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„Welche CO₂-Steuer kommt für die Landwirtschaft?“

Welche CO₂-Steuer kommt für die Landwirtschaft?

Welche CO2-Steuer kommt für die Landwirtschaft?

Kopenhagen
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Die Klimaabgabe für die Landwirtschaft wird kommen. Das steht fest. Unklar ist noch, wie sie aussehen wird. Walter Turnowky hat einen Blick in die Kristallkugel gewagt.

Abteilungsleiter Hans Henrik Post vom Landwirtschaftlichen Hauptverein für Nordschleswig (LHN) hält so gar nichts von einer CO₂-Abgabe für die Landwirtschaft.

Die schlechte Nachricht für ihn und andere Gegnerinnen und Gegner ist: Sie wird kommen. Um das vorherzusagen, brauche ich keine Kristallkugel. Die Landwirtschaft in Nordschleswig und anderswo sollte sich schon einmal darauf einstellen.

Es gibt zwei Gründe, weshalb ich das – ohne jeglichen Vorbehalt – sagen kann. Erstens ist es politisch de facto eine beschlossene Sache und zweitens wird die Landwirtschaft die notwendige Reduktion der Klimagase ohne Abgabe nicht erreichen. Letzteres habe ich mir nicht ausgedacht, sondern der Expertenausschuss, der am Mittwoch seinen Bericht präsentiert hat, hat das errechnet.

Aber zum Politischen: Die SVM-Regierung hat die CO₂-Steuer für die Landwirtschaft im Koalitionsvertrag stehen – und sie verfügt bekanntlich über eine eigene Mehrheit. Die linken Parteien und Radikale Venstre wollen auch die Klimaabgabe; die Konservativen haben sich ebenfalls positiv geäußert. Damit wären wir so ungefähr bei einer Zweidrittel-Mehrheit im Folketing.

Bei der Regierungspartei Venstre hat es einige Unruhe über die Steuer gegeben, schließlich ist sie in der Landwirtschaft verankert. Denn auch wenn die Bäuerinnen und Bauern in der Wählerschaft keine große Rolle mehr spielen, so machen sie weiterhin, einen großen Teil der Basis aus. Vor allem in Jütland sind sie das Rückgrat der Partei.

Das Perfekt hier oberhalb ist mit Bedacht gewählt. Denn seit Troels Lund Poulsen die Parteiführung von Jakob Ellemann-Jensen übernommen hat, ist weitgehend Schluss mit der Unruhe. Seine Ansage war von Anfang an: An der CO2-Abgabe wir nicht gerüttelt. Wer gedacht hatte, der als Traktor-Troels bekannte neue Vorsitzende würde das anders sehen als sein Vorgänger, die oder der hatte sich geschnitten.

Und parteiintern, so zumindest der Flurfunk, hat seine Vize, Stephanie Lose, den besonders Begriffsstutzigen klargemacht, dass ab dem Vorsitzwechsel Ruhe im Karton ist. Die aus Lügumkloster (Løgumkloster) stammende Politikerin genießt ein hohes Ansehen bei der Jütland-Basis.

Somit steht also fest, dass die Steuer auf die Landwirtschaft zukommt. Nur wie sie genau aussehen soll, das steht noch nicht fest. Der Expertenausschuss hat drei Modelle vorgestellt. Um zu erfahren, welchen die Regierung wählen wird, muss ich jetzt doch die Kristallkugel zu Hilfe nehmen.

Es sieht da alles noch ein wenig verschwommen aus. Ah ja, jetzt erkenne ich auch warum. Die Regierung sagt erst einmal so wenig wie überhaupt nur möglich. Sie hat sich etwas Schlaues einfallen lassen, nämlich Drei-Parteien-Gespräche. So kann die Entscheidung erst einmal vertagt werden – mit etwas Geschick bis nach der Europawahl am 9. Juni.

Daran kann die Wirtschaftsministerin, die die Gespräche zwischen Regierung, Landwirtschaftsverband und Umweltverbänden leitet, arbeiten. Sie heißt übrigens Stephanie Lose. Es sind auch Gewerkschaften, die Kommunen und eine Denkfabrik mit dabei. Das mit den drei Parteien (Trepart) ist also keine ganz exakte Bezeichnung, klingt aber schick.

Ein Vorteil der vielen Parteien ist für die Regierung im Allgemeinen und Venstre im Besonderen, dass es somit am Ende keiner so richtig gewesen ist, wenn feststeht, welches Modell es wird.

Das, mit der höchsten Abgabe von 750 Kronen pro Tonne CO2, tut dem Klima und der Gesamtwirtschaft am besten, ist aber für die Landwirtschaft schmerzlich.

LHN-Leiter Hans Henrik Post befürchtet, dass bei einer CO2-Steuer die Produktion von Steaks und Milch einfach ins Ausland verlegt wird. Dann wäre das Klima gleich weit. Die Expertinnen und Experten geben ihm recht – aber nur teilweise.

Bei der höchsten Abgabe würde nach ihrer Einschätzung zwischen 21 und 44 Prozent der Produktion und damit des Ausstoßes der Klimagase auswandern. Einigt sich der „Trepart“ auf den mittleren Satz von 375 Kronen, würden sich zwischen 13 und 30 Prozent der Produktion verlagern. Gesamtgesellschaftlich, also für uns alle, wäre es aber teurer.

Als dritte Lösung schlägt der Ausschuss einen Satz von 125 Kronen vor. Das Problem hier ist, dass wir die Klimaziele nur mit Ach und Krach erreichen würden. Und auch das nur, wenn alle anderen Maßnahmen so klappen, wie man hofft – was sie selten tun. Dafür würden noch zwischen 8 und 20 Prozent der Produktion ins Ausland verschwinden.

Wegen des „Ach und Krachs“ glaube ich auch nicht so sehr an den niedrigsten Satz, aber meine Kristallkugel mag mich trügen. Sie verrät mir jedenfalls nicht besonders eindeutig, ob es dann der mittlere oder der hohe Satz wird, obwohl mir vorkommt, dass da eine Sieben als erste Ziffer steht.

Was die Kugel mir recht klar anzeigt, ist, dass es eine Entschädigung für die Landwirtschaft geben wird. Die wird insgesamt gesehen vielleicht sogar höher als das, was an CO2-Steuern gezahlt werden muss.

Woher sie das weiß? Sie hat genau zugehört, als Stephanie Lose eine Pressekonferenz hielt. Auf eine Frage des Kollegen von „Fagpressebureauet“, dass im Koalitionsbetrag vereinbart sei, sagte sie, dass jede Krone, die der Staat an CO2-Abgaben von der Landwirtschaft kassiert, an sie zurückfließen soll und in die grüne Umstellung des Gewerbes investiert wird. 

Im Juni wissen wir vermutlich, ob die Kristallkugel korrekt geeicht gewesen ist.

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