Kupfermühlentour

Geschichtsstunde bei Krusau: Die Grenze zu Fuß überwinden

Geschichtsstunde bei Krusau: Die Grenze zu Fuß überwinden

Geschichtsstunde bei Krusau: Die Grenze zu Fuß überwinden

Lina Dingler
Krusau/Kruså
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Kaj Mauritzen (2. v. r.) erläutert die Aufgabe der Gendarmen. Foto: Lina Dingler

Die Kupfermühlentour entlang der deutsch-dänischen Grenzen vermittelt einen umfassenden Überblick über die Historie des Gebiets.

 An einem verregneten Donnerstagabend machen wir uns – die Praktikanten Tim und Lina –  auf den Weg nach Krusau. Unser Vorhaben: eine zweistündige Führung entlang der deutsch-dänischen Grenze. Am Treffpunkt am Flensborgvej 11 in Krusau warten bereits einige Geschichtsinteressierte. Sie kommen  aus verschiedenen Richtungen, wie etwa Tarp, Kiel, Bau, aber auch von weit her, aus Taipeh. Jeder mit einem Regenschirm ausgestattet, warten wir gespannt auf Kaj Mauritzen, der uns viele Geschichten über den „Gendarmstien“,  die Kupfermühle und die Schusterkate erzählen wird.

Sprachliche Barrieren schnell überwunden

Zunächst einmal begrüßt Kaj die Wissbegierigen, die zum größten Teil aus Deutschland kommen, auf Dänisch. Das klappt nicht ganz so gut, wie er es sich wahrscheinlich vorgestellt hat. Glücklicherweise springt der gebürtige Kieler und heute dänischer Staatsbürger, Udo Blaszkowski, dem ehrenamtlichen Führer zur Seite und übersetzt von nun an jeden seiner Sätze in die deutsche Sprache. Nachdem das Finanzielle geklärt ist – die zweistündige Führung kostet 50 Kronen –, begibt sich die bunt gemischte Gruppe über den Madeskovvej hinein in die Wälder hinter dem Grenzort Krusau.

Kleine Grenzhinweise säumen den Weg

Schon nach wenigen Hundert Metern – wir sind gerade einmal fünf Minuten gelaufen – stoppt Kaj Mauritzen uns und weist die zehn Teilnehmer auf einen kleinen, etwa 30 Zentimeter hohen Stein rechts im Gebüsch hin. Man hätte ihn leicht übersehen können. „Dies ist einer von insgesamt 279 Grenzsteinen“, erklärt er. Der in diesem Fall 16. Grenzstein symbolisiert die Grenze nach der Volksabstimmung im Jahr 1920.  Auf der zugewandten Seite steht ein großes rotes D für Dänemark. Auf der abgewandten Seite, etwas verblichen, die Buchstaben DRP für „Deutsches Reich Preußen“. Fleißig werden  Fotos gemacht. Wenige Meter weiter voraus befindet sich schon das Ortseingangsschild zum  Ort Kupfermühle. Unsere Tour  verläuft jedoch, etwas abschüssig zur linken Seite, über eine Aue. Dort, wo  ursprünglich mal die Grenze  verlief. An einer Weggabelung stoppt Kaj Mauritzen sein Gefolge.

Der schönste Wanderweg der Gegend

Einer der Wege schlängelt sich nun rechts entlang, der andere etwas weiter links. Nun führt Kaj Mauritzen in eine der vielen Geschichten rund um den 74 Kilometer langen Gendarmenpfad ein. Für insgesamt 100 Jahre sollten die, zu Deutsch „bewaffneten Männer“, ab 1839 für die  Grenzsicherung zuständig sein. „Hier befinden wir uns im Abschnitt sieben“, erklärt Kaj Mauritzen weiter. Das Grenzgebiet war ab 1920 in 16 Gebiete unterteilt – und es war strengstens verboten, als Gendarm einen anderen Abschnitt zu betreten. Bei der Ausführung dieser Erzählung begegnen wir den modernen Gendarmen von heute – der dänischen Grenzpolizei. Heutzutage ist diese selbstverständlich nicht mehr fußläufig unterwegs, sondern sitzt bequem im Auto. Nach dieser kleinen Unterbrechung führt Kaj fort: „Vier Stunden Wache, acht Stunden frei, danach wieder vier Stunden Wache. Dazu gab es einen Tag in der Woche frei.“ „Na, das klingt doch nach  sehr fairen Arbeitsbedingungen“, kommentiert  einer aus der Gruppe. Doch die Einteilung in die vielen Abschnitte bedeutete auch Einschnitte für die Bauern. Das Patrouillieren auf ihren Feldern hatte landwirtschaftliche Einbußen zur Folge. Nachdem im Jahr 1976 die Wegabsprachen gekündigt worden waren, mussten die Bauern ihre Felder erst einmal umfänglich umpflügen.
Nun läuft die zehnköpfige Gruppe entlang des Gendarmenpfads direkt in den prächtigen Laubwald zur linken Seite hinein. Dieser Weg, erst seit den 1980er Jahren wieder für die Öffentlichkeit zugänglich, gilt mittlerweile als eine der schönsten Wanderrouten Dänemarks. Nach weiteren zehn Minuten stoppt der Reiseleiter die Gruppe und macht auf einen, scheinbar belanglosen, umgestoßenen roten Pfeiler aufmerksam. „Dieser rote Holzpflock symbolisiert dänisches Waldgebiet“, klärt Kaj die Gruppe auf.  Bisherige Ambitionen, diese Markierung wieder aufzurichten, scheiterten.

