Corona-Kontaktverfolgung

Die Gesundheitsämter in SH stoßen im Kampf gegen das Virus an ihre Grenzen

Die Gesundheitsämter in SH stoßen im Kampf gegen das Virus an ihre Grenzen

Corona: Gesundheitsämter stoßen an ihre Grenzen

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Kiel
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In Lübeck und Neumünster sowie im Kreis Segeberg helfen Soldaten der Bundeswehr bereits bei der Kontaktverfolgung. Foto: Carsten Koall/dpa

Nicht in allen Kreisen können noch alle Kontakte ermittelt werden – trotz Unterstützung durch die Bundeswehr.

Angesichts steigender Corona-Neuinfektionen sind auch Gesundheitsämter im Norden an ihre Belastungsgrenzen gekommen.Obwohl vielerorts seit dem Frühjahr neues Personal unter anderem zur Nachverfolgung von Kontakten eingestellt worden ist, reichen die personellen Kapazitäten nicht überall aus, wie eine Umfrage unter mehreren Gesundheitsämtern in Schleswig-Holstein ergab.

Zahlreiche Pflichtaufgaben nicht im üblichen Umfang

Einige Kommunen haben bereits Unterstützung durch die Bundeswehr angefordert. Auch Landesbeamte helfen bei der Nachverfolgung des Infektionsgeschehens. Dennoch können nicht alle Kontakte ermittelt werden. Zudem werden zahlreiche Pflichtaufgaben der Gesundheitsämter nicht im üblichen Umfang angeboten, wie die Umfrage ergab.

Lage in einzelnen Kreisen unterschiedlich

In Schleswig-Holstein gesamt liegt der Inzidenzwert nach Angaben des Robert Koch-Instituts (RKI) seit dem 31. Oktober über 50 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen. Die Lage in den einzelnen Kreisen sieht dabei durchaus unterschiedlich aus.

Die Kreise Plön, Steinburg, Ostholstein und Schleswig-Flensburg liegen aktuell unter dem wichtigen Wert von 35 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohnern innerhalb von sieben Tagen. Die Kreise Nordfriesland, Stormarn, Segeberg, Herzogtum Lauenburg, Pinneberg sowie die kreisfreien Städte Neumünster und Lübeck übersteigen den Wert 50 dagegen teils deutlich.

Kontaktverfolgung in Nordfriesland funktioniert noch

Die anderen Kreise und kreisfreien Städte bewegen sich zwischen der 35er- und der 50er-Marke (Stand: 6. November um 0 Uhr). „Noch ist es möglich, die Kontaktverfolgung adäquat durchzuführen, aber natürlich geht das auch auf Kosten anderer Aufgaben“, sagte ein Sprecher des Kreises Nordfriesland.

Wann das Personal für die Nachverfolgung nicht mehr ausreiche, lasse sich schwer sagen. „Es gibt Fälle, die extrem viel Arbeit verursachen, andere sind schnell erledigt. Es hängt nicht an der Fallzahl der positiv getesteten Personen. Es können vier Fälle gleichzeitig sein, die uns lahm legen, genauso kann es sein, dass wir zehn Fälle unproblematisch abarbeiten können.“

Probleme im Kreis Ostholstein

Ähnliches berichten andere Kreise und kreisfreie Städte im Land. Aus dem Kreis Ostholstein beispielsweise heißt es, „aufgrund der Dynamik des Infektionsgeschehens wird es zunehmend schwerer, den Ursprung einer Infektion zu ermitteln“. „In einzelnen Fällen“ sei dies „auch bei uns nicht mehr möglich“.

Infektionsschutz und Kontaktnachverfolgung kann derzeit kaum noch geleistet werden. Sprecherin des Kreises Schleswig-Flensburg

Weitere Kreise melden ebenfalls, dass die Kontaktnachverfolgung immer schwieriger wird – trotz Personaleinstellungen. Im Kreis Stormarn arbeiten im Fachdienst Gesundheit 58 Mitarbeitende, 34 davon 35 Stunden oder mehr. Seit März sind elf Menschen eingestellt worden „und wir werden weitere Personen einstellen“, teilte eine Sprecherin mit. Dennoch reichten die Helfer aktuell nicht aus, um alle Kontakte nachzuverfolgen. Ähnliches berichtet beispielsweise Flensburg.

Zusätzliche personelle Unterstützung gesucht

In einigen Kommunen reichten die personellen Kapazitäten noch, wie etwas in Kiel. Auch im Kreis Plön können die Kontaktnachverfolgungen eigenen Angaben zufolge noch gewährleistet werden. „Bei weiter steigenden Zahlen benötigen wir jedoch zusätzliche personelle Unterstützung“, sagte eine Kreissprecherin. Lübeck gelingt es eigenen Angaben zufolge, durch Personalaufbau und Unterstützung durch die Bundeswehr die Kontaktpersonenermittlung aufrecht zu erhalten.

Bürgertelefone stehen nicht mehr still

Neben der telefonischen Kontaktnachverfolgung sind die Kreise und Städte auch mit vielen weiteren Tätigkeiten rund um die Corona-Pandemie befasst. Dazu gehören Bürotätigkeiten, die telefonische ärztliche Betreuung von Covid-19-Positiven, Abstrichentnahme, Quarantäneüberwachung und das Bürgertelefon. Im Kreis Nordfriesland beispielsweise liegt die tägliche Zahl der Anrufe zwischen 300 und 900, manchmal sind es aber auch 1200.

Die Kreise und kreisfreien Städten haben zur Bekämpfung der Pandemie bereits neue Mitarbeiter fest eingestellt und befristet Helfer angeworben. Zusätzlich wollen sie weiter aufstocken. Neben der Festanstellung neuen Personals werden Helfer unter anderem aus anderen Abteilungen der Verwaltungen herangezogen. Das Gesundheitsamt der Stadt Neumünster etwa hat Personal, das in seinen originären Aufgabengebieten nicht unabdingbar war, in den Infektionsschutz versetzt.

Es werden neben dem Pandemiemanagement nur noch sehr wenige andere Aufgaben wahrgenommen. Sprecherin der Stadt Neumünster

Aber auch Studenten und Freiwillige werden von den Gesundheitsämtern im Land rekrutiert. Sogenannte Containment Scouts, die vom Bund bezahlt werden, helfen in einigen Kommunen ebenfalls aus. Containment heißt Eindämmung. Auch Mitarbeiter der schleswig-holsteinischen Landesregierung haben sich gemeldet, um angesichts der verschärften Corona-Situation den Gesundheitsämtern helfen.

Unterstützung von der Bundeswehr

Zudem haben immer mehr Kreise und Städte die Hilfe der Bundeswehr angefordert oder überlegen dies zumindest. Im Kreis Steinburg sei die Bundeswehr zwar noch nicht im Einsatz, werde dies aber möglicherweise in naher Zukunft sein, teilte der Kreis mit.

Anders sieht es etwa in Lübeck und Neumünster sowie im Kreis Segeberg aus, hier helfen Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr bereits. In Flensburg wird dies ab Montag der Fall sein. Unter anderem im Kreis Ostholstein wird der Fachdienst Gesundheit demnächst eigenen Angaben zufolge ebenfalls von der Bundeswehr verstärkt. Und auch Nordfriesland und weitere Kreise haben die Bundeswehr zur Unterstützung angefordert.

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