Deutsche Minderheit

Deutsches Museum Nordschleswig: Was in den kommenden Jahren passiert

Deutsches Museum: Was in den kommenden Jahren passiert

Deutsches Museum: Was in den kommenden Jahren passiert

Nordschleswig
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Hauke Grella (links) und Jon Thulstrup präsentierten ihre Projekte bei der Sitzung des BDN Hauptvorstands. Foto: Gwyn Nissen

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Das Programm des Deutschen Museums für die kommenden Jahre steht fest. Die geplanten Projekte widmen sich insbesondere einem Thema, das, fragt man Hauke Grella, Museumsleiter des Deutschen Museums Nordschleswig, noch längst nicht ausreichend aufgearbeitet wurde – Nordschleswigs Rolle im Nationalsozialismus.

Am vergangenen Montagabend präsentierten Hauke Grella und Jon Thulstrup das „Forschungs- und Arbeitsprogramm des Deutschen Museums und des Deutschen Archivs Nordschleswig“ für die Jahre 2023 bis 2027. Grella begann mit den Worten: „Das sehr gute Jahr 2021 haben wir zum jetzigen Zeitpunkt bereits eingeholt, sodass wir in diesem mit insgesamt 4.000 Besucherinnen und Besuchern rechnen.“ Zu bedenken gab er jedoch: „Wir müssen weiter daran arbeiten, den Bekanntheitsgrad des Museums zu steigern. Unsere bisherige Arbeit trägt aber bereits Früchte.“ Grella ist Historiker und Leiter des Deutschen Museums in Nordschleswig. Thulstrup ist ebenfalls Historiker und Forschungsleiter. Auch Archivleiterin Nina Jebsen ist gleichermaßen an den Projekten beteiligt.

Ich habe das Gefühl, dass wir bisher nur an der Oberfläche gekratzt haben.

Hauke Grella

Publikationen und Buch-Projekt

Für die kommende Jahre ist einiges in Planung. Darunter auch zwei Publikationen und ein Buch-Projekt. Dabei handele es sich zum einen um die Erinnerungen von Jef Blume, dessen handschriftliche Aufzeichnungen von freiwilligen Helferinnen und Helfern entziffert und abgetippt wurden. Nun liege der Text bereit, und Grella und Thulstrup müssen dem Schriftstück nur noch Kommentare und Erklärungen hinzufügen, die die jeweiligen Inhalte in den Kontext der Zeit einordnen.

Jef Blume war von 1933 bis 1945 Landesjugendführer der Deutschen Jungenschaft Nordschleswig. Im sogenannten Volksgruppenprozess von 1948 wurde Blume, aufgrund seiner führenden Rolle während des Nationalsozialismus, zu einer mehrjährigen Haftstrafe verurteilt. Nach Absitzen seiner Strafe, arbeitete er als Lehrer und war von 1965 bis 1968 Hauptvorsitzender des Bundes Deutscher Nordschleswiger.

Auch ein Buch mit dem Titel „Geschichte der deutschen Minderheit“ ist in Planung. Die Idee sei hierbei „die Geschichte als Minderheit selbst zu erzählen“. Das Werk solle ein Überblickswerk für die Jahrzehnte von 1920 bis heute werden. Im Anschluss daran könne man dann einzelne Themenbereiche, in eigenen Buch-Projekten, weiter vertiefen, so die Idee der beiden.

Die dritte Publikation befinde sich bereits in der Setzung: Von 2019 bis 2020 erschien im „Nordschleswiger“ eine Serie historischer Artikel unter der Überschrift „100 Jahre, 100 Gegenstände, 100 Geschichten“. Nun sollen diese Geschichten gesammelt unter dem Titel „100 Gegenstände“ erscheinen. Diese Publikation könne dann außerdem als  „Museumskatalog“ fungieren und werde zunächst auf Deutsch erscheinen. Bis das Buch erhältlich ist, sind die Texte auf der Seite des „Nordschleswigers“ zu lesen.

Erst mal sehen, was da ist

Insbesondere im Kontext dieser schriftlichen Projekte betonen Thulstrup und Grella die Wichtigkeit der Arbeit der freiwilligen Helferinnen und Helfer. All die Fleißarbeit, die gemacht werden muss, bevor ein Projekt überhaupt angegangen werden kann, sei ohne sie kaum zu bewerkstelligen.

Die Digitalisierung spiele hier eine große Rolle: „Um forschen zu können, müssen wir erst mal wissen, was wir haben, sprich, womit wir arbeiten können“, erklärte Grella. Diesen Prozess mit mehr Freiwilligen zu beschleunigen, sei daher kontraproduktiv. „Wir müssen die Personen einarbeiten und dann ihr Tun fortwährend betreuen. Das kostet uns viel Zeit, und die fehlt dann an anderer Stelle.“

Auch der Knivsberg als „Historischer Lernort“ steht im Fokus des Programms. Innerhalb der gegründeten Arbeitsgruppe, die aus Vertreterinnen und Vertretern unterschiedlicher Fachbereiche besteht, seien sie noch auf Ideen- und Inspirationssuche, um aus diesem Lernort das Bestmögliche herauszuholen. Eine besondere Herausforderung sei dabei, dass alles draußen stattfinden werde, und ein passendes Angebot auf die Beine zu stellen, sowohl Kreativität als auch externe Erfahrungswerte benötige.

Hauke Grella ist Historiker am Deutschen Museum Nordschleswig. Foto: Gwyn Nissen

Aufarbeitung der NS-Zeit in Nordschleswig

Für das Jahr 2026 ist eine Sonderausstellung geplant, die unter dem Arbeitstitel „Kindheit und Jugend in einer nationalsozialistischen Minderheit“ läuft. Sie soll die Chance bieten, mit einem „immer noch vorherrschenden Narrativ aufzuräumen“. So ist es in dem Papier zur Präsentation zu lesen. Denn es seien nicht nur „einige wenige“ Personen aus der Minderheit auf unterschiedliche Weise fördernde Kräfte der nationalsozialistischen Kriegsmaschinerie gewesen. Dieses Projekt biete aber auch die Möglichkeit „weg von einem Verurteilen“ und „hin zu einem Verstehen“ dieser Zeit zu gelangen.

Die Projekte beziehen sich auf die Jahre vor und während der NS-Zeit. Auf den Hinweis, dass auch die Zeit nach 1945 noch viel Aufarbeitung benötige und dort noch kaum geforscht worden sei, zeigte sich Grella verständnisvoll, äußerte aber seine Bedenken und Beweggründe: „Ich habe das Gefühl, dass wir bisher nur an der Oberfläche gekratzt haben. Noch haben wir viel zu wenig Stellung bezogen. Es fehlt noch zu viel, als dass wir jetzt aufhören und uns etwas anderem widmen können. Es ist wichtig, erst einmal die Grundlagen zu verstehen, um nachvollziehen zu können, warum sich die Dinge so entwickelt haben.“

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