Artenvielfalt in Gefahr

Alltagsvogel Goldammer: Dänischer Bestand schrumpft dramatisch

Alltagsvogel Goldammer: Bestand in Dänemark sinkt dramatisch

Alltagsvogel Goldammer: Dänischer Bestand sinkt dramatisch

Tondern/Tønder
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Diese Goldammer ließ sich im Naturschutzgebiet zwischen Emmerleff (Emmerlev) und Jerpstedt (Hjerpsted) an der nordschleswigschen Westküste fotografieren. Foto: Volker Heesch

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Innerhalb der vergangenen 40 Jahre ist bei dem einst in der Agrarlandschaft weit verbreiteten Sänger mit seinem charakteristischen goldgelben Gefieder der Bestand auf ein Viertel des früheren Umfangs zusammengeschmolzen. Der Verband „Dansk Ornitologisk Forening“ macht die intensivierte Landwirtschaft für den Schwund zahlreicher Arten verantwortlich: An der Westküste sind „Hochburgen“ der hübschen Art bewahrt.

Die Goldammer zählte in Dänemark zu den Vögeln, die allen Menschen bekannt waren.

Lebensraum Agrarlandschaft

Das auffallend goldgelbe Gefieder der Männchen und der auffällige Gesang, „wie-wie-wie hab ich dich liiieb“, erhöhte den Bekanntheitsgrad des typischen Bewohners der Agrarlandschaft, dessen Gesang in Dänemark vom Vogelschutzverband DOF mit der „Eselsbrücke" „én-to-tre-fir'-fem-seks-syyyyv“ vermittelt wird.

Die Männchen der Goldammern besitzen ein auffallend goldgelbes Gefieder, besonders mit ihrem Kopfbereich glänzen die fleißigen Sänger. Foto: Volker Heesch

Doch während vor einigen Jahrzehnten die ganzjährig zu beobachtende Singvogelart, „Gulspurv“ ist der dänische Name, bei fast jedem Spaziergang zu sehen und zu hören war, registrierte „Dansk Ornitologisk Forening“ im Zuge seiner seit 1976 vorgenommenen Punktezählungen bei den Goldammern einen dramatischen Schrumpfungstrend: Innerhalb von 40 Jahren ist der Bestand der in offenen bis halboffenen Landschaften typischen Vogelart auf ein Viertel des Ausgangsvorkommens geschrumpft. Das berichtet die DOF-Zeitschrift „Fugle og Natur“ in ihrer neuesten Ausgabe.

Nahrungsmangel lässt Vorkommen schwinden

In den vergangenen zehn Jahren ist der Bestand der Goldammern Jahr für Jahr um 10 Prozent zusammengeschmolzen. Offenbar finden die Vögel immer weniger Nahrung, vor allem Samen wildwachsener Pflanzen, die sie vom Boden aufnehmen, und während der Brutzeit Insekten und Spinnen. Die Ausräumung der in weiten Teilen Dänemarks immer intensiver genutzten Agrarlandschaft bietet den am Boden und in niedrigem Gebüsch nistenden Goldammern immer weniger Brutreviere.

Das militärische Übungsgelände südlich von Jerpstedt, auf dem die Natur gepflegt wird, ist eines der „Erholungsgebiete" für die Agrarlandschaftsbewohner unter den heimischen Vogelarten. In dieser Gegend liegen Hochburgen der Goldammern, aber auch von Grauammern und Feldlerchen. Foto: Volker Heesch

Bei DOF läuft eine Initiative zum Schutz der Goldammern, bei denen die Männchen bevorzugt auf den Spitzen freistehender Bäume und Büsche singen, um ihr Revier zu markieren. Der verstorbene dänische Biologe Poul Hansen hat über Jahrzehnte das Leben der Goldammern erforscht. Er fand heraus, dass die Goldammern sehr standorttreu sind. Das ist verhängnisvoll, denn sie halten auch nach Rodung von Hecken und Erweiterung von Feldern, auf denen Herbizide kein „Unkraut" zurücklassen, dessen Samen ihnen Nahrung liefern, an ihrem Revier fest. Mit dem Ergebnis, dass es kaum noch Nachkommen gibt.

Brachflächen retten Vogelarten

Die dänischen Vogelschützer fordern nicht nur mehr Schutz für Hecken und Gebüsch in der Agrarlandschaft, sie fordern auch die Schaffung von Brachflächen, die Goldammern und anderen Arten der Agrarlandschaft wie Rebhühnern (Agerhøns), Feldlerchen (Sanglærker) und Grauammern (Bollærker) das Überleben sichern.

Beethoven von Goldammer inspiriert

Auch die Musikgeschichte hat den Goldammern einiges zu verdanken, lieferte der Reviergesang der Art dem Komponisten Ludwig van Beethoven doch die Inspiration zur Auftaktmelodie seiner 5. Sinfonie. In Dänemark sind die Goldammern seit 2019 auf der Roten Liste der gefährdeten Arten zu finden.

 

Die Feldlerche zählt wie die Goldammer zu den Bewohnerinnen der Agrarlandschaft. Doch in vielen Gebieten ist die Art mit ihren Singflügen verschwunden. Foto: Volker Heesch

 

Dass Schutzvorschriften zugunsten von Feldgehölzen, die es seit Jahren in Deutschland gibt, Wirkung zeigen, belegt die Erholung der dortigen Bestände. Nach Registrierung in der Vorwarnliste der gefährdeten Arten gelten Goldammern in Deutschland nicht mehr als gefährdet. Auch in Dänemark gibt es „Hochburgen“ der Goldammern. Dazu zählt beispielsweise der Bereich an der nordschleswigschen Westküste bei Hoyer (Højer) und zwischen Emmerleff und Jerpstedt. Die dortige Geestlandschaft verfügt noch über viel Gebüsch und kleinere Heideflächen, in denen sich ganzjährig Goldammern tummeln.

 

Standvögel oder Kurzstreckenzieher

Die Goldammern sind Standvögel, während der kalten Jahreszeit gesellen sich zu den heimischen aber auch aus benachbarten Regionen als Kurzstreckenzieher hinzukommende Artgenossinnen und -genossen. Hoffnungen auf bessere Zeiten macht man sich bei DOF angesichts der seit Jahresbeginn veränderten EU-Agrarförderung.

Die am Boden brütende Feldlerche könnte von der Schaffung nicht genutzter Areale inmitten der oft intensiv genutzten Agrarlandschaft profitieren. Es gibt Erfolge durch „Lerchenfenster" im Grünland, auf denen in der Brutzeit nicht gemäht wird. Foto: Volker Heesch

 

Diese schreibt den Betrieben vor, 4 Prozent der Nutzflächen als nicht produktive Areale zu behandeln – für die Vogelwelt der Agrarlandschaft ein Hoffnungsschimmer. Vielleicht gibt es in einigen Jahren wieder mehr „wie-wie-wie hab ich dich liiieb“-Gesang und auch wieder mehr Singflüge der Feldlerchen.    

 

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