Grundgesetzfeier

Das Grundgesetz und das Grenzland

Das Grundgesetz und das Grenzland

Das Grundgesetz und das Grenzland

Bollersleben/Bolderslev
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Foto: Kjeld Thomsen

Generalkonsul Henrik Becker-Christensen und Siegfried Matlok hielten Festansprachen zur Grundgesetzfeier am „Urnehoved Tingsted“. Rund 200 Besucher nahmen an den Festlichkeiten teil.

Generalkonsul Henrik Becker-Christensen und Siegfried Matlok hielten Festansprachen zur Grundgesetzfeier am „Urnehoved Tingsted“. Rund 200 Besucher kamen zu den Feierlichkeiten.

Nordschleswig, das Grenzland und Minderheitenpolitik rückten bei der diesjährigen Grundgesetzfeier am „Urnehoved Tingsted“ bei Bollersleben in den Mittelpunkt. Die Urnehovedgesellschaft hatte mit Generalkonsul Henrik Becker-Christensen (Flensburg) und dem ehemaligen Nordschleswiger-Chefredakteur Siegfried Matlok gezielt zwei  Redner von südlich und nördlich der Grenze um die Teilnahme gebeten, wobei Matlok der erste Vertreter der deutschen Minderheit ist, der zur Feier am „Urnehoved“ spricht.

Historiker Becker-Christensen gab vor rund 200 Zuhörern einen detaillierten geschichtlichen Rückblick zum Grundgesetz, das 1849 verankert wurde und im Laufe der Zeit einige Reformen erlebte. „Es ist ein Meilenstein unserer Geschichte“, so Becker-Christensen. Zunächst nur 20 Seiten umfassend, seien das Schnörkellose und die zum Teil altdänische Sprache ein positives Merkmal, wie er sagte. Als Grenzlandkenner griff er die besondere Rolle auf, die Nordschleswig vor und nach der Grenzziehung 1920 hatte.

Passagen im Grundgesetz sicherten das Dasein der deutschen  Minderheit, was auch einen Effekt auf Südschleswig hatte. Mit den Bonn-Kopenhagener Erklärungen 1955 wurde das dann mit „einem inoffiziellen Grundgesetz im Bereich Minderheiten“ manifestiert. „Es sorgte für eine dynamische Entwicklung in der Minderheitenpolitik auf beiden Seiten der Grenze“, so Becker-Christensen. Matlok griff die Erklärungen ebenfalls auf. Sie hätten quasi den Status einer Magna Charta. Der Ausgangspunkt war 1947 noch eine ganz anderer, so Matlok mit Verweis auf Dokumente aus jener Zeit. Im schleswig-holsteinischen Innenministerium gab es Überlegungen, die Deutsch-Nordschleswiger doch einfach nach Deutschland und die Südschleswiger nach Dänemark zu verpflanzen.

Unwürdige Neubesetzung

Da lobe er sich die Sätze des kürzlich verstorbenen Politikers Niels Helveg Petersen zur Bonn-Kopenhagener Erklärung. „Er sagte, sie ist von unschätzbarem Wert für das deutsch-dänische Verhältnis“, so Matlok.

Als Schande und schädlich für das Grenzland nannte der Journalist den Rummel um die Neubesetzung des Generalkonsulats. „Es war diplomatisch höchst unklug und unfair gegenüber Becker-Christensen und auch unfair gegenüber Bertel Haarder (war als Nachfolger ins Spiel gebracht, red. Anm.). Ich hoffe, dass man sich bei der Entscheidung über Becker-Christensens Nachfolge nicht in der gleichen politischen Blutspur bewegt, wie ich es bezeichnen möchte,  sondern eine große, dänische Kulturperson findet, die der Sache dient, nicht zuletzt mit Hinblick auf 2020.“

Hart ins Gericht ging Matlok auch mit jüngsten DF-Äußerungen. Der Fauxpas von Søren Espersen, die Grenze zu verschieben und die Äußerungen von Martin Henriksen, eine verriegelte Grenze wie in Ungarn zu errichten, ließ Matlok zunächst mit einem langen Seufzer stehen, um dann klar zu fordern: „Wir brauchen keinen Stacheldraht und keine Mauern. Wir brauchen Brückenbauer zwischen Deutschland und Dänemark im Respekt vor einander. Es hätte anderenfalls nicht nur fatale ökonomische, sondern auch kulturelle Folgen.“

Eine Stimme für Nordschleswig

Für Nordschleswig wünsche er sich ein besseres Positionieren. „Es fehlt in der öffentlichen Debatte jemand, der für ganz Nordschleswig spricht, um die Interessen gegenüber Kopenhagen, Kiel und auch Berlin zu vertreten. Die Bürgermeister der vier Kommunen sollten abwechselnd jemanden bestimmen“, so Matlok. Bei der grenzüberschreitenden Zusammenarbeit vermisse er die Teilnahme der Mehrheit. Die Minderheiten im Grenzland seien hier in zu hohem Maße Alleinkämpfer, so Matlok, der unmittelbar nach seiner Rede von der „Urnehovedselskab“-Vorsitzende n Mie Bach einen Kuchen überreicht bekam, hat er am Grundgesetztag doch Geburtstag.

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