Neue Operation

Emma kämpft weiter gegen die Spätfolgen einer Vitamin- D-Vergiftung

Emma kämpft weiter gegen die Spätfolgen einer Vitamin- D-Vergiftung

Emma kämpft weiter gegen die Spätfolgen einer Vitamin- D-Vergiftung

Karin Friedrichsen
Karin Friedrichsen Journalistin
Hadersleben/Haderslev
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Nicoline Holm (28) mit Töchterchen Emma. Die Kleine bekommt täglich Schmerzmittel und leidet auch an Appetitlosigkeit. Foto: Karin Riggelsen

Die Einjährige wird kommenden Montag erneut operiert: Diesmal versuchen die Ärzte, Abhilfe zu schaffen für einen hohen Druck im Gehirn.

Die Einjährige  wird kommenden  Montag erneut operiert: Diesmal versuchen die Ärzte, Abhilfe zu schaffen für einen hohen Druck im Gehirn.

Ein Jahr nach einer gefährlichen Vitamin-D-Vergiftung   hat  Emma noch massive   Spätfolgen. Das  15-monatige Mädchen aus Hadersleben schwebte in Lebensgefahr, als sie Ende Juni 2016 ins Apenrader Krankenhaus  eingewiesen wurde.  Ihr Fall brachte im Juli 2016 den sogenannten Vitamin-D-Skandal ins Rollen. Die Gesundheits- und Lebensmittelbehörden  warnten, wie berichtet,  vor möglicher Vergiftungsgefahr und viele  Kinder wurden ärztlich versorgt. Der Hersteller der Tropfen, der Firma Inno Pharma  in Vejle,  wurde im Spätsommer 2016 auferlegt das Produkt vom Markt zu nehmen. Das Unternehmen entschuldigte den Fehler „mit menschlichem Versagen“ und bedauerte das Geschehen  zutiefst.

Ärzte staden vor einem Rätsel

Emmas  Eltern, Nicoline und Jesper  Holm, erlebten die Hölle, und die Ärzte standen zunächst vor einem Rätsel.  Das  Mädchen konnte zwar in den kommenden Tagen und Wochen stabilisiert werden. Eine  Erklärung für  ihren Gesundheitszustand  bekamen ihre Eltern aber erst, als  ein Arzt bei der Behandlung im  Universitätskrankenhaus in Odense auf die Idee   kam, die Vitamin-D-Tropfen, die ihre Eltern ihr seit Mai gegeben hatten, analysieren zu lassen. „Das Ergebnis kam eine Woche später“, erinnert sich Nicoline Holm (28). Es wurde nachgewiesen, dass in dem Fläschchen  ein bis zu 75mal zu hoher Gehalt an Vitamin D war.   Die Vergiftungs-Diagnose lag vor, und  Mediziner setzten zielgerecht  den bestmöglichen Behandlungsansatz  in Gang. Die Vitamin-D-Dosis erhöhte den  Kalkgehalt des Blutes. Konkret bedeutet das beispielsweise, dass das Blut nur schwer aus Emmas Schädel fließen kann und ein Überdruck entsteht. Darüber hinaus sind u. a. Nieren, Knochen  und Zähne in Mitleidenschaft gezogen.

Erst  im Januar 2017 hatten sich   Vitamin-D-Spiegel und Kalziumwerte im Blut  stabilisiert.  Die Gabe  der Tropfen hat tiefe  Spuren hinterlassen: Emma ist noch immer krank und schwach, und sie wird kommenden Montag erneut operiert: Die Knochen ihres Schädels begannen plötzlich  zu wachsen, und sie klagt über  Kopfschmerzen, erzählt ihre Mutter. „Nachts ist es besonders schlimm. Wenn Emma liegt, steigt der Druck im Kopf. Deswegen kann sie nicht durchschlafen“, so Nicoline Holm. Sorgen bereitet Eltern und Ärzten auch der Umstand,  dass das Mädchen nicht an Gewicht zunimmt: Emma wiegt keine sieben Kilo, und ihre Füße sind so klein, dass es nicht gelungen ist, passendes Schuhwerk für sie zu finden.  Die Einjährige kann mithilfe ihrer Eltern laufen, und sprachlich entwickelt  sie sich auch ganz gut.   Als Emma im Dezember 2016 während eines  Hospitalaufenthaltes in Odense   vom  Wickeltisch fiel, erlitt sie Knochenbrüche. Bei der  Behandlung wurden Veränderungen im Knochengerüst gefunden. Nicoline Holm macht sich große Sorgen um ihr Kind, das, so scheint es, bleibende körperliche Schäden davontragen  wird. Emma wirkt gebrechlich , und ihre Mutter macht sich auch Gedanken  darüber, ob ihre Lernfähigkeit in Mitleidenschaft gezogen sein könnte. 

Wollte nur das Beste tun

Dabei wollte Nicoline Holm doch nur das Beste tun, was sie konnte, als sie sich im Frühjahr 2016 entschloss, die Tropfen der Firma in Vejle für ihr Baby zu kaufen. Sie bestellte die Tropfen, die ökologische Bestandteile vorwiesen und mit Rapsöl angereichert waren,  im Netz. Einige Wochen nach Beginn der Einnahme stellten sich die ersten Symptome ein. Emma, die schon im Vorwege zierlich war, konnte nicht an Gewicht zulegen und weinte oft.  Im Laufe der Monate sind Emma und ihre Eltern in  Krankenhäusern ein- und ausgegangen. Emma ist bislang 14-mal stationär behandelt worden. Es wurden rund 100 Blutproben gemacht und sie war dreimal in Vollnarkose.  Das Mädchen wird sowohl in Odense, als auch in Aarhus und Apenrade behandelt. Während Vater Jesper (26) seiner Arbeit als Techniker in Woyens nachgeht, ist Nicoline Holm gegenwärtig  krankgemeldet. Die Krankheit ihrer Tochter hat an ihren Kräften gezehrt. Nicoline Holm, die Ernährungswissenschaft studierte,  musste ihr  Studium als  Diplom-Pädagogin verschieben: „Das war mein Traumziel. Aber vielleicht schaffte ich es doch noch. Emma  geht auf jeden Fall vor“, so die junge Mutter.

Seitens der Hersteller-Firma in Vejle hieß es Mittwoch, dass man die Sache nicht kommentiere wolle. „Ich habe gehört, dass etwa 100 Kinder betroffen sind. Aber Emma ist wohl die Einzige, die noch mit massiven Spätfolgen kämpft. Außer Schmerzensgeld, Erstattung für Ausgaben und Schadenersatz, der noch nicht festgesetzt ist, steht der Familie keine finanzielle Unterstützung in Aussicht.

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