Klimawandel

Was bedeuten zwei oder drei Grad Erderwärmung für uns?

Was bedeuten zwei oder drei Grad Erderwärmung für uns?

Was bedeuten zwei oder drei Grad Erderwärmung für uns?

Flora Hallmann/shz.de
Flensburg
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Foto: Unsplash/Matt Palmer

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Die Klimakrise ist längst da, darin sind sich Forscherinnen und Forscher einig. Das 1,5 Grad-Ziel scheint in immer weitere Ferne zu rücken. Aber was würde eigentlich eine Erwärmung von zwei, drei oder sogar vier Grad Erwärmung für uns bedeuten?

Hitze, Dürre, Überschwemmungen: Die Klimakrise wird ungemütlich, das steht fest. Wie ungemütlich es genau wird, hängt davon ab, wie viel globale Erwärmung die Menschheit – und vor allem die Industrienationen – noch zulassen. 1,5 Grad war das Ziel des Pariser Abkommens, mittlerweile sind 1,1 Grad bereits erreicht – und Expertinnen und Experten gehen davon aus, dass mindestens zwei Grad Erwärmung wahrscheinlicher sind, Tendenz steigend. Was also würden zwei Grad Erwärmung konkret bedeuten, was drei oder sogar vier?

Diese Grafik zeigt, wie viel Erderwärmung wir schon erreicht haben – und wie viel es noch werden könnte:

Foto: Statista

1,5 oder 2 Grad – macht das einen Unterschied?

Bei einer Erderwärmung von 1,5 Grad können die schlimmsten Folgen der Klimakrise vermieden werden, deshalb wurde es im Pariser Abkommen als Ziel gesetzt. Der Sprung von 1,5 auf 2 Grad wirkt nicht sonderlich groß – die Auswirkungen sind es allerdings. In einer Studie um den Klimaforscher Carl-Friedrich Schleussner wurde genau das untersucht. Während 1,5 Grad zwar schon zu deutlich mehr Tagen mit extremer Hitze, beschädigten Korallenriffen und steigenden Meeresspiegeln führen, ist die Prognose bei 2 Grad deutlich extremer.

Die Biodiversität würde bei 2 Grad deutlich stärker abnehmen, das Insektensterben würde zunehmen. Während die Arktis bei 1,5 Grad nur einmal im Jahrhundert einen eisfreien Sommer erlebt, passiert das bei 2 Grad alle zehn Jahre. Das raubt nicht nur den Tieren in der Arktis Lebensraum. Eine eisfreie Arktis beschleunigt die Erderwärmung noch, da sie mehr Hitze aufnimmt anstatt sie zu reflektieren.

Der Mensch wird bereits bei 2 Grad deutlich unter der Klimakrise zu leiden haben. Hitze und Dürre führen zu Hungersnöten und Armut – und zu mehr sozialen und regionalen Konflikten und sogar Kriegen.

Was bedeuten 3 Grad Erderwärmung?

Während heute in Deutschland Hitzetage mit 39 Grad als extrem gelten, könnten wir es bei 3 Grad Erderwärmung mit Temperaturen von 45 Grad zu tun bekommen. Das schreibt der Klimaforscher Stefan Rahmstorf. Der Mittelmeerraum, Australien, Teile der USA und Afrikas trocknen immer weiter aus, andere erleben die Zerstörung von Extremniederschlägen, wie Deutschland es 2021 mit der verheerenden Flut im Ahrtal selbst erlebt hat.

Die Meeresspiegel steigen im 3-Grad-Szenario um durchschnittlich 60 Centimeter. Damit wäre die Lebenswelt von rund 12 Prozent der Menschheit akut bedroht – das sind ungefähr 810 Millionen Menschen. Und je heißer es wird, desto schneller steigt auch der Meeresspiegel – und das Eis in der Arktis. Das schmilzt nicht nur an der Oberfläche, sondern rutscht ins Meer, was den Spiegel noch mehr erhöht.

Kipppunkte: Wenn die Katastrophe zum Selbstläufer wird

Dabei kommen noch sogenannte Kipppunkte ins Spiel. Kippunkte sind Momente, an denen eine Entwicklung zum Selbstläufer wird und weder gestoppt noch rückgängig gemacht werden kann. Einer davon steht in Grönland bevor. Ab einem gewissen Punkt schmilzt der Eispanzer dort immer weiter und weiter – auch ohne Erderwärmung. Das Ergebnis wäre katastrophal: Rahmstorf sagt einen Anstieg des globalen Meeresspiegels um sieben Meter voraus. Wann der Kipppunkt genau erreicht wird, ist nicht klar – nur, dass es irgendwo auf dem Weg zu den 3 Grad Erwärmung passieren wird.

Diese Grafik zeigt, wie stark der Meeresspiegel bereits gestiegen ist:

Drei Grad Erderwärmung würde also tödliche Hitzewellen bedeuten, verheerende Stürme, lang anhaltende Dürren, Hunger, verwüstete Küsten, Artensterben – und Flucht und Migration. Hunderte Millionen von Menschen müssten aufgrund der Klimakrise fliehen, ohnehin schon arme Regionen werden besonders hart getroffen.

Um wie viel Grad sich die Erde erhitzen wird, wissen wir noch nicht. Die Prognosen variieren: Laut dem UN-Klimabericht von 2021 steuert die Welt auf 2,7 Grad Erwärmung zu, andere Forscher gehen von vier Grad aus, wenn die CO2-Emmissionen nicht drastisch reduziert werden.

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