Gesundheit

Kostenlose Hilfe, um die Zigaretten „in Rente zu schicken“

Kostenlose Hilfe, um die Zigaretten in Rente zu schicken

Kostenlose Hilfe, um die Zigaretten in Rente zu schicken

Lügumkloster/Løgumkloster
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Brian Smidemann nimmt Kurs auf eine Zukunft ohne Nikotin. Foto: Ulrik Pedersen/Tønder Kommune

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Die Kommune Tondern wendet sich mit einer neuen Kampagne an Menschen, die sich das Rauchen abgewöhnen möchten. Brian Smidemann gewährt Einblick, wie es für ihn nach mehr als 40 Jahren als Raucher funktioniert.

Mit „Jobanzeigen“ hat die Kommune Tondern im Kampf gegen die Nikotinabhängigkeit eine etwas andere Kampagne eingefädelt. Gesucht werden „Vollzeitraucher, die Teilzeit wünschen, oder davon träumen, in Rente zu gehen.“

Ausschlaggebend für diesen Vorstoß war die Tatsache, dass die Westküstenkommune bei einer Analyse im November 2022 mit 18,3 Prozent rauchenden Menschen in Jütland Spitzenreiter war.

„Über diesen ersten Platz waren wir nicht besonders stolz“, sagt Fachbereichsleiterin Kia Fog Kristensen bei der Präsentation des neuen Vorstoßes in Lügumkloster. Seit Jahresanfang greift für die rund 3.000 kommunalen Angestellten das Rauchverbot auf dem Arbeitsplatz.

Bürgerinnen und Bürger gefragt

„Wir haben die Sache etwas anders angepackt und untersucht, was den Bürgerinnen und Bürgern wichtig ist. Wir waren uns darüber im Klaren, dass niemandem an einem erhobenen Zeigefinger gelegen ist“, so Kia Fog Kristensen.

Es wurde eine Verhaltensanalyse erstellt, und 20 Bürgerinnen und Bürger wurden über das soziale Netzwerk Facebook angefunkt. Einige hatten an einem Rauchstopp-Kursus teilgenommen, andere nicht. „Das gab uns gute Einblicke“, sagt Fog Kristensen. Für die Umsetzung wurde ein Kommunikationsbüro ins Boot geholt.

Brian Smidemann, Gesundheitsberaterin Winnie Holm Lorenzen und Fachbereichsleiterin Kia Fog Kristensen bei der Präsentation der neuen Kampagne in Lügumkloster Foto: Ulrik Pedersen/Tønder Kommune

Die Wichtigkeit von Präsenz

„Uns war es bei der Kampagne wichtig, dass die Bürgerinnen und Bürger wissen, dass sie uns kontaktieren können und die Information darüber, wie die kostenlosen Kurse ablaufen, präsent ist“, sagt die kommunale Gesundheitsberaterin Winnie Holm Lorenzen. Sie führt mit drei Kolleginnen die Kurse an verschiedenen Orten durch. Informationen gibt es auch auf der neuen Homepage.

„Bei einigen kann der Rauchstopp Angst hervorrufen, und sie sorgen sich vielleicht, ausgelacht zu werden. In der Kampagne wird die Bezeichnung „Rauchstopp“ nicht viel verwendet. Es ist ungemein wichtig, dass den Teilnehmerinnen und Teilnehmer mit Verständnis begegnet wird, da es schwer ist, den Beschluss zu treffen und einen Ausweg zu finden“, erzählt Pia Fog Kristensen.

Ohrakupunktur gegen Entzugserscheinungen

Um die Entzugserscheinungen und Unruhe im Körper zu dämpfen, bietet die Kommune Tondern auch die Ohrakupunktur NADA (National Acupunctur Destoxification Association) an. „Wir planen, laufend weitere Angebote, wie Ernährungsberatung und Bewegung als Ergänzung anzubieten“, sagt Winnie Holm Lorenzen.

„Wir haben zudem den Fokus auf Menschen, die bereits früher versucht haben, das Rauchen aufzugeben. Ihre bisherigen Erfahrungen sind Gold wert, da sie wissen, wie sie reagieren und auf welche Herausforderungen man sich konzentrieren muss“, so die Gesundheitsberaterin.

Brian Smidemann hat neuerdings seine morgendliche Routine geändert. Foto: Ulrik Pedersen/Tønder Kommune

Seit eineinhalb Monaten rauchfrei

Zu den Rauchenden, die die Zigaretten in Rente geschickt haben, gehört Brian Smidemann aus Tondern.

