Neue Schilder am Wanderweg

Eine Buchstabensuche auf dem Gendarmenpfad

Eine Buchstabensuche auf dem Gendarmenpfad

Eine Buchstabensuche auf dem Gendarmenpfad

Ruth Nielsen
Ruth Nielsen Lokalredakteurin
Rendbjerg
Zuletzt aktualisiert um:
Bente Loewe Christiansen
Bente Loewe Christiansen hat den Gendarmweg praktisch vor ihrer Haustür, am Strand in Rendbjerg. Foto: Ruth Nielsen

„Warum hat das noch keiner erzählt?“, fragte sich Bente Loewe Christiansen. Sie hat an bestimmten Abschnitten des Wanderweges an der Flensburger Förde Schilder mit kurzen Beschreibungen aufgestellt – zum Beispiel über den in Amerika berühmten Gravensteiner Apfel.

Wer auf dem Gendarmweg unterwegs ist, wird ab und an auf an Pflöcken geschraubte rostfreie Schilder aus Stahl   stoßen, die einen Buchstaben zeigen. Zum Buchstaben entsprechend  wird eine kurze Geschichte erzählt oder der Ort  erklärt – wie das Ø als Hinweis auf die „Okseøer“ (Ochseninseln).  Dazu kann sich der Leser erheitern lassen  von  Zeichnungen der Illustratorin Dorsi Doï Germann aus Sarup, „die meine Ideen auf den Punkt bringen konnte“, erklärt Initiatorin Bente Loewe Christiansen.

Sie ist in Fiskenis aufgewachsen, der Gegend  eng verbunden, auch wenn sie 25 Jahre  lang   auf Fünen gearbeitet und dort mit ihrer Familie  gewohnt hat. Im Jahr 2000 erfolgte die Rückkehr   in ihre  Kommune Gravenstein. In Rendbjerg fand sie ein Haus,   früher   mal von Ziegelarbeitern bewohnt,  180 Quadratmeter Wohnfläche auf 1.300 Quadratmetern Grund. „Ich kam zurück und sah die Gegend meiner Kindheit nun mit den Augen der Erwachsenen. Ich sah,  wie  toll es war, ich sah die vielen Geschichten und fragte mich, warum   hat sie noch keiner erzählt, vor allen Dingen für Kinder?  Tja, dann muss ich das wohl tun“, meint Bente  mit einem Schmunzeln über die Gegend, die „voller Kulturgeschichte ist und eine fantastische  Natur hat, was erlebt werden muss“.

„Ein Wort erzählt so viel, es hat eine eigene Geschichte"

Erstaunt war sie, dass niemand auf die Idee gekommen war, über den Gravensteiner  Apfel zu erzählen, der  in den USA einmal im Jahr groß gefeiert wird. Es gab mal die Apfelverschiffung, die eingeschlafen war, um    durch das Apfelfestival  wiederbelebt zu werden. So schrieb eben Bente über „GråstenÆblet“, so der Titel   ihrer Schrift, ebenfalls mit  Illustrationen von Dorsi.
Auf die Idee mit der Buchstabensuche auf dem Gendarmpfad ist sie bei einer Debatte über die künftige Rolle der Bibliotheken   gekommen. Dabei tauchte der Begriff „Fremd(er) im Alsensundraum“ auf.

Bei Bente machte es klick. Denn neben ihrer Neugier als Motivation wird sie getrieben von ihrer Freude,    Herkunft und     Bedeutung   eines Wortes aufzuspüren. „Ein Wort erzählt so viel, es hat eine eigene Geschichte. Es muss  ja eine Ursache haben, dass es so heißt. Auf diese Weise  finde  ich gute Geschichten“, sagt sie und zeigt auf Regale voller etymologischer Bücher, ein heimatkundliches oder geschichtliches Archiv sucht sie für ihre Nachforschungen nicht auf.

Sie stellt dem Wort nicht nur Fragen, sondern    spielt auch gern  mit ihm. So ergibt sich fast der Begriff der „endlosen Geschichte“. Bente ist hartnäckig, bleibt an der Sache dran, „bis ich  die gute Geschichte habe,  und die habe ich, wenn ich selbst  begeistert  bin“.  

Was hätte sie darum gegeben,wenn ihr als Kind derartige Geschichten   erzählt worden wären. „Ohne Worte  keine Erzählung. Dabei ist das etwas, was Kinder mögen. Es gehört zum Großwerden, die eigene Kulturgeschichte präsentiert  zu bekommen.“ 

Mit   Neugier und   Interesse am Wort „Fremder“ ist Bente so auf  den Begriff „pilgrim“ gestoßen, was im weiteren Sinn mit „Wanderschaft“ gleichgesetzt werden kann. Der Gedanke für ein „Alphabet entlang des Gendarmweges“ war geboren. Die ersten fünf Buchstaben konnte sie schnell zuordnen:  A-lnor, B-roager, C-athrinesminde, D-üppel, E-kensund.

Aus dem Buchstaben „Ø“ wird ein Gedicht über Ökologie, oder? Foto: Ruth Nielsen

Von A bis Z – gar nicht so leicht

Kniffliger wurde es beim „Z“, einem im Dänischen   wenig gebrauchten Buchstaben. Da half Bentes Erinnerung: Als Kind hatte sie das Luftschiff „Zeppelin“ über der Flensburger Förde schweben gesehen. Ihre Nachforschungen ergaben,  dass das Luftschiff   Kapitän Eckener aus Flensburg geflogen haben soll, dessen Bruder  Alexander Mitglied der  Ekensunder Künstlerkolonie war.  „Das passte perfekt“, sagt Bente.    Für „Q“ hat sie ihre derzeit inaktive Künstlergruppe „Quarthex“ genutzt. 

Bente will damit in erster Linie Kinder aktivieren.  Bei der Buchstabenjagd   werden ihre Sinne angeregt, sie erfahren etwas  über Kulturgeschichte, sind an der frischen Luft und bewegen sich. „Ich habe Spaß daran, lustige Geschichten zu erzählen, aus Altem etwas Neues zu schaffen“, sagt sie, und ein Blick in ihren Wohnraum und nach draußen bestätigt ihr anderes Anliegen:  Die 61-Jährige  mag den Gedanken der Wiederverwertung und Nachhaltigkeit.  Fasziniert ist sie von Treibholz, das von anderen Kräften (Wellen) getrieben wird, um letztendlich am Strand zur Ruhe zu kommen.  „Ich mag die Symbolik, sich treiben lassen, zur Ruhe  kommen, anders als diese schnelllebige Zeit. Auch meine Erzählungen  sollen Anlass geben, zur Ruhe zu kommen, innezuhalten.“

Für ihre Schilder hat sie übrigens Sponsoren auftun können. Auch dabei spielen Buchstaben/Wort/Geschichte   eine Rolle. Manche Inhalte passen     besser zu einem möglichen Spender (Firma) als ein anderer.

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