Christiania

Zwischen Weihnachtsdeko und Palmen – die „Pusher Street“ heute

Zwischen Weihnachtsdeko und Palmen – die „Pusher Street“ heute

Zwischen Weihnachtsdeko und Palmen – „Pusher Street heute“

Paulina von Ahn
Paulina von Ahn
Dänemark
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Das Schild am Eingang zur ehemaligen „Pusher Street“ begrüßt die Besucherinnen und Besucher. Auf Dänisch und Englisch klärt es über die geplanten Veränderungen für den Stadtteil zu einer „Kultur- und Business-Straße“ auf. Foto: Paulina von Ahn

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Früher düster und bedrohlich, heute farbenfroh und heiter: Im Rahmen ihres Praktikums beim „Nordschleswiger“ hat Paulina von Ahn in Kopenhagen die Freistadt Christiania nach der Schließung der „Pusher Street“ besucht und ihre Eindrücke festgehalten.

Bunte Häuser, bunte Schilder, bunte Menschen – die Freistadt Christiania hebt sich drastisch vom Rest des sonst eher modernen und sterilen Kopenhagens ab. Die Bäume und Sträucher stehen hier nicht in extra dafür angefertigten Pflanzkästen, sondern wuchern frei um und über die Wege. Eine kleine Band musiziert in der Sonne, Touristinnen und Touristen legen etwas Kleingeld in den Hut zu deren Füßen, hinter zwei karibisch anmutenden Palmen hängt vergessene Weihnachtsdeko, und immer wieder trotten Hunde frei durch die Gassen. 

Auf derart friedliche Szenen stieß man auch früher in vielen Ecken der beliebten Touristenattraktion. Dennoch hat Anfang April in Christiania ein Ereignis stattgefunden, das die Atmosphäre des Stadtteils nachhaltig verändert hat: der Abriss der sogenannten „Pusher Street”.

Bunte Farben, wohin man sieht – Künstlerinnen und Künstler haben sich an den Hauswänden verewigt. Foto: Paulina von Ahn

Unbeseitigte Steinhaufen und aufgerissene Fußwege erinnern an die einst gepflasterte Drogengasse. Jetzt laufen Passantinnen und Passanten über einen Sandweg, der nur an wenigen Stellen Bruchstücke dessen erahnen lässt, was vor Kurzem noch ein beliebter Treffpunkt für Bandenmitglieder und Drogendealer war.

Bandengewalt und Drogen

Kopenhagens „Pusher Street“ zeichnete sich durch ihren öffentlichen Cannabis-Handel aus. In den vergangenen Jahren kam es jedoch vermehrt zu Schießereien im Bandenmilieu, weshalb sie offiziell geschlossen wurde. Die Polizei hat Razzien durchgeführt und kiloweise Cannabis beschlagnahmt. Bewohnerinnen und Bewohner Christianias haben die Straße im wahrsten Sinne des Wortes abgerissen, um der Bandengewalt ein Ende zu bereiten.

Auch heute bemerken Besucherinnen und Besucher an einigen Ecken des Stadtteils einen markanten Gras-Geruch. Doch die beiden Polizisten, die plaudernd durch die Gassen schlendern, verdeutlichen, dass niemand ungeschoren davonkommt, wenn er beim Kiffen oder Dealen erwischt wird. Tatsächlich wurde in und um Christiana eine verschärfte Strafzone eingeführt: Kaufenden und Verkaufenden illegaler Drogen droht hier ein Bußgeld von 4.000 Kronen. Wer ein zweites Mal beim Handeln erwischt wird, läuft Gefahr, eine Gefängnisstrafe aufgebrummt zu bekommen.  

Endlich sicher fühlen im eigenen Zuhause

Shanna Jensen ist eine Bewohnerin der Freistadt Christiania. Sie ist sich nicht sicher, ob diese Maßnahmen der richtige Weg sind, um die Verbreitung von Drogen in der Gegend einzuschränken. Was sie jedoch betont, ist, dass das Umfeld der ehemaligen „Pusher Street“ sich deutlich verbessert hat.

„Die Atmosphäre war sehr bedrohlich. Ich habe mich nicht sicher gefühlt“, erzählt sie dem „Nordschleswiger“ über die Vergangenheit des Viertels.

Heute steht sie zwischen plaudernden Familien, Kindern, Touristinnen und Touristen auf einem Platz zwischen rustikalen Cafés und mit bunten Blumen bemalten Holzschildern. 

In Weiß gekleidet macht Shanna die Straße bunt. Foto: Paulina von Ahn

„Das, was wir hier machen, das hätte ich mich früher nicht getraut“, sagt die Künstlerin und deutet auf die Farbtöpfe und Pinsel. Die Holzbretter bemalt sie nicht aus Langeweile. Wenn sie fertig sind, befestigt Shanna sie an dem großen Bogen, der als Eingang für die ehemalige „Pusher Street“ dient. Von einer Seite werden Besucherinnen und Besucher bereits von bunten Farben und Blumen begrüßt, doch die Rückseite ist leer – noch!

Noch sieht die Rückseite des Eingangs unspektakulär aus. Foto: Paulina von Ahn

Shanna erzählt, wie sehr sich das Umfeld in der kurzen Zeit verändert hat. Früher sei die Gegend von den Banden kontrolliert worden, und die Mitglieder hätten sich von oben bis unten in Schwarz gekleidet. Shanna erinnert sich daran, wie sie immer in Gruppen zusammengestanden haben und in alle Richtungen geflohen sind, wenn die Polizei auftauchte. Mit einem „Scht“-Geräusch und einer hektischen Handbewegung untermalt sie die Erzählung und erzeugt damit das Bild von ausschwärmenden Bienen. Heute sei ihr Zuhause viel freundlicher, farbenfroher und vor allem sicherer. 

Das, was wir hier machen, das hätte ich mich früher nicht getraut.

Shanna Jensen

Die Schauermärchen über das düstere Drogenviertel und die „Pusher Street“ scheinen Vergangenheit zu sein. Die Gassen haben nichts mehr von einem bedrückenden Bandenkrimi, sondern sind voller Leben. Die Fassaden der Häuser wirken etwas heruntergekommen, die wuchernden Pflanzen zeugen von Verwahrlosung, und auch die „amateurhaft“ entfernte Bepflasterung sorgt für eine rustikale Ästhetik. Doch die Menschen, die Musik und die Farben machen Christiania zu einem fröhlichen Ort, an dem jeder willkommen ist.  

Bei strahlender Sonne laden die Cafés zum Kaffeetrinken ein. Foto: Paulina von Ahn
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