Flensburg

Unterwegs mit der Security in der Galerie-Passage

Unterwegs mit der Security in der Galerie-Passage

Unterwegs mit der Security in der Galerie-Passage

Mira Nagar/shz.de
Flensburg
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Max (l.) und Balti sorgen für Sicherheit in Flensburgs größter Shopping-Mall in der Innenstadt. Foto: Michael Staudt/shz.de

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Diebstähle, Jugendgruppen und dauerbesetzte Gastro-Plätze: Max und Balti sind in der Flensburger Einkaufspassage im Einsatz.

Als Balti dazukommt, drückt Max sich gerade in eine Ecke vor dem Elektronikmarkt. So unauffällig, wie ein Mann mit dunkelblauer Security-Uniform eben sein kann. Der Ausgang des Ladens nimmt fast die ganze Breite der Galerie-Passage in Anspruch, und Max will gerade nicht gesehen werden. Balti stellt sich dazu, die Männer kommunizieren leise, fast wortlos. Und da kommt er auch schon, gemütlich spaziert der „Kunde“ mit einem großen Playstation-Karton unterm Arm aus dem Laden, ohne zu bezahlen – und ohne dass ein Alarm losgeht. Er hatte zuvor die „Spinne“ entfernt, die Diebstahlsicherung um den Karton herum.

Erwischt. Mit schnellen Schritten versperren Balti, Max und ein Ladendetektiv dem Mann den Weg. Eine Situation, die brenzlig werden kann, je nachdem, wie der Dieb drauf ist. Doch der Mann bleibt friedlich und trottet ohne große Widerworte in den hinteren Bereich des Marktes. Anzeige, Hausverbot – der Rest ist Formsache. „Wenn jemand freundlich bleibt, bleiben wir es auch“, sagt Max.

4,5 Millionen Besucher im Jahr

Situationen, die auch kippen könnten – das ist Alltag für Max und Balti als Security in der Galerie-Passage. Ihre vollen Namen möchten sie nicht gern in der Zeitung lesen. Gerade eben noch hatten sie es mit einem älteren Mann zu tun, der zwei Parfüm-Tester in seiner Fellkragen-Jacke versteckt hatte. Haben einen Mann in einer versteckten Ecke oben bei den Fahrstühlen aufgestöbert, der dort saß und aß. „Macht er häufiger“, sagt Max. Und sie haben etwas später eine ältere Frau in genau dieser Ecke sitzen gelassen. Denn sie sah so erschöpft aus.

Die Flensburg Galerie ist einer der meistfrequentierten Orte in der Innenstadt. 4,5 Millionen Besucher zählte die Passage im vergangenen Jahr, erklärt Centermanagerin Alina Sime. Sechs Prozent mehr als im Jahr davor. Und knapp hinter dem „Vor-Corona“-Jahr 2019. An den Samstagen im Advent kommen bis zu 40.000 Leute in das Einkaufszentrum. An weniger guten Tagen kommen „nur“ 12.000.

Diebstähle, Konflikte und ein neues Sicherheitskonzept

Wo viele Menschen sind, passiert auch viel. Neben Diebstählen kommt es auch zu Konflikten. Trauriger Tiefpunkt war 2018 eine Messerstecherei, unten im Gastro-Bereich am Ausgang Reismühlenhof. Zwei Menschen wurden lebensbedrohlich verletzt. Fünf Jahre nach dem Vorfall wurde gerade ein 27-Jähriger zu drei Jahren Haft verurteilt.

Das Sicherheitskonzept hatte Alina Sime vor einiger Zeit geändert. Während der Öffnungszeiten sind zwei bis drei Sicherheitsmänner im Shopping-Center unterwegs. Denn, so sagt Sime, die Galerie befinde sich „wie eine Oase“ zwischen der Konfliktzone Zob und der sogenannten Südermarktszene. Und immer wieder kommt es trotz der Patrouillen auch in der Passage zu Vorfällen. „Weiterhin gibt es Diebstähle“, sagt Sime. „Aber ich kann mich nicht mehr erinnern, wann wir zuletzt eine Prügelei hatten.“ Die Liste der Hausverbote bezeichnet sie als „unendlich“.

Hotspot Gastro-Tische

Zum Konzept gehört es auch, dass Max und Balti immer wieder die Gastro-Tische besuchen. Denn dort sollen ausschließlich die Gäste der Essensstände im Untergeschoss sitzen. Doch viele nutzen den Ort, um zu entspannen, zu schnacken oder sie trinken ihre Supermarkt-Cola.

Die Aufgabe von Max und Balti ist es, die Leute zu bitten, die Stühle frei zu machen. „Sonst finden Familien, die hier essen wollen, keinen Platz“, sagt Max. Ein paar Jugendliche verdrehen genervt die Augen, als Balti sie freundlich, aber bestimmt, anspricht. „Hier ist unser Hotspot“, sagt Max.

Jugendgruppen vor dem Eingang

Ein zweiter „Hotspot“ ist der Eingang am Reismühlenhof. Dort, zwischen den höhlenartigen Einfahrten zur Tiefgarage und zur Warenannahme, hat die Passage einen überdachten Nebeneingang, drei Stufen führen zu einem kahlen Vorraum jenseits der bunten Shopping-Lichter. Der Bürgersteig klebt voller Kaugummis, Zigarettenstummel liegen herum.

Beim Weg durch die Passage schauen Max und Balti auch hier immer wieder vorbei, schicken rauchende Jugendliche ein paar Meter weiter. Dort ist öffentlicher Raum.

So wie in Dörfern die Bushaltestelle, ist es in Flensburg dieser Ort zwischen fahrenden Autos und grauen Wänden. Gruppen treffen sich, rauchen und chillen und manchmal gibt es Stress.

„Ich habe die Jugendlichen mal gefragt: Warum seid ihr eigentlich jeden Tag hier?“, sagt Max. Der 23-Jährige selbst habe als Jugendlicher nicht in der Stadt abgehangen. Die Antwort der Jugendlichen sei banal gewesen: Es ist warm, und man kann sich jederzeit was zu trinken holen.

Auf Nachfrage erklärt einer aus der Jugendgruppe, dass es so zentral sei, mitten in der Innenstadt, und das WLan der Stadtbücherei sei auch nicht weit. „Ich habe auch einen Büchereiausweis“, sagt er und zeigt die blauweise Karte ungefragt vor. Die Security-Leute finde er „korrekt“. „Manchmal gibt es ungerechtes Hausverbot“, ergänzt sein Kumpel, der grade offenbar Hausverbot hat.

Ist so zentral halt

An diesem Nachmittag sind es nur ein paar Raucher, die von Max und Balti weitergeschickt werden. „Es funktioniert gut mit dem Sicherheitsdienst“, sagt Polizeisprecher Jan Krüger. Drei Einsätze habe die Polizei in diesem Jahr gehabt. Einmal wegen eines Randelierers, zweimal wegen Körperverletzung. Krüger nennt die Lage „insgesamt ruhig.“ Die Zeit des „gefährlichen Ortes“ ist vorbei.

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