Bücherei

Praktikantin für einen Tag in der Deutschen Zentralbücherei

Praktikantin für einen Tag in der Deutschen Zentralbücherei

Praktikantin für einen Tag in der Deutschen Zentralbücherei

Paulina von Ahn
Paulina von Ahn
Apenrade/Aabenraa
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Paulina von Ahn vom „Nordschleswiger“ begleitete für einen Tag die Arbeit in der Deutschen Zentralbücherei Apenrade. Foto: Karin Riggelsen

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Für die deutsche Minderheit ist sie nicht wegzudenken: Die Deutsche Zentralbücherei Apenrade. Doch was geschieht hinter den Büchern und den Mitarbeitenden, die stets mit Rat und Tat zur Seite stehen? Paulina von Ahn vom „Nordschleswiger“ hat sich einen Tag lang Zeit genommen, um in einem Mini-Praktikum hinter die Kulissen der Bücherei zu schauen.

Bunte Farben, wohin man sieht: Bücher, CDS, DVDs, Bausteine und Malstifte machen die Deutsche Zentralbücherei zu einem fröhlichen Ort. Die gemütliche Atmosphäre wird von freundlichen Gesprächen der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter verstärkt und lädt zum Stöbern ein. Egal, ob zum Lesen, Ausleihen oder Entspannen – wer nicht auf die Zeit achtet, kann hier Stunden verbringen. 

Als Praktikantin beim „Nordschleswiger“ habe ich die Bücherei bisher nur aus der Perspektive einer Journalistin gekannt, die für eine halbe Stunde das Geschehen beobachtet und dann wieder geht, um das Erlebte in einen Artikel zu verwandeln. Mehrere Stunden habe ich hier noch nicht verbracht. Doch die Idee einer Kollegin, mir einen ganzen Tag Zeit zu nehmen, um ein Miniatur-Praktikum vor Ort zu machen, gefiel mir gut. 

Ingela Wieking kenne ich bereits von einem meiner früheren Termine. Die leitende Bibliothekarin nimmt mich heute an die Hand und zeigt mir die internen Abläufe der Bücherei.

Gemütlicher Einstieg in den Arbeitstag

Mein Bücherei-Tag beginnt mit einem großen Frühstück, an dem das ganze Haus Nordschleswig mitsamt der Belegschaft der Bücherei teilnimmt. Ein kleines Buffet mit Brötchen, Rührei und allem, was dazugehört, wurde zu dem Zweck organisiert.

„Das machen wir einmal im Monat, um uns auszutauschen und aktuelle Anliegen zu besprechen“, erklärt mir Bibliotheksassistent Hans Jensen, der mir gegenübersitzt und meine Verwunderung über den Aufwand bemerkt. Ein wöchentliches Frühstück würde er jedoch auch begrüßen, fügt er verschmitzt hinzu. 

Ingela nutzt die Gelegenheit, dass alle beisammensitzen und stellt mich dem Rest der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter vor. Über meine Anwesenheit scheint niemand überrascht zu sein, denn an den „Nordschleswiger“ und seine regelmäßigen Besuche vor Ort sind alle gewöhnt. 

Die Bücherei kennenlernen

Nachdem unsere Mägen gefüllt sind, führt mich Ingela durch das Gebäude. Besonders beeindruckend finde ich hierbei den riesigen Keller, zu dem die Besucherinnen und Besucher keinen, beziehungsweise eingeschränkten Zutritt in Begleitung des Personals haben. Hier lagern alle Bücher, die nicht im öffentlichen Teil der Bücherei stehen. Regale und ganze Räume sind von oben bis unten mit Büchern, Kinder-Verkleidungen und sogar Schallplatten gefüllt. 

Hinter einer der vielen Türen verbirgt sich ein Zimmer, in dem sich Schulbücher und -materialien stapeln. Ingela erklärt, dass der Bestand der „Medienbank“ speziell von Lehrerinnen und Lehrern ausgeliehen werden kann, um sich auf den Unterricht vorzubereiten oder neue Ansätze in den Lehrstoff zu integrieren. Betrieben wird diese Sammlung von einer Lehrerin, die regelmäßig vorbeikommt, um das Angebot zu pflegen.

Kunst zum Ausleihen

In einem weiteren Raum befindet sich die „Artothek“. Vor weißen Wänden stehen hunderte Gemälde und Drucke in sämtlichen Farben und Formen – im wahrsten Sinne des Wortes. Sie stammen von sowohl deutschen als auch dänischen Künstlerinnen und Künstlern. Einzelpersonen und auch Institutionen können die Bilder ausleihen, um sie zeitweise bei sich aufzuhängen. Aus Deutschland war mir dieses System noch gar nicht bekannt, aber Ingela erklärt, dass in Dänemark viele Menschen Bilder ausleihen, um damit ihr Zuhause zu schmücken. 

Von schwarz-weiß bis kunterbunt ist alles dabei. Foto: Paulina von Ahn

Auch im Eingangsbereich der Bücherei hängen Bilder – Fotos der deutschen Fotografin Franziska Nehmer, deren Ausstellung „Frauenbilder“ für einige Wochen die Blicke der Besucherinnen und Besucher auf sich zieht.

