Diese Woche In Kopenhagen
„Opas Vermächtnis“
Opas Vermächtnis
Opas Vermächtnis
Diesen Artikel vorlesen lassen.
Anlässlich seines sehr nahe bevorstehenden runden Geburtstags fällt Walter Turnowsky ein Gedicht ein, dass sein Opa als Leitfaden hatte.
Bis zu seinem Tod hatte mein Opa ein Zitat in einem kleinen Bilderrahmen auf seinem Schreibtisch stehen. Es beginnt mit den Worten: „Youth is not a time of life, it is a state of mind.“
Das Zitat, dass übrigens von einem Samuel Ullman stammt, hatte Opa da nicht nur so auf seinem Schreibtisch herumstehen, er hat die Jugend als Gemütszustand auch gelebt. Und dafür habe ich ihn als Jugendlicher immer bewundert.
Jetzt ist es bei mir mit dem Jugendlichsein – zumindest was den Zeitpunkt im Leben anbelangt – so ziemlich vorbei. Und sollte ich das vergessen haben (was in meine Alter schon einmal passieren kann), hat mich das Interview anlässlich meines sehr baldigen 60. Geburtstages, das Kollegin Marle Liebelt mit mir geführt hat, nachdrücklich daran erinnert.
Drängt sich also die Frage immer mehr auf, ob ich mir die Jugend im Sinne von Ullman und Opa bewahrt habe. Wie die Antwort lautet, kann ich selbst nicht sagen – das müssen schon Andere beurteilen. Aber man kann sich ja Mühe geben, dass Angst und Selbstzweifel nicht die Überhand gewinnen – man sollte es sogar tun.
Da ist es ja tröstlich, dass Ullmann meint, jugendliche Eigenschaften seien häufig stärker bei einem 60-Jährigen als einem 20-Jährigen vertreten. Ich sehe mich schon heute furchtsam und gemächlich ins Bett gehen, nur um morgen mutig und voller Abenteuerlust wieder herauszuspringen.
Vielleicht sollte ich das mit dem Springen jedoch bleiben lassen. Denn auch wenn ich mir Mühe gebe, den Geist geschmeidig zu halten, klappt das beim Körper nicht zu 100 Prozent. Ob ich mir wirklich die kindliche Neugierde bewahrt habe, ist fraglich. Sozusagen als Ausgleich schaffe ich es aber, mich gelegentlich ziemlich kindisch zu benehmen – und das ist doch immerhin etwas.
Opa ist mit etwas über 80 als junger Mann gestorben. Jung, weil seine Antennen immer auf Empfang eingestellt waren.
Mit etwas Glück habe ich also noch ein wenig Zeit, um jung zu werden.