Schleswig-Holstein

Kämpferische Rede: Robert Habeck wirbt für Nationalpark Ostsee

Kämpferische Rede: Robert Habeck wirbt für Nationalpark Ostsee

Robert Habeck wirbt für Nationalpark Ostsee

Kay Müller/shz.de
Neumünster
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Schwört die Grünen auf die Europawahl 2024 ein: Robert Habeck. Foto: Georg Wendt/shz.de

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Mit einer kämpferischen Rede begeistert Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck den Parteitag in Neumünster. Die Grünen will er ins Zentrum der Gesellschaft führen. Und die schicken Rasmus Andresen mit großem Rückhalt in die Europawahl.

Robert Habeck kommt gleich zur Sache. „Ich frage mich, warum das, was im Westen passiert ist, nicht auch im Osten passiert“, sagt der Bundeswirtschaftsminister – und erntet tosenden Applaus der gut 100 Delegierten in der Stadthalle Neumünster.

Man könnte meinen, dass Habeck über die Lage der Gesellschaft spricht, aber er beginnt seine kämpferische Rede mit einem Statement zum Nationalpark Ostsee. „Das hatten wir doch schon alles“, sagt Habeck – und meint damit den Streit um den Nationalpark Wattenmeer, dessen Ausläufer er als Umweltminister in Schleswig-Holstein noch hautnah mitbekommen hat. Er kennt die Konflikte zwischen Fischern, Touristikern und Naturschützern, die er auszuräumen versucht hat. „Diese Konflikte sind lösbar“, ruft er in den Saal. Und: „Ihr seid auf dem richtigen Weg.“ Das sagt sich leicht, wenn man in der Ampel-Koalition in Berlin ganz andere Konflikte zu bestehen hat.

Balsam für die grüne Seele

Und es sind Ansagen, die das grüne Selbstbewusstsein stärken. Nachdem die CDU das Thema vermutlich auf ihrem Parteitag Anfang Oktober abräumen wird, ist das Signal der Grünen: Jetzt erst recht.

Massiver Rückhalt für Nationalpark-Pläne

Denn der Parteitag verabschiedet einstimmig einen Antrag, der sich für einen Nationalpark ausspricht. „Ihr stärkt uns den Rücken“, sagt Umweltminister Tobias Goldschmidt der im Gegensatz zu anderen Delegierten direkte Angriffe auf die CDU vermeidet. Nur so viel: „Uns unterscheidet von anderen, dass wir nicht unser Fähnchen in den Wind hängen“, sagt Goldschmidt. „Wir stehen nicht für Larifari und Freiwilligen-Gerede.“ Es gebe gesellschaftliche Mehrheiten für den Meeresschutz, sagt die Vorsitzende der Grünen Jugend, Johanna Schierloh. Und auch der Minister will weiter für den Nationalpark kämpfen.

Das will auch Habeck, der aber globaler denkt. „Was uns schützt“ steht an dem Pult, hinter dem er bewusst locker, mit der Hand in der Tasche frei redet. Und man könnte denken, dass er auch für den Schutz verantwortlich ist. „Wir sind der Gegenpol zum Populismus, der Europa zerstören will“, sagt Habeck mit Blick auf die Europawahl, zu der die Grünen ihren Abgeordneten Rasmus Andresen mit einem stabilen Votum von 97 Prozent schicken. „Ich bedanke mich für das super starke Ergebnis und habe große Lust auf den Wahlkampf mit Euch“, ruft er in den Saal und erntet wie Habeck stehende Ovationen.

Der Minister verliert sich nicht im Kleinklein, er hält eine soziologische Grundsatzrede. „Es geht darum, Gegensätze zu versöhnen“, sagt er mit Blick auf eine Gesellschaft im Wandel. „Das ist die Rolle der Grünen.“ Und wenn Habeck ruft, dass die Grünen im Zentrum der Gesellschaft stehen, wo die Lösungen entstehen, dann klatschen die Delegierten rhythmisch und fühlen sich abgeholt.

Parteichef will sozialpolitisches Profil schärfen

Der Landesvorsitzende Gazi Freitag hat zuvor versucht, eine eher sozialpolitische Rede gehalten. „Wohlstand muss sich daran messen, wie es um das Wohl der Menschen steht“, liest der Parteichef vom Blatt ab. Es gehe nicht um Wirtschaftswachstum, sondern darum, wie der Zustand der Natur und der Gesellschaft sei. Deswegen müssten die Grünen Lösungen finden, die „echt anstrengend sind, aber langfristig tragen“. Darum gehe es auch bei der Europawahl im kommenden Jahr, wo er die Grünen möglichst an das Rekordergebnis von 2019 heranführen will, als die Partei in Schleswig-Holstein mit über 29 Prozent stärkste Partei war.

Dazu will auch Habeck seinen Teil beitragen. Er hat schon besser geredet, aber es reicht, um die Delegierten zu begeistern, wenn er die Grünen als die Organisatoren der Gesellschaft beschreibt. Und er selbst? „Es ist schön, wieder hier zu sein.“ Denn ein Auftritt beim Grünen-Parteitag ist denn auch deutlich angenehmer als den nächsten Streit der Ampel in Berlin auszuhalten. Und sei es nur, dass er ein Szenario beschreibt, von einem mit neuer, grüner, klimaneutraler Industrie versehenen Schleswig-. Holstein „und zwei Nationalparks links und rechts“. Wenn das mal so leicht wäre, wie einen Parteitag der Grünen zu begeistern.

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