Grenze/løs/ Youth Workshop

Einmal die Zukunft mitgestalten

Einmal die Zukunft mitgestalten

Einmal die Zukunft mitgestalten

Tim Wegner
Lügumkloster/Løgumkloster  
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Angeregt wird über die einzelnen Konzeptideen diskutiert. Foto: Tim Wegner

Beim ersten Grenze/løs/ Youth Workshop wurden Ideen für eine Verbesserung der Begegnungskultur für Jugendliche gesammelt. Die Højskole-Atmosphäre war dabei sehr hilfereich.

Beim ersten Grenze/løs/ Youth Workshop wurden Ideen für eine Verbesserung der Begegnungskultur für Jugendliche gesammelt. Die Højskole-Atmosphäre war dabei sehr hilfereich.

Die  sorglosen Zeiten an der deutsch-dänischen Grenze sind vorbei. Es fühlt sich an, als wären die letzten 16 Jahre Schengen nie passiert. Die Teilnehmer des Youth Camps Grenze/løs/ in Lügumkloster können sich nur noch wage an die Zeiten der Grenzkontrollen erinnern. Die Wiedereinführung der  stichprobenartigen Grenzkontrollen an der deutsch-dänischen Grenze hat für sie nicht nur die praktische Nachteile wie Staus und entnervte Autofahrer.  Es werden wieder Grenzen in den Köpfen von Menschen erschaffen, sagt ein Teilnehmende des Youth Workshops. Grenzen, die uns in der Grenzregion mehr und mehr voneinander entfernen.  Doch dies ist nicht die einzige Motivationsgrundlage der 20 Teilnehmer. Ihnen fehlt in den letzten Jahren  eine Austauschmöglichkeit zwischen den Jugendlichen beider Staaten. Eine Austauschmöglichkeit,  die  sich auf gemeinsame Werte und Begegnungen fokussiert. Ein weiteres Thema, welches die jungen  Erwachsen bewegt, ist der Mangel an Prestige der Grenzregion.

Damit einhergehend ist auch die altbekannte, oft ökonomisch bedingte  Abwanderung der jungen Generation auf beiden Seiten der Grenze. Die Grenzregion wird in beiden Staaten als eine kulturelle und  ökonomische Wüste gesehen, sagt Pia Christiansen. Pia stammt aus der dänischen Minderheit in Schleswig-Holstein. Durch ihr Bachelorstudium mit Schwerpunkt auf Kultur, Sprache und Kommunikation in Dänemark ist sie  mit den Problemen der Grenzregion auf allen Ebenen vertraut. Sie ist eine der betreuenden Kräfte des Camps. Lange haben sie und  die anderen Organisatoren des  Grænseforeningen Ungdom, SSW Ungdom und der Jungen Spitzen daran gefeilt ein Konzept zu erstellen, welches die Teilnehmer bestmöglich anregt, selbst Konzepte für die Zukunft zu erstellen.

Aus alt mach neu?

Den ersten Überblick über die Möglichkeiten in der Grenzregion erhielten die Jugendlichen am Donnerstag. Sie diskutierten mit Mitgliedern  der Sportschule in Sonderburg (Idrætshøjskolen). Das Konzept der dänischen Højskole fasziniert vor allem die deutschstämmigen Teilnehmer. Marie Schwartzkopf schwärmt vom Ablauf in der Højskole. Die Flensburgerin, die in London studiert, hatte bisher wenig Berührungspunkte mit der dänischen Minderheit in Südschleswig. Sie sieht in dem Konzept der Højskole viel Potential. Es fördere die Gemeinschaft und schafft einen Zusammenhalt zwischen den Teilnehmern. Ein Konzept, welches in Deutschland in dieser Variante weitestgehend unbekannt sei. Leider, findet Marie.