„An dieser Wand hängen immer Bilder“, sagt Ingela. „Eine Ausstellung löst die andere ab.“

DVDs, DVDs und DVDs

Schließlich gehen wir zu meiner Aufgabe für den heutigen Tag über. Die Bücherei steht im permanenten Austausch mit den anderen Filialen in Hadersleben (Haderslev), Sonderburg (Sønderborg), Tingleff (Tinglev) und Tondern (Tønder). Am Donnerstag findet ein Tausch des DVD-Bestandes zwischen Apenrade und Sonderburg statt und zu diesem Zweck müssen 400 DVDs aus der Bücherei eingesammelt, eingescannt und in Kisten verstaut werden. Ich wähle die DVDs so aus, dass von A bis Z von allem etwas dabei ist. 100 der DVDs sind für Kinder, der Rest ist für Erwachsene. Mit einem rollbaren Regal fahre ich die DVDs durch die Bücherei, scanne sie ein, sodass das digitale System Bescheid weiß, dass sie den Standort wechseln und fahre sie anschließend in den Mitarbeiterinnen- und Mitarbeiterbereich, um sie in Kisten zu packen und mit einem „Sonderburg“-Schild zu versehen.

400 DVDs später sind meine Hände klebrig von den Hüllen, die schon durch etliche Haushalte gewandert sind. Vor der Mittagspause ist Händewaschen also unvermeidlich. 

Die Bücherei hat für jede und jeden den passenden Film – nach 400 aussortierten DVDs sind die Regale immernoch voll. Foto: Karin Riggelsen

Beim Mittagessen fällt mir auf, dass der Saal, in dem wir heute Morgen noch gefrühstückt haben, umdekoriert wurde und sich langsam mit fremden Menschen füllt. Eine externe Person hält eine Fortbildung zum Thema Künstliche Intelligenz im Schulunterricht. Einige Lehrerinnen und Lehrer sind gekommen, um sich darüber zu informieren. 

Die Bücherei hält immer wieder Workshops oder Fortbildungen ab. Dabei sind die Veranstalterinnen und Veranstalter sowohl eigene Mitarbeitende als auch externe Personen. Auf der Internetseite der Bücherei findet man eine ganze Liste mit Terminen, bei denen man sich über verschiedenste Themen weiterbilden kann.

Ein Einblick in den Bücherbus

Nach dem Mittagessen bekomme ich die Möglichkeit, in einen der Bücherbusse zu schauen. Die Bücherbusmitarbeiterin Angelika Olczak lädt Bücher in das Fahrzeug, das bald auf „Büchertour“ gehen soll. Durch die Bücherbusse erhält die Bücherei die Möglichkeit, ihr Angebot auf mobile Weise auf ganz Nordschleswig zu verteilen. Computer und Scanner nehmen die Busfahrerinnen und -fahrer mit, um von überall aus Bücher verleihen zu können, sogar bei Menschen vor der Haustür. Jedoch frage ich mich, ob bei einer Vollbremsung die Bücher in den Regalen bleiben.

Angelika Olczak bereitet die nächste „Büchertour“ vor. Foto: Paulina von Ahn

Zum Abschluss meines kleinen Praktikums erzählt Ingela mir noch etwas über die Unternehmensstruktur. Neue Bücher und andere Medien werden überwiegend über die Büchereizentrale Schleswig-Holstein eingekauft. Auch mit der Leihverkehrsbücherei in Flensburg steht die Bücherei im ständigen Leihverkehr. So bleibt das Angebot abwechslungsreich. 

Das Problem daran, dass immer wieder neue Bücher ins Sortiment kommen, ist, dass die Regale im Keller immer voller werden. Damit sie keine alten Bücher wegschmeißen müssen, veranstaltet die Bücherei regelmäßig Flohmärkte, bei denen Besucherinnen und Besucher die Bücher kaufen können.

Die Bücherei wird zu einem Drittel aus Dänemark und zu zwei Dritteln aus Deutschland, genauer Kiel und Berlin, finanziert. Dadurch werden die rund 150.000 Medien und knapp 30 Mitarbeitenden ermöglicht. 

Eine Bibliothekssoftware mit Namen KOHA erleichtert den Arbeitsalltag in der Bücherei. Kundinnen und Kunden können eigenständig Bücher ausleihen, indem sie den RFID-Code am Selbstverbucher scannen. Auch wenn das gesamte Personal bereits im Feierabend ist, können Mitglieder der Bücherei das Gebäude auch ohne Aufsicht bis 21.00 Uhr betreten und das Angebot der „Offenen Bücherei“ nutzen. Überwachungskameras, Alarmanlagen und elektronische Ansagen ermöglichen dieses Angebot. 

Auch der Onlinekatalog und die digitalen Bestandslisten sind eine große Hilfe. Durch sie ist es viel leichter, den Überblick darüber zu behalten, welche Medien wo gelagert sind und wer zu welchem Zeitpunkt welches Buch ausgeliehen hat.

Alles gesehen

Mein Praktikumstag ist wie im Flug vergangen und war eine tolle Erfahrung. Die Hintergründe der Bücherei kennenzulernen und Einblicke in das zu erhalten, was der gewöhnlichen Besucherin und dem gewöhnlichen Besucher verborgen bleibt, war sehr spannend. Obwohl Büchereien häufig etwas verschlafen und ruhig wirken, ist hier immer etwas los. Die Angestellten haben stets etwas zu tun oder zu organisieren.

Nach einem Tag, den ich hinter die Kulissen schauen durfte, kann ich sagen, dass die Deutsche Zentralbücherei weitaus mehr zu bieten hat als Regale voller Bücher. 

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