Geschichte

1864: Werdender Vater starb, als er Hebamme holen wollte

1864: Werdender Vater starb, als er Hebamme holen wollte

1864: Werdender Vater starb, als er Hebamme holen wollte

Düppel/Dybbøl
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Historikerin Ditte Kock in der neuen Ausstellung Foto: Karin Riggelsen

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Mit der neuen Ausstellung „Zivile Todesfälle 1864“ bietet das Geschichtszentrum auf Düppel einen neuen lokalhistorischen Blick auf den Krieg von 1864. Nicht die Soldaten, sondern die Bürgerinnen und Bürger stehen im Mittelpunkt.

Gerade in modernen Kriegen sterben viele Zivilpersonen bei den Kämpfen. So sind etwa die menschlichen Verluste derer in Gaza und der Ukraine hoch. Das Geschichtszentrum auf Düppel, „Historiecenter Dybbøl Banke“ hat sich für eine neue Ausstellung mit den zivilen Verlustzahlen von 1864 befasst. „Heute haben Kriege immer auch eine zivile Komponente“, sagt die Historikerin und Vermittlerin des Geschichtszentrums, Ditte Kock. 

Alte Kirchenbücher durchforstet

Sie hat während der Corona-Pandemie, im Zuge ihrer Recherchearbeiten zur Übersterblichkeit von 1864, viele Kirchenbücher durchforstet. Unter den vielen, krankheitsbedingten Todesfällen fand sie aber auch etwas anderes: Sie las von Personen, die plötzlich von einer Kugel oder von Resten einer explodierenden Granate getroffen wurden und aus dem Leben schieden. 

Wie viele Privatpersonen starben in dem Krieg von 1864? 

Die Historikerin machte sich daran, folgende Fragen zu beantworten: Wie viele Privatpersonen starben in dem Krieg von 1864? Wie starben sie, und wo in Dänemark schieden die meisten Menschen auf so tragische Weise aus dem Leben? 

Antworten liefert eine neue Ausstellung, die am Donnerstag, 18. April – am 160. Düppel-Tag – um 11 Uhr im Untergeschoss öffnet. 

Die neue Ausstellung (l.) wurde im Untergeschoss der bestehenden Ausstellung hinzugefügt. Foto: Karin Riggelsen

Ditte Kock freut sich auf die Eröffnung und die Reaktionen der Besuchenden: „Es ist ein Raum zum Nachdenken. Wir informieren darüber, wer sie waren, wie alt, und wir haben eine Beschreibung der Ereignisse hinzugefügt.“ 

16 zivile Opfer werden beschrieben

Die 16 genannten Personen sind in Themen aufgeteilt: Manche starben durch Kugeln, andere im Bombardement. 

Laurits Ludvigsen auf Fredericia starb beispielsweise, als er für seine in den Wehen liegende Frau Ane in der Stadt eine Hebamme holen wollte. Er wurde von einem Wächter erschossen.  

Drei junge Frauen in Vejle, Bro auf Alsen und in Lødderup wurden von Gewehrkugeln getroffen. 

Søren Sørensen und Henrik Fahnø waren lediglich 14 und 16 Jahre alt, als sie starben. Drei Männer kamen einem Wachposten zu nahe, während einige Granaten fanden und diese plötzlich explodierten. 

Das jüngste zivile Opfer ist der siebenjährige Pflegesohn Marius Ammersen, dem am 20. März 1864 das Bombardement von Fredericia das Leben kostete. 

 

Es ist ein Raum zum Nachdenken. Wir informieren darüber, wer sie waren, wie alt, und wir haben ein Zitat der Ereignisse hinzugefügt.

Ditte Kock
Ein Soldat des Brandenburgischen Husaren-Regiments zündete auf dem Hof der Familie Clausen bei Schelde (Skelde) eine Granate, deren Splitter ein Fenster des Hofes zerstörte und sich anschließend durch die hölzerne Seite einer Schatulle bohrte. Die Schatulle wurde wieder hergerichtet. Die Reparation war aber eher notdürftig und ist noch heute gut erkennbar. Foto: Karin Riggelsen

Die neue Ausstellung wurde von Albani-Fonden gefördert. Der Historiker des Historiecenters, Jens Jacob Beck, hat die fiktiven Porträts der Verstorbenen gezeichnet. Das Geschichtszentrum beleuchtet die Problematik des Kriegs auf verschiedene Weise. Nun werden auch die zivilen Opfer erwähnt. „Und das ist eine sehr wichtige Sache“, so Ditte Kock. 

Übersterblichkeit in Nordschleswig

Eine informative Karte über die Übersterblichkeit des Kriegs hängt nun an einer Außenwand des Zentrums. Das Gebiet um Ulkebüll (Ulkebøll) ist der dunkelste Bereich. Dort gab es die höchste Übersterblichkeit, weil dort Soldaten bei der zivilen Bevölkerung untergebracht wurden. Die Soldaten brachten aufgrund der schlechten Verhältnisse bei der Ernährung und der Toilettenverhältnisse Typhus mit. 

Das Projekt zur Übersterblichkeit ist weiterhin nicht abgeschlossen. „Wir werden alle Kirchenbücher aus ganz Dänemark durchforsten. Auf dem QR-Code werden dann laufend die neuesten Zahlen veröffentlicht“, so Ditte Kock.  

Die Ausstellung ist mit dänischen und deutschen Infotexten versehen. Die englische Übersetzung liefert ein QR-Code. 

Ditte Kock neben dem Plakat der Übersterblichkeit. Foto: Karin Riggelsen
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