Erinnerungskultur

Schlacht bei Düppel: Gedenkveranstaltung als Begegnungsort

Schlacht bei Düppel: Gedenkveranstaltung als Begegnungsort

Schlacht bei Düppel: Gedenkveranstaltung als Begegnungsort

Erik Becker
Sonderburg/Sønderborg
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Schülerinnen und Schüler nehmen der Gedenkveranstaltung teil.
Die Gedenkveranstaltung zum 160. Jahrestag der Schlacht auf Düppel richtete sich insbesondere an Schülerinnen und Schüler der Minderheitengymnasien. Foto: Karin Riggelsen

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18. April 1864: Ein Schicksalstag für die deutsche und die dänische Minderheit. Beim Kampf um die Grenze ließen Tausende Soldaten beider Nationen ihr Leben. Dass dies für das Grenzland auch 160 Jahre später noch von Bedeutung ist, lernten Jugendliche am Donnerstag.

„Grenzgebiete und Minderheiten” lautete das Motto der diesjährigen Gedenkveranstaltung zum 160. Jahrestag der Schlacht auf den Düppeler Schanzen. Hierzu wurde ein neues Veranstaltungskonzept entwickelt, das sich insbesondere an junge Menschen aus den Minderheiten richtete. Mehrere Schulen im Grenzgebiet waren eingeladen, um gemeinsam mit interessierten Bürgerinnen und Bürgern und geladenen Gästen der gefallenen dänischen und deutschen Soldaten zu gedenken. Den Organisatorinnen und Organisatoren sei es ein Anliegen, das Bewusstsein um die Bedeutung des 18. April dauerhaft zu erhalten. Die junge Generation sei hierzu der Schlüssel.

Gemeinsame Erinnerungskultur

Schülerinnen des Deutschen Gymnasiums Nordschleswig
Emma Gehlich (l.) und Linn Reißer besuchen die 11. Klasse des Deutschen Gymnasiums für Nordschleswig. Sie nahmen zum ersten Mal an der Gedenkveranstaltung teil. Foto: Karin Riggelsen

Die Schülerinnen Emma Gehlich (18) und Linn Reißer (16) der 11. Klasse des Deutschen Gymnasium für Nordschleswig sind beide zum ersten Mal auf den Düppeler Schanzen. Im Wirtschaft/Politik-Unterricht seien sie über die Bedeutung des Ortes für das Grenzgebiet aufgeklärt worden. „Ich selbst hatte bisher keine wirklichen Berührungspunkte mit dem Düppel-Tag”, sagt Emma, die in Flensburg (Flensborg) wohnt. Linn gehe es ähnlich, doch sie erkenne die Bedeutung des Tages: „Die Schlacht bei Düppel ist für die Geschichte der Minderheit sehr wichtig – also auch für uns, denn wir sind Teil von ihr.” Erst nach ihrem Wechsel auf das Gymnasium habe sie von der Schlacht bei Düppel erfahren. Die idyllische Kulisse der blühenden Rapsfelder vor der Düppel-Mühle lasse nicht vermuten, dass hier einst ein Schlachtfeld existierte.

Die Schlacht bei Düppel ist für die Geschichte der Minderheit sehr wichtig – also auch für uns, denn wir sind Teil von ihr.

Linn Reißer
Der deutsche Botschafter in Dänemark, Prof. Dr. Pascal Hector
Der deutsche Botschafter in Dänemark, Prof. Dr. Pascal Hector, betonte den Zusammenhalt vor dem Hintergrund bewaffneter Konflikte in Europa. Foto: Karin Riggelsen

Der deutsche Botschafter in Dänemark, Prof. Dr. Pascal Hector, betont in seiner Eröffnungsrede, dass das gemeinsame Gedenken über den Kriegsgräbern beide Nationen eine. Vor dem Hintergrund des russischen Angriffskriegs in der Ukraine erinnert er daran, dass Dänemark und Deutschland gemeinsam auf der Seite des Rechts stünden. Die Streitkräfte der europäischen Nationen seien Garanten des Friedens und der Freiheit.

Ulla Skou, Militärpastorin der dänischen Minderheitenkirche in Valsbøl, findet in ihrer Andacht ähnliche Worte: „Der Düppel-Tag erinnert daran, dass es wichtig ist, für das zu kämpfen, was uns lieb und teuer ist: die gemeinsamen Werte Frieden, Freiheit und Gerechtigkeit.”

Angehörige des Militärs
Angehörige des Militärs legen Kränze auf das dänische Massengrab. Foto: Karin Riggelsen

Nach dem Ablegen von Kränzen auf den Gräbern der Soldaten zeigen sich die Schülerinnen des deutschen Gymnasiums bewegt. „Ich finde schön, dass die Rednerinnen und Redner Bezug auf aktuelle Themen genommen haben. Insbesondere auf den Krieg in der Ukraine”, meint Emma. Linn stimmt zu: „Es ist gut, dass sich so viele Gemeinden aus dem Grenzgebiet an den Kränzen beteiligt haben.” Beiden fiel positiv auf, dass die Reden sowohl auf Dänisch als auch auf Deutsch gehalten wurden. So könne sichergestellt werden, dass sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer beider Grenzseiten angesprochen fühlen.

