Kreisarchiv Nordfriesland

Nach 40 Jahren hören Bibliothekarin und Archivarin auf: Was sie nun vorhaben

Nach 40 Jahren hören Bibliothekarin und Archivarin auf: Was sie nun vorhaben

Nach 40 Jahren hören Bibliothekarin und Archivarin auf: Was sie nun vorhaben

SHZ
Husum
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Almut Ueck (r.) und Annette Keller im Kreisarchiv Nordfriesland. Foto: Rüdiger von Brocken Foto: 90037

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Almut Ueck und Annette Keller haben 40 Jahre im Kreisarchiv Nordfriesland gearbeitet. Hier erzählen Archivarin und Bibliothekarin, was aufgehoben wird, wer zu ihnen kommt und warum einigen ihr Archiv nicht ausreicht.

Es klingt ein bisschen wie aus einer anderen (Arbeits-)Welt. Vor rund 40 Jahren haben Almut Ueck und Annette Keller als Archivarin beziehungsweise Bibliothekarin im Kreisarchiv des Kreises Nordfriesland angefangen. Jetzt gehen die beiden nahezu zeitgleich in Altersteilzeit. An einem ihrer letzten Arbeitstage besuchte shz.de beide und fragte nach der Bedeutung von Archiven, den Veränderungen durch neue digitale Techniken und die Zukunft der Archivarbeit.

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Seit wann gibt es und wozu dient das Kreisarchiv?

Almut Ueck: Seit 1975. Zum einen dient es der Rechtssicherheit, indem es kreiseigene Unterlagen, aber auch wichtige historische Dokumente übernimmt und archiviert. Aufgrund von Verträgen werden zudem Unterlagen von Amtsverwaltungen und der Stadt Husum archiviert. Und auch für private Sammlungen und Unterlagen von Firmen und Verbänden, kurzum für alles, was für die Geschichte und Kultur Nordfrieslands interessant ist, findet sich hier ein Platz.

Was genau ist unter Rechtssicherheit zu verstehen?

Ueck: Nun, wenn zum Beispiel ein neues Baugebiet ausgewiesen wird, kann anhand der Unterlagen im Kreisarchiv überprüft werden, ob es auf diesem Gelände früher einmal eine Mülldeponie oder eine Autowerkstatt gegeben hat. Solche Beispiele gibt es viele, und sie betreffen die unterschiedlichsten Verwaltungsbereiche.

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Und das alles befindet sich in Husum?

Ueck: Nein, es gibt natürlich noch weitere Archive, und wer Spezifisches über Nordfriesland finden will, muss sich möglicherweise auch ans Landesarchiv wenden. Außerdem wurden die Gebietsgrenzen durch Neuzuschnitte der Ämter und Eingemeindungen immer wieder verändert. Von den einst 40 Amtsverwaltungen gibt es heute noch acht. Ein Teil der Dokumente aller einstigen Amtsverwaltungen wird im Gebäude der früheren Landeszentralbank in der Asmussenstraße 19 verwahrt.

In ihrer Aufzählung klingt ja schon an, dass sich Ihre Arbeit nicht auf offizielle Dokumente beschränkt.

Ueck: Nein, was hier archiviert wird, reicht von amtlichen Unterlagen wie Sitzungsprotokollen über Dokumente zahlreicher Deich- und Sielverbände bis hin zu privaten Tagebüchern oder Hof- und Haushaltsbüchern, Fotos und und und. Dabei hat nicht jedes Dokument für sich genommen Bedeutung. Die entsteht oft erst im Gesamtbild dessen, was dokumentiert wird.

Und wer nutzt das Kreisarchiv?

Keller: Vor allem die Verwaltung, aber auch Heimatforscher, die mit seiner Hilfe spezielle Themen aufarbeiten. Auch Privatpersonen finden den Weg hierher. Und manchmal klopft auch ein Tourist an die Tür, der einfach nur mal wissen will, was sich hinter diesen Mauern verbirgt.

Ueck: Früher kamen auch Schüler, um sich zu bestimmten Themen schlau zu machen. Aber das ist so gut wie abgebrochen.

Keller: Es kommen auch Familienforscher, zum Beispiel Erbenermittler fragen meist per Mail an.

So wie es die Findbücher von einst nicht gibt und sich vieles ins Internet verlagert hat?

Ueck: Ja, natürlich werden Dokumente aller Art inzwischen digitalisiert und den Nutzern im Netz zur Verfügung gestellt. Den Wandel von der handgeschriebenen Karteikarte zur Datenbank haben wir von Anfang miterlebt.

Keller: ...mechanische Schreibmaschine, IBM-Kugelkopf, DOS-Computer und dann Windows. Und auf anderer Ebene vom Kopierer zum Scanner.

Nach welchen Kriterien entscheiden Sie, was aufgehoben wird und was nicht? Denn alles können Sie doch gar nicht archivieren, oder?

Ueck: Ein bedeutender Aspekt ist, wie schon gesagt, der Blick auf die Gesamtheit der Dokumente und ihre Aussagekraft für die Geschichte und Kultur Nordfrieslands. Im Gegensatz zu einem Museum, das vor allem Gegenstände sammelt, archivieren wir ja Dokumente. Doch neben Dokumenten, die beispielsweise zur Erbenermittlung dienen, gibt es bei uns natürlich auch spezielle Konvolute wie den Nachlass von Hans Hoffmann, dessen Fotos derzeit im Nissenhaus zu sehen sind. Und manches verteilt sich – je nach dem Lebensweg eines Menschen – auf mehr als ein Archiv. Denken Sie nur an einen Bundespolitiker, für den ein Nachruf erstellt werden soll. Da beginnt die Recherche in seiner Geburtsstadt und endet im Bundesarchiv.

Wie schätzen Sie die Zukunft des Kreisarchivs ein?

Ueck: Die war schon düsterer. Heute wird die Einrichtung als solches nicht mehr hinterfragt. Das war einmal anders. Damals ging es vor allem um wirtschaftliche und synergetische Aspekte. Alles hängt letztlich ja am Personal.

Und wie geht es nach Ihrem Ausscheiden mit Ihnen persönlich weiter?

Ueck: Ich habe sehr viel Freude an der Aufarbeitung und Archivierung des Hoffmannschen Nachlasses gehabt, der ja auch ein Stück Zeitgeschichte dokumentiert. Das würde ich gern fortführen, was wegen meiner Altersteilzeit aber derzeit nicht möglich ist und ja auch im Interesse der neuen Leitung des Kreisarchivs liegen müsste.

Und sonst?

Ueck (lacht): irgendeine einfache Tätigkeit, bloß keine Verantwortung. Außerdem bin ich ein Bewegungsmensch, da sind Reisen mit ausgedehnten Wanderungen immer eine gute Option.

Keller: Ich muss erst mal mein Haus entrümpeln. Da hat sich über die Jahre einiges angesammelt. Darüber hinaus freue ich mich auf Familie und Freunde, für die ich jetzt hoffentlich mehr Zeit haben werde. Und ja, längerfristig kann ich mir vorstellen, ehrenamtlich aktiv zu werden. Möglichkeiten dafür gibt es hier bei uns ja mehr als genug.

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