 

Auch tierische Wegbegleiter treffen wir während unseres Spaziergangs an. Foto: Lina Dingler

Viele Entdeckungen im Kollunder Wald

Der Wald hinter Krusau bietet sehr viele historische Anekdoten, denn einige Hundert Meter weiter stoppt die Kolonne abermals, dieses Mal an der „Abrahams Kilde“. Der Legende nach hat die Quelle eine heilende Wirkung. Von sumpfigem Gebiet umgeben, beträgt die Temperatur des Bachlaufs stets sieben bis acht Grad. Weiter geht es zu einem kleinen Rastplatz mitten im Wald. Dieser Stopp hat eine ganz besondere Bewandtnis – hinter den prächtig  von Blättern getragenen Bäumen liegt nun Kupfermühle. Unter Christian IV. entstand Anfang des 17. Jahrhunderts das damalige Hammerwerk zur Verarbeitung von Kupfer. Flensburg diente damals als idealer Anlieferer für Rohstoffe aus Südschweden und Norwegen und gleichermaßen Verteiler der produzierten Waren. Zweihundert Jahre später entwickelte sich die Fabrik dann zur größten Industrieanlage des Herzogtums Schleswig und des Dänischen Königreichs. Auch während des Ersten Weltkriegs blieb die Fabrik unbeschadet. Seit 1962 ist die Kupfer- und Messingfabrik allerdings geschlossen und dient heutzutage als Museum. Noch so einige Male halten wir im Kollunder Wald, um mal die Spuren eines verheerenden Hochwassers zu begutachten oder aber, um mehr über das relativ junge dänische Naturschutzgebiet   zu erfahren. 

Kurz bevor wir also zu einem der kleinsten Grenzübergänge Europas, der Schusterkate, stoßen, werfen wir einen Blick auf die Flensburger Förde und Wassersleben. Bedingt durch das diesige Wetter können wir nur in Umrissen das Wahrzeichen der Stadt, den Flensburger Turm, erkennen. Wir überqueren nun den Grenzübergang Schusterkate zur deutschen Seite. Die einzige Brücke, die Dänemark und Deutschland verbindet, ist schnell überwunden.  Starker Regen begleitet von nun an unsere Tour, und wir finden in einer Bushaltestelle vor der dänischen Schule in Kupfermühle Unterschlupf. Eine kurze Regenpause erlaubt es uns, weiter in den Ort  zu gelangen.

Das Hammerwerk können wir nun in seinem ganzen Ausmaß von vorne betrachten. „Ein besonderes Merkmal für den Ort ist der Turm, der jedoch erst nach der Gründung von Kupfermühle erbaut wurde“, erklärt uns Kaj Mauritzen. Noch heute befindet sich an dem Turm eine Uhr, die extra so angebracht wurde, dass die Werksarbeiter in der Kupfermühle die Uhrzeit betrachten konnten – und somit niemals zu spät in die Pause starteten. Vorbei geht es nun an den prächtigen Wohnungen der Werksaufsicht und  Mitarbeiter, und kurzerhand befinden wir uns wieder am 16. Grenzstein. Der nun folgende Rückweg zum Parkplatz  wird genutzt, um ein Resümee aus der kurzweiligen Führung zu ziehen. Das lautet einstimmig: „Eine Tour lohnt sich definitiv!“

Was sich nun also hinter der heilenden Wirkung der Abrahams Quelle verbirgt, welche Schmugglergeschichten die Route bereithält, weshalb der Grenzübergang Schusterkate heißt – das erfährt man, wenn man sich einer der Führungen entlang der Kupfermühle anschließt. Am Donnerstag, 3. August, bietet die Tourismus-Organisation „VisitAabenraa“ zum letzten Mal in diesem Jahr eine solche Führung an. Der Treffpunkt ist um 19 Uhr am Flensborgvej 11 in Krusau. Die Teilnehmer sollten mit einem Pass ausgestattet sein, da die Grenze überquert wird. Ausschließlich Deutschsprechende sollten sich zuvor unter der Nummer +45 74623500 anmelden.

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