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Hitlers Flüchtlinge in Dänemark: Ein Zeitzeuge erzählt

Hitlers Flüchtlinge in Dänemark: Ein Zeitzeuge erzählt

Hitlers Flüchtlinge in Dänemark: Ein Zeitzeuge erzählt

Hadersleben/Haderslev
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Sidsel von Qualen, Archivarin bei „Historie Haderslev“, lädt gemeinsam mit dem Museumsverein zu einer besonderen Themenveranstaltung ein. Im Gespräch mit dem „Nordschleswiger“ gewährt sie einen Einblick in die Thematik. Foto: Ute Levisen

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Ein Kapitel deutsch-dänischer Geschichte schlagen der Museumsverband „Historie Haderslev“ und der Museumsverein auf: Sie gewähren Einblicke in den Alltag der circa 200.000 deutschen Kriegsflüchtlinge in Dänemark. Jörg Baden, Zeitzeuge und ehemaliges Flüchtlingskind, erzählt, was er in Hadersleben erlebt hat, sagt Archivarin Sidsel von Qualen.

Jörg Baden kam in den letzten Monaten des Zweiten Weltkriegs mit seiner Familie nach Nordschleswig. Etwa 200.000 deutsche Flüchtlinge trafen damals ebenfalls in Dänemark ein.

Ihr Schicksal beleuchtet der Dokumentarfilm „Hitlers deutsche Flüchtlinge in Dänemark“ von Jacob Andersen.

Der Haderslebener Museumsverband „Historie Haderslev“ lädt im März in Zusammenarbeit mit dem Archiv- und Museumsverein zu einem Themenabend in das Kino „Kosmorama“ ein. Im Mittelpunkt stehen der Film und die anschließende Gesprächsrunde über die deutschen Flüchtlinge in Dänemark.

Deutsche Flüchtlinge verlassen den Bürgerverein in Hadersleben. Foto: Historisk Arkiv for Haderslev Kommune

Vom Alltag als Flüchtling

„Jörg Baden war einer von ihnen. Gemeinsam mit seiner Familie ließ er sich damals in Lille Anslet nördlich von Hadersleben nieder. Wenig später erkrankte er an Diphtherie und musste im städtischen Krankenhaus behandelt werden“, erläutert Sidsel von Qualen, Archivarin bei „Historie Haderslev“.

Badens Lebensgeschichte ist eine von vier Schicksalen, die der Film beleuchtet. Er erzählt von der Flucht, der Zeit in Dänemark und welche Auswirkungen dies alles auf das Leben der Kinder hatte.

Im Krankenhaus in der alten Kathedralschule wurden die deutschen Flüchtlinge behandelt. Foto: Historisk Arkiv for Haderslev Kommune

„Im Polizeikreis Hadersleben waren im Mai 1945 4.373 Flüchtlinge untergebracht, davon 1.722 in Privatunterkünften. Es waren hauptsächlich Angehörige der deutschen Volksgruppe, die Flüchtlinge beherbergten. Nach Mai 1945 wurden sie in größere Lager umgesiedelt“, erläutert die Archivarin.

 

Jörg Baden kehrt nach 79 Jahren nach Hadersleben zurück, um über seine Zeit als Flüchtlingskind zu berichten. Foto: Pressefoto

Schwere Zeiten

Die Jahre in Dänemark waren für die Flüchtlinge schwierige Zeiten – und die Einheimischen ihnen im Kielwasser von fünf Jahren nationalsozialistischer Besetzung nicht gerade wohlgesinnt.

Die Flüchtlinge mussten damals ihre Habseligkeiten zurücklassen – und einige Jahre lang in Dänemark bleiben. Erst 1949 verließen die Letzten das Land.

Große Lager waren damals ihre Heimat, wobei Oksbøl mit etwa 30.000 Menschen das größte gewesen ist. Unter den dort Einquartierten waren viele Kinder.

Jacob Andersen ist der Regisseur des Dokumentarfilms. Foto: Pressefoto

Rückkehr nach 79 Jahren

Fast 80 Jahre später kommt Jörg Baden am 18. März erneut nach Hadersleben – diesmal, um Einblicke in seine Zeit als Flüchtlingskind zu gewähren.

An die Filmvorführung schließt sich eine Podiumsdiskussion mit dem Regisseur des dänischen Dokumentarfilms, Jacob Andersen, dem Historiker John V. Jensen von den Vardemuseerne und Jörg Baden an.

Diese vier Briefe stammen von Flüchtlingen, die im Lager Skrydstrup untergebracht waren. Laut Peter Schaffer Hansen von der Facebook-Gruppe „Gamle Haderslev“ sind es Kinderzeichnungen und Dankesworte. Alle Briefe wurden 1945/46 an denselben deutsch gesinnten Empfänger in Hadersleben geschickt. Vermutlich als Dank für Geschenke. „Die Briefe sind vor dem Versand gelesen und zensiert worden“, so Schaffer Hansen: „Die Stempel auf der Rückseite der Briefe sind sehr selten, da nur wenige dieser Briefe erhalten geblieben sind.“ Skrydstrup war das größte Flüchtlingslager von Hadersleben und Umgebung. Heute befindet sich dort der Kampfjetstützpunkt. Foto: Privatfoto

Hitlers Flüchtlinge in Dänemark

Die Veranstaltung findet am Montag, 18. März, von 19 bis 21 Uhr im „Kosmorama Haderslev“ statt. Die Teilnahme kostet 50 Kronen für Mitglieder von Haderslev Arkiv- & Museumsforening. Tickets können bis Freitag, 1. März, 10 Uhr, erworben werden. Die Dokumentation dauert eine Stunde und ist auf Dänisch, während die anschließende Podiumsdiskussion teilweise auf Deutsch stattfinden wird. Das Archiv kann unter  arkiv@haderslev.dk kontaktiert werden.

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