„Ich bin glücklicherweise seit einem Monat und zwölf Tagen rauchfrei“, erzählt der 57-Jährige. Es ist sein erster Versuch, die Nikotinabhängigkeit an den Nagel zu hängen. „Ich habe am Abend vor dem ersten Treffen beschlossen, die Zigaretten ganz abzusetzen. Ich hatte mir sonst vorgestellt, dass ich es schrittweise machen würde“, so Smidemann bei der Präsentation der neuen Anti-Rauch-Kampagne.

„Die ersten zehn Tage waren hart. Es geht darum, herauszufinden, welche Angewohnheiten anstelle des Rauchens treten sollen“, sagt der frischgebackene Ex-Raucher.

Wöchentlicher Erfahrungsaustausch

Den wöchentlichen Erfahrungsaustausch mit Mitstreiterinnen und Mitstreitern bezeichnet er als ergiebig.

„Wir diskutieren lustig drauflos. Es ist ganz schön, sich mit Menschen aus verschiedenen Altersklassen und Berufen auszutauschen, bei denen Gefühle keine Rolle spielen, wie es vielleicht bei Angehörigen der Fall ist“, so Smidemanns Erfahrung.

„Es ist wichtig, dass die Kurse zügig losgehen und die Raucherinnen und Raucher, die für die Entwöhnung motiviert sind, nicht ewig lange warten müssen“, sagt Winnie Holm Lorenzen. Während im vergangenen Jahr 80 Leute die Kurse durchlaufen haben, liegt das Ziel mit dem neuen Konzept nun bei 300 Personen.

Winnie Holm Lorenzen leitet wie weitere Kolleginnen die Kurse. Brian Smidemann nimmt an einem der Kurse teil. Foto: Ulrik Pedersen/Tønder Kommune

Höhere Erfolgsquote

Die Kommune Tondern hat seit vielen Jahren gemeinsam mit den Apotheken Angebote gehabt, um rauchfrei zu werden. Der neue Vorstoß entspringt aus der kommunalen Gesundheitsverwaltung.

„Es gibt etwas völlig anderes, wenn es in Teams praktiziert wird, da es wirklich unterschiedlich ist, was für den Einzelnen funktioniert“, sagt Winnie Holm Lorenzen.

Laut Statistik schaffen es nur 3 von 100 Personen, die auf eigene Faust dem Nikotin Adieu sagen wollen. „Bei den Menschen, die an Teamsitzungen teilgenommen haben, stellt sich bei 60 Prozent der Erfolg beim ersten Versuch ein“, so die Gesundheitsberaterin.

Das Material der neuen Kampagne Foto: Monika Thomsen

Keine Bevormundung

Für Brian Smidemand ist es wesentlich, dass die Kommune um Bevormundung und Kontrolle einen Bogen macht.

„Das ist uns bewusst. Daher tritt der Namenszug der Kommune auf dem Material auch nicht groß in Erscheinung“, erzählt Kia Fog Kristensen.
 

Das Schwierigste ist es wohl, sich neue Gewohnheiten anzueignen.

Brian Smidemann

Brian hat sich aus gesundheitlichen Gründen für ein Leben ohne Zigaretten entschieden, da sein Blutdruck gesenkt werden musste. „Ich bin der Auffassung, dass es an mir liegt, selbst aktiv zu werden, ehe ich Medikamente nehme“, so Smidemann, der seit seinem 13. Lebensjahr geraucht hat.

Sinne nicht mehr beeinträchtigt

„Bereits nach 14 Tagen waren mein Geruchs- und Geschmackssinn wieder voll da. Ich kann auch mehr Sport treiben, bevor mein Puls hoch ist. Nach zwei Wochen war mein Kohlenmonoxid auf null, und es gab keine Abfallstoffe“, erzählt Smidemann. Winnie Holm Lorenzen berichtet, dass bei den Treffen angeboten wird, das Kohlenmonoxid bei der Ausatmung zu messen.

Brian Smidemann glaubt, dass er auch ohne das kommunale Angebot das Rauchen hätte aufgeben können. „Die Treffen bestärken mich aber darin, dass es die richtige Entscheidung ist“, sagt er.

Smidemann, der auf ein tägliches Quantum von 15 bis 20 Zigaretten kam, hat jetzt gelegentlich eine kleine künstliche Zigarette zwischen den Fingern. „Der Inhalator kann mit Nikotin befüllt werden. Oft ertappe ich mich aber dabei, dass ich nur mit der ‚Zigarette‘ spiele.“

Frühsport statt Nikotin

„Das Schwierigste ist es wohl, sich neue Gewohnheiten anzueignen“, sagt der Frühaufsteher. Für ihn begann der Tag bis vor eineinhalb Monaten um 5.30 Uhr draußen mit einer Tasse Kaffee und einem Glimmstängel. „Jetzt mache ich 15 Minuten lang Morgengymnastik, während der Kaffee in der Maschine durchläuft.“

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