Leitartikel

Werte über alles?

Werte über alles?

Werte über alles?

Apenrade/Aabenraa
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Integrationsministerin Inger Støjberg (l.) Foto: Scanpix

Inger Støjberg verdreht, einmal mehr, die Wahrheit – meint Cornelius von Tiedemann. Ihm zufolge hat sie durch die Art und Weise, wie sie mit den Vorwürfen gegen sie umgegangen ist, ein erschreckendes Selbstzeugnis abgegeben.

Inger Støjberg verdreht, einmal mehr, die Wahrheit – meint Cornelius von Tiedemann. Ihm zufolge hat sie durch die Art und Weise, wie sie mit den Vorwürfen gegen sie umgegangen ist, ein erschreckendes Selbstzeugnis abgegeben.

Sie wolle ihre Werte verteidigen, sagte Integrationsministerin Inger Støjberg. Und auf ihrer Facebook-Seite schreibt sie, im aktuellen „Fall Støjberg“, den sie selbst konsequent „Kinderbräute-Fall“ nennt, gehe es um den Schutz der Mädchen. Doch das ist falsch. Inger Støjberg verdreht, einmal mehr, die Wahrheit.

Im Fall Støjberg geht es darum, ob Inger Støjberg wissentlich gegen das Gesetz verstoßen hat. Wie man das Gesetz beurteilt, ob es einem gefällt oder nicht, das ist eine ganz andere, von dem Fall Støjberg losgelöste Frage.

Wer unter dem Verdacht steht, mit Cannabis gehandelt zu haben, gegen den wird ermittelt. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Betreffende es für falsch hält, dass das Kraut in Dänemark verboten ist. Gesetz ist Gesetz. Es gilt für alle und erst recht für Minister.

Dass sich Inger Støjberg nicht so leicht von der ihr beschiedenen Macht des Ministerpostens verabschieden möchte, ist klar. Es ist auch mehr als legitim, dass sie sich verteidigt. Aber dass sie nun sogar ihren eigenen Skandal dazu nutzt, anhand von Einzelfällen Stimmung gegen Einwanderer und Flüchtlinge islamischen Glaubens zu machen – und zugleich den Respekt vor dem Rechtsstaat und alle, die ihn verteidigen wollen, zu untergraben, ist eine dem Ministeramt nicht würdige Dreistigkeit.

Denn wer jetzt mit dem Finger auf Støjberg zeigt, dem wird vorgeworfen, die Ehe von minderjährigen Mädchen mit deutlich älteren Männern zu verteidigen. Doch, wie gesagt, darum geht es gar nicht. Noch mal: Es geht darum, ob die Ministerin eine wissentlich illegale Anweisung gegeben hat.

Støjberg signalisiert mit ihrem Umgang mit dem Skandal, dass ihr ihre politische Agenda wichtiger ist als das Recht. Ihre „Werte“, ihre Ideologie also, stehen für sie über den Prinzipien der Rechtsstaatlichkeit, über den Regeln, die uns allen die Sicherheit geben, in einem freien, demokratischen Land zu leben, in dem es so gerecht wie möglich zugeht.

Diese Gerechtigkeit beinhaltet auch das Prinzip der Unschuldsvermutung. Und so müssen und sollten wir, bis möglicherweise das Gegenteil bewiesen ist, davon ausgehen, dass Støjberg aller vorgebrachten Vorwürfe zum Trotz nicht wissentlich gegen das Gesetz verstoßen hat. Dass sie gegen das Gesetz verstoßen hat, steht ja bereits fest.

Durch die Art und Weise, wie sie mit den Vorwürfen gegen sie umgegangen ist, hat Støjberg jedoch ein erschreckendes Selbstzeugnis abgegeben. Sie lässt es vollkommen an Demut gegenüber dem Recht und der Bevölkerung, die sie hemmungslos manipuliert, fehlen. Dass es dann heißt, „so ist halt Politik“ – das ist der eigentliche Skandal.

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