Krebshilfe

„Ich träume von einer Welt, in der man mit Krebs lebt, statt daran zu sterben“

„Ich träume von einer Welt, in der man mit Krebs lebt, statt daran zu sterben“

„Ich träume von einer Welt, in der man mit Krebs lebt, statt daran zu sterben“

Jon Thulstrup
Jon Thulstrup
Hoyer/Odense
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Jesper Jensen erzählt, wie er zu Kræftens Bekæmpelse kam. Foto: JT

Der Hoyeraner Jesper Jensen engagiert sich seit dem Krebstod seiner Mutter in der Krebshilfe. Seine Standhaftigkeit und seine Freude am Helfen haben ihn bis in den Hauptvorstand der landesweiten Anti-Krebsorganisation Kræftens Bekæmpelse gebracht. Ein Gespräch über persönliche Schicksale, Ziele und die freiwillige Arbeit in der Organisation.

Kræftens Bekæmpelse:

Hauptverantwortungsbereiche:

1. Krebsforschung

2. Krebsvorbeugung

3. Patientenfürsorge

45.000 freiwillige Mitarbeiter, 690 Vollzeitbeschäftigte – darunter 225 Forscher und Techniker.

40 Beratungsstellen in Dänemark, in Nordschleswig liegen diese in Sonderburg, Apenrade und Woyens.

An einem gewöhnlichen Nachmittag sitzt Jesper Jensen im Hauptsitz der Odenser Lokalabteilung der Anti-Krebsorganisation Kræftens Bekæmpelse. Vom Stress und Trubel des benachbarten Universitätskrankenhauses bemerkt man an diesem Ort der Stille nichts. Jensen ist Vorsitzender der Odenser Abteilung und kommt gern hier her. Ein Ort, der geschaffen wurde, um Krebspatienten und deren Angehörigen physisch und psychisch weiterzuhelfen, Fürsorge ist das A und O, wie Jensen unterstreicht.

Der 28-Jährige stammt aus Hoyer in Nordschleswig. Nach dem Abitur an der Handelsschule in Tondern zog es ihn zum BWL-Studium nach Odense, wo er seitdem geblieben ist. Hier fing auch seine Karriere als Ehrenamtlicher Mitarbeiter bei der Organisation an. „Eigentlich hängt mein Engagement mit meiner Mutter zusammen. Nachdem sie 2008 die Brustkrebs-Diagnose gestellt bekam, kontaktierte sie die Lokalabteilung der Anti-Krebsorganisation in Apenrade. Dort wurde uns geholfen, wie wir als Angehörige mit dieser Krankheit umgehen sollten“, erzählt Jensen. Die Beratung verhalf der Familie, den Alltag mit der Krankheit zu meistern und trotz allem die schönen Momente zusammen zu genießen.

Auch als seine Mutter im Juni 2009 starb, leistete die Organisation seelischen Beistand. „Ich habe mich mit einem Psychologen getroffen. Dies verhalf mir, auf eine ordentliche Art und Weise Abschied zu nehmen.“ Drei Jahre später, als Jensen in Odense studierte, wollte er etwas zurückzugeben. „Kræftens Bekæmpelse hatte mir und meiner Familie so viel geholfen, dass ich das Gefühl hatte, dieser wunderbaren Organisation helfen zu müssen“, sagt er. Er fing deshalb als freiwilliger Gesundheitsvermittler, in Schulen über die Nebenwirkungen der damals populären Solarium-Bräunung aufzuklären. „Das war sozusagen mein Startschuss“, schmunzelt Jensen. Nebenbei engagierte er sich für die Anti-Alkohol-Kampagne „Fuld af liv“ (Voller Leben) der Organisation.

Eine aktuelle Kampagne der ECL: Jesper Jensen oben rechts. Foto: European Cancer League

„Das will ich auch“

Nun, sechs Jahre später, sitzt er im Hauptvorstand und sogar im Geschäftsausschuss der Organisation in Kopenhagen. „2015 war ich bei der Generalversammlung dabei und durfte die Wahl zum Hauptvorstand mitverfolgen. Da dachte ich mir einfach `Das will ich auch´.“ Im darauffolgenden Jahr kandidierte er und wurde beim ersten Durchgang in den Hauptvorstand gewählt. „Ich glaube, dass mein Alter auch eine Rolle spielte. Es sind nicht viele Jüngere, die gerne im Hauptvorstand sitzen. Deshalb sind die jungen Leute erwünscht“, erklärt er. Die Mitglieder des Hauptvorstandes treffen sich fünf Mal im Jahr und besprechen die übergeordnete Strategie und Vorgehensweise der Organisation in beispielsweise den Bereichen der Freiwilligenrekrutierung oder der Finanzierung.

Dass Jensen ein Koordinations- und Planungskünstler ist, ist offensichtlich. Neben seinen freiwilligen Tätigkeiten als Vorsitzender in der Lokalabteilung und als Hauptvorstands- und Geschäftssauschussmitglied der Anti-Krebsorganisation hat er noch einen Vollzeitjob als Unternehmensberater an der Süddänischen Universität. Dazu kommen noch freiwillige Dienste als Botschafter für die europäische Krebsbekämpfung European Cancer League (ECL). In seiner raren Freizeit findet er auch noch Zeit fürs Laufen und Schwimmen und ist gerade im Mai seinen elften Marathon gelaufen.

Die neueste Broschüre gegen Brustkrebs. Foto: JT

Zukunftsvisionen

Jensens Zukunftsvisionen stehen auch schon fest. Auf die Frage, warum er fast seine gesamte Freizeit für den Krebskampf opfere, antwortet er: „Ich träume von einer Welt, in der man mit Krebs lebt, statt daran zu sterben. Erst wenn dass der Fall ist, werde ich einen Gang zurückschalten.“ Ihm zufolge habe sich auch seine persönliche Motivation verändert. Wo es am Anfang noch der Krebstod seiner Mutter war, dreht es sich jetzt um viel mehr. „Die Arbeit gibt mir so viel wieder zurück“, erklärt Jensen mit einem Lächeln. „Das ist pure Lebensfreude.“

Doch es ist nicht so, dass er nicht auch mal eine Pause braucht. „Natürlich kann die Arbeit auch mal nervig sein. Doch ich vergleiche die Arbeit mit einer Beziehung. Aktuell bin ich mit Kræftens Bekæmpelse in einer Beziehung. Und Beziehungen können auch mal Schwerstarbeit sein – doch die schönen Momente überwiegen natürlich die weniger schönen“, lacht er.

Für die Zukunft der Anti-Krebsorganisation prophezeit Jensen einen Umschwung im Fokusbereich der Organisation. „Wo wir heute viel Zeit und Geld in die Vorbeugung und Forschung investieren, wird es in 20-30 Jahren anders aussehen.“ Er hofft, dass die Forschung dann ein wirksames Mittel gegen Krebs hat. Die Organisation wird den Patienten dann auf ein Leben mit dem Krebs vorbereiten müssen. „Das wird dann auch viel mentale Arbeit“, betont Jensen.

Auch Nordschleswig spielt für ihn noch eine wichtige Rolle. Er reist so oft wie möglich nach Hoyer und besucht dort seinen Vater und seine neue Freundin. „Dort kann ich komplett abschalten und entspannen“, betont er. Dann geht er auch gerne mal eine Runde laufen. Meist zu seinem Lieblingsort, die Hoyer Schleuse. „Es gibt viele schöne Orte, doch dort bin ich noch am liebsten. Das ist wie Therapie“, schmunzelt Jensen.

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