Erneuerbare Energien

Neues Netzmodell aus Schleswig-Holstein könnte Strompreise gerechter machen

Neues Netzmodell könnte Strompreise gerechter machen

Neues Netzmodell könnte Strompreise gerechter machen

Carlo Jolly
Kiel
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Die Westküstenleitung nahe Klixbüll bei der Eröffnung des vierten Abschnitts Anfang November. Foto: Michael Staudt/shz.de

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Stefan Liebing und der schleswig-holsteinische CDU-Wirtschaftsrat präsentieren einen Vorschlag, wie die Energiewendevorreiter die hohen Netzentgelte beim Strom nicht mehr zahlen müssen.

Der Wirtschaftsrat der CDU in Schleswig-Holstein fordert eine Neuregelung des Strompreismodells mit seinen bislang ungerechten Netzentgelten. Nach dem bisherigen Modell werden ausgerechnet jene Bundesländer bestraft, die beim Ausbau der erneuerbaren Energien besonders weit sind. Denn Kosten für Investitionen in die Netze sowie für Maßnahmen zur Netzstabilität werden in der eigenen Region auf die Kundschaft umgelegt.

Um den zukünftigen Strompreis insbesondere in den norddeutschen Energiewende-Musterländern im Zaum zu halten, sollte Schleswig-Holstein darauf drängen und politisch unterstützen, den Strommarkt zu flexibilisieren und zu regionalisieren, schlägt der Wirtschaftsrat vor. Dessen Energieexperte, der Quickborner Unternehmer Stefan Liebing, Chef des Beratungsunternehmens Conjuncta und Professor an der Hochschule Flensburg, argumentiert so: „Da wir eine bundesweite Wälzung der Stromnetzgebühren möglicherweise nicht durchsetzen können und der Leitungsausbau langsamer voranschreitet als die Strommengen wachsen, sollten wir die Strommärkte zukünftig regionalisieren.“

Gelinge dies nicht, blieben Bundesländer mit Stärken bei den erneuerbaren Energien diejenigen mit den teuersten Strompreisen. „Falls energietechnisch vorbildliche Länder bestraft werden, verpassen wir eine erfolgreiche Energiewende. Deshalb brauchen wir den Abschied vom fossilen Preiszonenmodell, eine beschleunigte Einführung intelligenter Stromzähler sowie eine Flexibilisierung der Tarife der Versorger in der Fläche.“

Bislang werden die Kosten für den Netzausbau pro Netzbetreiber an die Kunden nach dem sogenannten Zonenmodell weitergegeben. Das führt dann dazu, dass dort, wo viel an erneuerbarer Energie zugebaut wird, die Netzentgelte am höchsten sind. „Insofern wird also Schleswig-Holstein dafür bestraft, dass wir bei den Erneuerbaren besonders aktiv sind“, erklärt Liebing und ergänzt: „Endkunden und Industrie bezahlen somit einen höheren Gesamtstrompreis als in anderen Ländern, die weniger Ausbau betreiben.“ Das schrecke auch Industrieansiedlung in Schleswig-Holstein derzeit eher ab.

Knotenmodell soll Preise gerechter machen

Der Vorschlag von Liebing und des Wirtschaftsrates für eine Neuregelung wäre der Umstieg vom Zonen- auf das „Knotenmodell“. Ein solches Preissystem werde bereits auf den liberalisierten US-Märkten oder auch in Neuseeland praktiziert. Dabei werden für jeden Knotenpunkt im Netz separate Preise berechnet. Folglich spiegelt der Preis an jedem Netzknoten den Wert von Strom am entsprechenden Ort wider. Dies bedeute, dass Netzrestriktionen in die Berechnung des Marktgleichgewichts einfließen. Folglich stiegen in Zeiten von Netzengpässen die Preise an Knoten mit hoher Nachfrage und sinken an Knoten mit wenig Nachfrage.

Potenzial der Tiefengeothermie

Eine Möglichkeit, den Bedarf an Erdgas und Kohle perspektivisch zu senken, liege in der Nutzung tiefengeothermischer Potentiale, gibt der Wirtschaftsrat zu bedenken. „Wir haben es begrüßt, dass diese Potentiale im Koalitionsvertrag für Schleswig-Holstein gewürdigt worden sind. Umso mehr wundern wir uns, dass das Ministerium hierzu noch keine Priorität erkennen lässt“, sagt Wirtschaftsprofessor Liebing. Die geologischen Potentiale für eine zukünftig regenerative Wärmeversorgung in Städten mit Wärmenetzen seien in der gesamten norddeutschen Tiefebene günstig.

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