Freilichtspiel

Zwei Zeitebenen – zwei Schicksale

Zwei Zeitebenen – zwei Schicksale

Zwei Zeitebenen – zwei Schicksale

Ruth Nielsen
Ruth Nielsen Lokalredakteurin
Ladegårdskov
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Die Anweisung von Regisseur Kristian Hald nehmen Hella Barcos (l.) und Kristina Gude-Hansen etwas skeptisch an. Foto: Karin Riggelsen

Premiere des Freilichtspiels „Den spanske Sømand“ im „Lille Teater“ am 16. Juni. Der Regisseur Kristian Hald hat alles im Griff.

Premiere des Freilichtspiels „Den spanske Sømand“ im „Lille Teater“ am 16. Juni. Der Regisseur Kristian Hald hat alles im Griff.

Ein bitterkalter Wind fegt übers Gelände des „Lille Teater“, viele Amateurdarsteller haben sich mit Mützen und Daunenjacken davor geschützt. Denn es nützt nichts, egal wie das Wetter ist, die Proben (insgesamt 30! seit März) für das Freilichtspiel „Den spanske Sømand“ von Marie Markvard Andersen müssen schließlich durchgeführt werden, die Premiere ist  bereits am 16. Juni. Erneut führt Kristian Hald Regie, mit Kristina Gude-Hansen als seine Assistentin, die zugleich eine Hauptrolle hat. Sie spielt Anne Cathrine, die sich 1814 in einen spanischen Seemann verliebt, der allerdings aus dem Dorf flüchten muss. Er wird gesucht, weil er an einer Revolte gegen König Ferdinand VII. beteiligt gewesen sein soll.  

Zwei Zeitebenen

Ihre Briefe an eine Laura findet 1974 eine Namensvetterin Laura. Das Stück spielt auf zwei Zeitebenen und handelt von zwei Frauenschicksalen. Es ist eine Erzählung über ihre Hoffnungen, Gefühle und die Herausforderungen ihrer Zeit: jütisches Landleben (Thy) 1814 und Großstadtleben (Kopenhagen) 1974. Das Bühnenbild besteht aus zeitlichen Stationen, manchmal prallen die Zeitebenen aufeinander wie bei der Beerdigung von Anne Cathrines Vater 1814 und Lauras Vater 1974.  

Damit die gut 30 Mitwirkenden sich auf die Zeit einstellen können, gibt es eine Aufwärm- und Anlaufphase, nach Anweisungen von Kristian Hald. Sie gehen raschen Schrittes über den Rasen, sollen den Bewegungen nachspüren, auf Anruf  stehen sie wie festgefroren, bewegen sich erneut, mal schnell, mal in Zeitlupe, dann wieder sollen sie ihre Augen schließen und einen Satz ihres Textes hinausschreien. Am Ende halten sie sich wie zum Anfang an den Händen, bilden einen Kreis, klatschen sich ab, um dann so dicht zusammenzurücken, wie es die Schulterbreite zulässt. Es ist den Darstellern anzusehen, wie gut es ihnen tut. Sich darauf einzulassen, empfand Hella Barcos anfangs als „grenzüberschreitend. Nun macht es mir Spaß, es ist so leichter, sich auf das Stück einzulassen. So gut wie heute habe ich noch nie gespielt“, freut sich Hella, die den Gospelchor für diesen Sommer mit dem Theaterspiel ausgetauscht hat. „Ich hatte Lust dazu“, meint sie zu ihrem Debüt.

Hella spielt eine Hochschwangere, für sie als Mutter kein Problem. „Das Faszinierende für mich ist die Zeit vor 200 Jahren, die Kleidung damals. Beim Spielen teste ich eigene Grenzen aus. Wenn ich verkleidet bin, spüre ich, ich bin Maren, ein uneheliches Kind einer Dienstmagd.“ Theaterspielen ist für Stella Sina nichts Neues, sie hat mit ihrem Talent viele Aufführungen in deutschen Schulen bereichert, aber sie spielt zum ersten Mal auf einer Freilichtbühne. „Da bin ich viel an der frischen Luft. Das tut gut“, sagt sie lachend. Das Spiel im Freien hat sie gereizt, denn „eigentlich wollte ich nicht spielen“, fügt sie an.

Viel über Geschichte lernen

Der zweite Anreiz ist das Werk an sich: „Historische Dramen sind mein Ding. Es sind zwei Frauen mit einer unglaublich spannenden Geschichte. Ich lerne viel über die Geschichte und auch die Reaktionen. Der Status bedeutete damals so viel. Es gibt auch Parallelen zu heute. Es geht hier auch um einen Ausländer, der nicht gut in Empfang  genommen wird. Das kann man wiedererkennen“, sagt die Zehntklässlerin, die nun in den Leseferien mehr Zeit für die Proben hat.
Ein alter Hase ist da Bent Christensen, 79 Jahre alt, seit 73 Jahren irgendwie auf den Bühnenbrettern, das erste Mal mit sechs Jahren, in einer Komödie in der Sct. Jørgens Skole. Seit 1982 hat er alle Freilichtspiele im Ziegeleimuseum mitgemacht, auch im Lille Teater gehört er zum Kreis der Stammspieler. Im „spanischen Seemann“ hat er „nur eine kleine Rolle. Da muss ich nicht viel sagen. Dann bin ich noch Statist“, meint er. Er spielt Möbelpacker Henning und trägt dabei ein Käppi, das sein eigenes ist und eben aus der Zeit stammt, in der er spielt, aus den 1970er Jahren. Sein Antrieb, sich egal bei welchem Wetter, zu den Proben einzufinden, begründet er mit dem lapidaren Satz: „Es macht einfach Spaß.“

Das kann auch mit Regisseur Kristian Hald zusammenhängen. Er gibt den Darstellern Raum, sich einzubringen, lässt sie teilhaben am Verlauf des Stückes,  greift deren Ideen auf, die einigen spontan einfallen. „Das Manuskript ist ja kein Drehbuch. Die Geschichte ist nicht streng vorgegeben, die Spieler können selbst ihre Figuren schaffen. So wirken sie glaubwürdiger. In dem Prozess bin ich sehr offen, bis ich weiß, was genau ich will. Dann ist Schluss damit“, sagt der erfahrene Regisseur zu seiner Art der Regieführung, die darauf setzt, „das Beste aus den Spielern herauszuholen. Sie können mehr, als sie glauben.“
„Den spanske Sømand“ stellt ihn und die Darsteller schon vor einige Herausforderungen. Manche Spieler haben mehrere Rollen, müssen sich somit  blitzschnell umziehen und sich auf die Zeit einstellen, die in fünf festen Szenen gespielt wird. „Es sind ja mehrere Geschichten, die miteinander verwoben sind. Das ist interessant und herausfordernd zugleich. Es gibt Darsteller, die damit kein Problem haben. Es sind auch Neue dabei, von denen einige sehr tüchtig sind. Es ist wie immer eine bunte Mischung. Daher ist das Grundtraining auch so wichtig“, erinnert er an die ersten vier Treffen Anfang März, die Pflicht sind. Da wird das Stück gemeinsam durchgelesen, mit den Texten gearbeitet, es werden Anproben vorgenommen, um am Ende die Rollen zu verteilen. Das Publikum wird erfahren, ob Konzept und Regieführung von Kristian Hald erfolgreich sind.

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