Bedeutung für beide Minderheiten

Elin Kristensen
Elin Kristensen, Schülerin der 11. Klasse der A. P. Møller Skolen, misst der Schlacht bei Düppel eine besondere Bedeutung für die Minderheit zu. Foto: Erik Becker

Auch Schülerinnen und Schüler der dänischen Minderheit nahmen an der Gedenkveranstaltung teil. Unter ihnen Elin Kristensen (18) und Frederik Bulda (17). Sie besuchen die 11. Klasse der A. P. Møller Skolen in Schleswig (Slesvig). „Die Schlacht bei Düppel wird bei uns im Unterricht behandelt. Ich finde das gut, denn sie hat die Geschichte der beiden Minderheiten wesentlich geprägt”, sagt Elin. Auch die persönliche Biografie und die der eigenen Vorfahren sei davon betroffen: „Als Teil der Minderheit fragt man sich manchmal: Bin ich eher deutsch oder eher dänisch? Ich denke, dass Düppel darauf unmittelbar Einfluss hatte.” 

Als Teil der Minderheit fragt man sich manchmal: Bin ich eher deutsch oder eher dänisch? 

Elin Kristensen
Frederik Bulda
Frederik Bulda, Schüler der 11. Klasse der A. P. Møller Skolen, kennt beide Seiten der Grenze. Foto: Erik Becker

Frederik hat die Düppeler Schanzen schon mehrfach besucht. An der Gedenkveranstaltung nimmt er jedoch zum ersten Mal teil. „Die Schlacht bei Düppel hat für die Grenzverschiebung gesorgt – und damit beide Minderheiten stark beeinflusst.” Frederik kennt beide Seiten der Grenze gut: Vor dem dänischen Gymnasium besuchte er für ein Jahr die Nachschule in Dänemark. Nach dem Abitur hat er vor, in Dänemark zu studieren.

Junge Generation soll Tradition erhalten

Freiheitshalle Sportschule Sonderburg
600 Teilnehmerinnen und Teilnehmer unterschiedlicher Generationen nahmen in der Freiheitshalle der Sportschule Sonderburg Platz. Während der Veranstaltung kommen die Gäste ins Gespräch. Foto: Erik Becker

Nach dem Trauerakt an den Düppeler Schanzen wurde die Veranstaltung in der Freiheitshalle der Sportschule Sonderburg fortgesetzt. Unter den 600 Teilnehmenden befanden sich Schülerinnen und Schüler, Angehörige des dänischen und des deutschen Militärs sowie geladene Gäste und Interessierte aus dem Grenzland. Um die Generationen zu durchmischen, wurde durch farbige Zettel vorgegeben, wer neben wem sitzt. Dabei lagen nie mehr als zwei Zettel derselben Farbe nebeneinander. 

Nanna Blankschön, stellvertretende Direktorin der Sportschule und Veranstaltungsleiterin, sieht in diesem Vorgehen einen Anreiz, um miteinander ins Gespräch zu kommen: „Wir wollen die Generationen ermutigen, sich untereinander auszutauschen. Es ist wichtig, dass vor allem junge Menschen die Bedeutung des Düppel-Tages wahrnehmen. Er ist für beide Minderheiten sehr wichtig. Wir wollen die Erinnerungskultur erhalten und ein Aussterben der Tradition verhindern.” Aus diesem Grund habe man das Konzept der Veranstaltung überdacht: Aus einer förmlichen Abendveranstaltung sollte eine Begegnungsstätte werden. Zu einem Zeitpunkt der Veranstaltung erhielten die Sitznachbarn die Chance, das „Minderheitenmenü” auszuprobieren, das auf den Tischen in der Freiheitshalle bereitliegt. Dabei handelte es sich um einen Fragenkatalog, der dabei helfen sollte, miteinander in den Dialog zu treten.

Im Rahmen der Gedenkveranstaltung können sich die Schülerinnen und Schüler der Minderheitengymnasien die Auswirkungen bewaffneter Konflikte vergegenwärtigen. Vor dem Hintergrund der Zeitenwende in Europa solle dies auch eine Mahnung sein, so Blankschön: „Wir leben hier in Frieden, doch das ist keine Selbstverständlichkeit.”

Weitere Bilder der Gedenkfeier:

Angehörige des Militärs
Foto: Karin Riggelsen
Kränze werden niedergelegt
Foto: Karin Riggelsen
Publikum bei der Gedenkfeier
Foto: Karin Riggelsen
Kinder bei der Gedenkfeier
Foto: Karin Riggelsen
Interview auf der Bühne
Foto: Paulina von Ahn
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