Kommentar

„Der unerwartete Triumph des Kollektivs“

Der unerwartete Triumph des Kollektivs

Der unerwartete Triumph des Kollektivs

Woyens/Vojens
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Nach dem Pokalsieg folgte auch die Meisterschaft. Foto: Bo Amstrup/Ritzau Scanpix

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Nach der Meuterei gegen Mario Simioni ist bei SønderjyskE eine Einheit geformt worden, ein Kollektiv, das die größeren Individualisten der Titelfavoriten ausgestochen hat. Ein Kommentar von Sportredakteur Jens Kragh Iversen.

SønderjyskE hat den Anschluss zur Spitze verloren. So hieß es vor einem Jahr an dieser Stelle, nachdem die Eishockeyspieler von SønderjyskE bereits zum zweiten Mal in Folge im Viertelfinale um die dänische Meisterschaft gescheitert waren und seit 2015 nur einmal im Finale gestanden hatten.

Die Hellblauen, die von 2006 bis 2015 mit sechs dänischen Meisterschaften das unumstrittene Flaggschiff des dänischen Eishockeys waren, schienen nicht nur von finanzstärkeren Konkurrenten überholt, sondern auch distanziert. 

Jacob Schmidt-Svejstrup jubelt über seinen Siegtreffer. Foto: Bo Amstrup/Ritzau Scanpix

Direktor Klaus Rasmussen wurde vor einem Jahr müde belächelt, als er im „Nordschleswiger“ mit der Aussage kam, dass man bei SønderjyskE wieder den Thron erklimmen und innerhalb der nächsten drei Jahre eine Meisterschaft gewinnen werde. 

Jetzt grüßt SønderjyskE wieder vom Thron. Niemand hatte erwartet, dass dies so schnell gehen würde – auch nicht vereinsintern.

Und es sah zu Saisonbeginn auch nicht danach aus. Das Potenzial einer Mannschaft mit einem verstärkten Stamm an einheimischen Spielern und guten Einkäufen auf der Legionärsseite konnte nicht ausgeschöpft werden.

Valdemar Ahlberg lässt sich den Champagner schmecken. Foto: Bo Amstrup/Ritzau Scanpix

Die Magie des Meistermachers war verschwunden. Mario Simionis großen Verdienste um SønderjyskE sind unbestritten, doch ihm war die Zeit davongelaufen.

Mario Simioni ist ein Trainer der alten Schule, sein Führungsstil kam aber nicht mehr an. Ein verbaler Ausraster gegen Verteidiger Oliver Gatz brachte Mitte Oktober schließlich das Fass zum Überlaufen. 

Es gab kein Zurück mehr. Die Spieler drohten damit, das Eis wieder zu verlassen, sollte Simioni bei jenem Training am 18. Oktober das Eis betreten wollen.

Eine Trennung war unvermeidbar. Nach der Meuterei gegen Mario Simioni standen die Spieler in der Pflicht. Sie mussten Verantwortung übernehmen und haben es auch getan.

Der Zusammenhalt in einer kritischen Situation hat eine Einheit geformt, ein Kollektiv, das die größeren Individualisten der Titelfavoriten ausgestochen hat.

Anders Førster jubelt über das Double. Foto: Bo Amstrup/Ritzau Scanpix

Das 3:13-Debakel gegen Esbjerg kurz vor dem Jahreswechsel war ein Denkzettel, der noch einmal daran erinnerte, welche Werte die Mannschaft stark machte. Seitdem ist eine fast unheimliche Serie entstanden. SønderjyskE hat 29 der letzten 34 Saisonspiele gewonnen.

An der Bande steht ein unerfahrener Cheftrainer, der erst gar nicht wollte und überredet werden musste: Anders Førster hat seine Mannschaft erst zum Pokalsieg und nun auch zum Meistertitel geführt.

An seiner Seite steht Casper Stockfisch, der Sohn des viel zu früh verstorbenen, langjährigen Sportchefs, Søren Stockfisch. Ein kreativer Kopf, dessen Bedeutung für die Titelgewinne keineswegs unterschätzt werden darf.

Es ist ein Kollektiv geformt worden, das den Anschluss zur Spitze des dänischen Eishockeys gefunden hat und auch in den nächsten Jahren wieder konkurrenzfähig sein wird.

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