Kulturkommentar

„Nicht jeder trinkt keinen Alkohol aus einem Grund“

Nicht jeder trinkt keinen Alkohol aus einem Grund

Nicht jeder trinkt keinen Alkohol aus einem Grund

Paulina von Ahn
Paulina von Ahn
Nordschleswig/Sønderjyllnd
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Was denn - du trinkst keinen Alkohol? Dann musst du entweder schwanger, alkoholabhängig oder pleite sein.
Nein! Muss ich nicht.

Die meisten von uns kennen es: Bei einem „zwanglosen“ Beisammensein mit Freunden oder Bekannten dauert es nicht lange, bis die erste Flasche Bier oder Wein auf dem Tisch steht. Man kommt ins Gespräch, der eine oder die Andere bedient sich an den Getränken, doch dann: „Nanu, trinkst du denn gar nichts?“.

Wer keinen Alkohol trinkt, muss sich häufig rechtfertigen.

Dabei gibt es so viele Gründe, auf das Rauschmittel zu verzichten. Eine Schwangerschaft, Angst vor möglichem Kontrollverlust, die Einnahme von Medikamenten, Diabetes, akute Kopfschmerzen, die Heimfahrt mit dem Auto, Rücksicht auf Figur oder Gewicht, und, und, und… die Liste geht weiter.

Was aber viel wichtiger ist – Man sollte sich gar nicht rechtfertigen müssen!

Ob ich Alkohol konsumiere oder nicht, ist ganz allein meine Entscheidung. Doch in unserer vom Alkohol geprägten Kultur wird häufig zum Außenseiter, wer bei einem gemeinsamen Abend nicht zur Bierflasche, sondern zur Cola greift.

Laut Forschungen der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) werden in Deutschland pro Person ab 15 Jahren jährlich etwa 10 Liter Alkohol konsumiert. Damit stuft die DHS Deutschland als „Hochkonsumland“ ein. Auch in Dänemark sieht es ähnlich aus. Wie der Nordschleswiger bereits geschrieben hat, gaben 49 Prozent der dänischen Jugend an, im Jahr 2022 mindestens einmal pro Woche Alkohol zu trinken. 

Ich bin ein Dorfkind. Bei vielen meiner Mitmenschen konnte ich schon beobachten, wie sie versuchen, sich durch möglichst viel Trinkerei ein Image aufzubauen. Geschichten wie: „Boa, neulich beim Scheunenfest war ich so hacke, dass ich mich mit einem Hydranten unterhalten habe!“, werden mit Stolz zum Besten gegeben. Für viele ist Alkohol ein Statussymbol. Wer nichts verträgt oder nach der Fete auf den Acker kotzt, ist nicht ernstzunehmen. Das geht so weit, dass ich mich bei manchen Leuten frage, ob sie es überhaupt mögen, zu trinken. Ob sie insgeheim nicht lieber zur Limonade greifen würden, doch sich aus Angst, ihren Ruf zu schädigen, nicht trauen.

Nicht alle haben das Selbstbewusstsein, „Nein“ zu sagen und sollten es meiner Meinung nach auch nicht haben müssen. Keinen Alkohol zu trinken, sollte nicht die Ausnahme sein und schon gar nicht herabgewürdigt werden. 

Kakao und Kuchen kann auch mal eine schöne Abwechslung sein zu Cola-Korn!

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