Kulturhauptstadt 2017

Aarhus feiert sich zum Schluss selbst

Aarhus feiert sich zum Schluss selbst

Aarhus feiert sich zum Schluss selbst

Timo Iwersen
Aarhus
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Aarhus feierte das Ende des Kulturhauptstadtjahres unter anderem in Hvide Sande, das zur Region Midtjütland gehört. Foto: Scanpix

In Aarhus neigt sich das Kulturhauptstadtsjahr 2017 dem Ende. Der Nordschleswiger Timo Iwersen wohnt in Aarhus und zieht für unsere Zeitung eine Bilanz der vergangenen Monate.

Da standen wir dann alle wieder da. Wie am 19. Januar bei der Eröffnungsveranstaltung von Aarhus-2017. Na ja, vielleicht nicht alle. Aber es waren schon wieder sehr viele Menschen gekommen zum DOKK1, wo die Abschlussveranstaltung des Kulturhauptstadtjahres stattfand. Und es wurde versucht, dasselbe schöne und andächtige Gefühl wie im Januar hervorzurufen. Über eine Großleinwand wurde das Abschlussevent, das in Hvide Sande, dem westlichsten Punkt der Kulturhauptstadtregion Midtjylland stattfand, live übertragen. 

Schön sah es aus – und ja, es erinnerte schon an die magischen Augenblicke im Januar in Aarhus. Nur kam die Stimmung leider nicht ganz rüber. Eine Leinwand ist einfach nicht dasselbe, wie die Stimmung vor Ort zu erleben.

Besser wurde es nach der Übertragung aus Hvide Sande. Da wurde auf der Großleinwand ein eigens produzierter Aarhus-Film gezeigt. Zu sehen und zu hören waren unter anderem eine Vielzahl der Freiwilligen, die an Aarhus-2017 teilgenommen und die viele Veranstaltungen überhaupt möglich gemacht haben. Dazu wurde das – wirklich gut gelungene – Gedicht „Vi er her nu“ (Wir sind jetzt hier) vorgetragen, das auch für die Abschlussveranstaltung verfasst wurde und Aarhus aus vielen verschiedenen Perspektiven interpretiert. Gedicht und Film bildeten eine gelungene Einheit und sorgten gemeinsam dafür, dass beim Publikum noch einmal richtig Kulturhauptstadtstimmung aufkam.

Danach ging es weiter mit über 70 kostenlosen Musikkonzerten an vielen verschiedenen Orten in der Innenstadt. Der absolute Höhepunkt war dabei der Auftritt der „Krautrock“-Legende Michael Rother. Für seinen Auftritt war das Rathaus von Aarhus an diesem Abend zum Rockpalast umgestaltet worden. 

Da, wo sonst Verwaltungen ihren Sitz haben und politische Beschlüsse getroffen werden, waren an diesem Abend mehrere Bühnen aufgestellt. Hier konnte man u. a. auch den Sonderburger Nils Gröndahl mit seinem Ein-Mann-Auftritt erleben. Mit Geige und jeder Menge Effektpedale erzeugte er ganz alleine seine experimentierenden und äußerst stimmungsvollen Klangbilder. Es war einer der besten Musikauftritte des gesamten Kulturhauptstadtjahres.

Timos Top-5

 Auch für mich war 2017 ein Jahr voller Kulturveranstaltungen, Aarhus-2017 sei Dank. Ganz viele der Veranstaltungen, die ich besucht habe, hatten eine sehr hohe Qualität. Da die fünf besten Veranstaltungen herauszusuchen, ist kein leichtes Unterfangen.

Ich versuche es dennoch – hier sind meine 5 Highlights von Aarhus-2017:


Aarhus Fortæller –  Den Gamle By
Die permanente Ausstellung „Aarhus Fortæller“ (Aarhus erzählt) im Freilichtmuseum Den Gamle By, die im Frühjahr 2017 eröffnet wurde, ist sensationell gut. Unter der Erde gelegen, erzählt sie die Geschichte von Aarhus vom Beginn um 800 bis heute. Und das auf eine so beeindruckende Weise, dass man sie mehrmals sehen kann, sehen muss. Denn man entdeckt immer wieder Neues.

Manifesto
„Manifesto“, das waren zwölf Kurzfilme mit der Schauspielerin Cate Blanchet in zwölf verschiedenen Rollen. Die Filminstallation von Julian Rosefeldt brachte ganz großes internationales Format nach Aarhus. Der Ausstellungsraum war das eigens für Aarhus-2017 eröffnete „’O‘ Space“ in einem alten Hafengebäude. 
Das waren oscarreife Großstadtgefühle mitten in Aarhus.

Rejsen
Die Sonderausstellung „Rejsen“ (Die Reise) im Museum Moesgaard war die erste Ausstellung dort, die ganz ohne Gegenstände auskam. Die Film- und Fotoausstellung nahm die Besucher mit auf eine Reise durch 7 Kontinente mit 7 Menschen und 7 Geschichten. Von der Geburt bis zum Tod. 
Selten hat mich ein Museumsbesuch so berührt wie dieses Event.

The White Tribe, DOKK1
Totaltheater im Kulturzentrum DOKK1 zeigte die Performance-Theatergruppe „Carte Blanche“ aus Viborg mit „The White Tribe“. Sie machte aus dem ganzen DOKK1 eine große Theaterkulisse und schuf eine magische Atmosphäre mitten im Alltag. Sinnliches Mitmachtheater, das man wahrscheinlich nie wieder ganz vergessen kann, wenn man das DOKK1 besucht. So faszinierend war es.

Kleine Theaterstücke in Wohnungen
Ich habe 2017 eine für mich ganz neue Theaterform entdeckt: kleine Ein-Mann-Theaterstücke in verschiedenen Wohnungen in der Stadt. Anette Asp Christensen mit ihren „Udsigter fra min bedstemors køkken“ (Aussichten aus der Küche meiner Großmutter) überzeugte mit ihrer Oma als selbst gebastelte Puppe auf dem Arm mit persönlichen Geschichten und Grenzlandgeschichte. Das war Gänsehautfeeling pur. „Det Levende Bord“ (Der lebendige Tisch) der Performance-Künstlerin Tina Andersen führte die Zuschauer/Teilnehmer durch eine leer geräumte Wohnung in Aarhus und zeigte, wie man auch ganz ohne Essen und mit nur sehr wenigen Requisiten einen äußerst sinnlichen und ansprechenden Restaurantbesuch erleben kann.

 

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