzen will.

Wie verändert sich nach der Installation des Sportlichen Leiters das Aufgabenfeld des Geschäftsführers?

Glandorf: Bei mir liegt die oberste Steuerung. Es ist mein Job, das Gefüge zusammenzubringen. Ich kann nun einige Aufgaben im sportlichen Bereich abgeben und mich vermehrt darum kümmern, die SG als Marke zu stärken. Neue Partner gewinnen, die bestehenden Partnerschaften betreuen – das will ich vertiefen.

Meesenburg: Was Holger in den vergangenen Monaten geleistet hat, hätte aus meiner Sicht mehr Anerkennung verdient. Als Beirat sind wir stolz, wie er die Dinge abgearbeitet hat. Das hat ihn menschlich stark gefordert, weil er zum Beispiel mit einem Maik Machulla selbst noch zusammengespielt hat. Er musste manchmal an zu vielen Orten gleichzeitig sein.

Die SG hat für Simon Pytlick die größte Investition seit Alen Muratovic getätigt, auch für Lukas Jörgensen und Nicolej Krickau ist Geld geflossen. Dazu die Trennung von Maik Machulla, Namensrechte für die Halle, Ausrichtung des Final Fours. Wie geht’s der SG?

Woher kommt die finanzielle Power kurz nach Corona?

Meesenburg: Bei den Transfers haben wir die Rückendeckung der Sponsoren, die bereit waren und sind, diesen Teil des Neuanfangs zu ermöglichen. Wir zielen natürlich auf die Qualifikation für die Champions League und die damit verbundenen Einnahmen ab. Einen Pytlick holst du nicht für Platz vier. Auf Dauer können wir einen solchen Kader aber nicht unterhalten, solche Ablösen nicht zahlen. Wir brauchen auch wieder Talente wie Hampus Wanne, die in Flensburg ihre Karriere beginnen. Sie zu finden, wird Teil des Aufgabengebiets von Ljubomir Vranjes sein.

Was verspricht man sich vom Erwerb der Namensrechte für die Campushalle, die ja seit Februar noch nicht vermarktet sind?

Meesenburg: Die Verhandlungen laufen. Es ist doch klar, dass man nicht sofort jemanden aus dem Hut zaubert. Wir werden mittel- und langfristig unsere Einnahmesituation verbessern.

Maik Machulla besitzt noch einen Vertrag bis 2026. Wie ist da der Stand?

Glandorf: Wir sprechen, aber vorerst wird da nichts passieren. Maik ist Trainer aus Leidenschaft. Er wird wieder eine Mannschaft übernehmen. Bei seiner Qualität wird das sicherlich nicht irgendeine Mannschaft sein.

Und das Final Four der European League?

Meesenburg: Das ist keine Baustelle geworden. Wir haben es sehr gut ausgerichtet und sind gut rausgekommen. Wenn sich die Chance ergibt, würden wir es wieder machen.

Glandorf: Aber bitte nur, wenn wir dabei sind. (lacht)

Wir haben über die Investitionen in die Mannschaft gesprochen. Wie viel Druck lastet auf Nicolej Krickau, die Königsklasse zu erreichen?

Glandorf: Wir haben einen neuen Trainer und fünf neue Spieler. Es wird einen Eingewöhnungsprozess geben. Man sollte nicht sofort zu viel erwarten. Wir werden Nicolej die Zeit geben, die er braucht. Natürlich wäre es schön, wenn der Erfolg so schnell wie möglich kommt. Aber im Sport ist nichts planbar.

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