Højskole für mehr Gemeinschaft

Die Zeit im Urlaub nutzt man in der Højskole, um gemeinsam  etwas neues zu lernen. Durch ein gemeinsames tägliches Leben und Wohnen in einer Højskole  entsteht ein neuer Grad der Gemeinschaft. Diese Gemeinschaft wünschen sich die Initiatoren des Youth Camps für die Grenzregion. Maries Überlegungen gehen sogar soweit, ein Unternehmen aus der Region als Sponsor zu gewinnen. Dieser Sponsor könnte dann Workshops in einer „Sommerhøjskole“ für die Jugend der Region finanzieren. Die Teilnehmer des Youth Workshops diskutieren über genau solche Überlegungen  mit Vertretern der Nordseeakademie und ehemals führenden Entscheidungsträgern. Sie lernen wie potentielle Projekte richtig beworben und finanziert werden. In diesen ersten drei Tagen entstehen die bereits  Ideen für die Region ohne Grenze. In Kleingruppen erarbeiten die  Teilnehmer die ersten Konzepte.

Prestige durch Innovation

Die Konzepte werden abwechselnd auf Deutsch und Dänisch vorgestellt. Anschließend werden sie von den anderen im Plenum evaluiert. Prägend ist die Idee, die vor allem auf die jüngere Zielgruppe der Generation Internet (Digital Natives) zielt. Ein eigener Youtube-Kanal für die Region.  In welchen Abständen und Formaten der Kanal bedient werden soll, bleibt vorerst offen.  

Ein weitere Idee, die eine breite Unterstützung findet, ist der Kauf eines Wohnmobils oder Segelbootes. Damit sollen Freizeitaktivitäten für die Grenzregion angeboten werden. Man will  mit dieser Idee eine mobile Begegnungsstätte schaffen. In dieser soll europaweit über die Region aufgeklärt werden.  Das Image kann so verbessert werden. Man will die gemachten Erfahrungen    in der Grenzregion für die europäische Gemeinschaft nutzen. In verschieden Regionen Europas gibt es ähnliche Situationen von Mehrfachidentitäten wie  in der deutsch-dänischen Grenzregion. Ist man nun deutscher Däne oder  dänischer Deutscher? Diese Erfahrungen haben viele der Teilnehmer und Teilnehmerinnen aus den Minderheiten gemacht und sehen ihre Erfahrungen als Vorteil. Durch die hohen Zahlen von Asylsuchenden der letzten Jahre sind ähnliche identitäre Probleme entstanden, wie sie die Mitglieder der nationalen Minderheiten seit Jahrhunderten kennen. Zu Hause Deutsch sprechen, aber in einer dänischen Gesellschaft leben.  Erfahrungen die wertvoll für die Weltpolitik sein können, meint Merlin Christophersen,   Teilnehmer und Mitglied des dänischen Kulturvereins Grænseforeningen in Südschleswig. Hier sehe  er und viele Teilnehmenden die Chance, die Region   europaweit in den Mittelpunkt zu stellen. Ein interessanter Gedanke, dem nur noch ein passendes Konzept fehlt.

Kultur als Verständigung 

Es sind die Teilnehmer aus anderen Teilen Deutschlands die  sich besonders konstruktiv  an der Ideenfindungsphase beteiligen. Ideen wie ein gemeinsamer Theaterworkshop oder gemeinsame kulturelle Themenveranstaltungen erinnern an Konzepte vergangener Zeiten. Sprachliche Barrieren behindern die Veranstaltung kaum. Es wird abwechselnd auf Deutsch und Dänisch korrespondiert. Beim gemeinsamen Mittagessen wird vermehrt deutsch gesprochen, um die Mitglieder zu integrieren, die kaum dänisch sprechen.  

Die Atmosphäre in der Højskole ist locker und anregend. Die Teilnehmer, welche fast alle Studenten sind, kommunizieren angeregt miteinander. Dabei werden aus Fremden Freunde und so wird der Prozess der Ideenfindung zu einem Teil bereits in die Tat umgesetzt.

Finanziert wird der Workshop zu 2/3 vom  KursKultur und zu 1/3 vom Grænseforeningen. Ins Leben wurde er  gerufen, da in den letzten Jahren die jungen Teilnehmer an den Projekten des Grænseforeningen ausblieben. Wir müssen abwarten, inwiefern sich die Ideen und Visionen für eine grenzenlose Zukunft umsetzen lassen. Durch den ausgiebigen Brainstormprozess des Camps konnte ein Input geliefert werden, den die Politik und die Organisationen der Region mit den jungen Menschen nun aufgreifen und in die Tat umsetzen müssen.   

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